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Porzellan zu Schnäppchenpreisen

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Stammkundin Gabi Tabbert prüft einen Porzellanbecher.
Stammkundin Gabi Tabbert prüft einen Porzellanbecher. © Maik Reuß

Lagerabverkauf der Höchster Manufaktur lockt viel Kundschaft an.

So viele Kunden haben wir sonst nicht im Laden“, kommentiert Mitarbeiterin Regina Raffel gestern Vormittag hinter der Kassentheke den Kundenandrang beim großen Lagerabverkauf der Höchster Porzellanmanufaktur in der Palleskestraße. Auch wenn ihr das Herz blute – mit der Eingliederung in die Offenbacher Hochschule für Gestaltung (HfG) soll hier künftig nur noch auf Bestellung produziert werden –, gewinnt sie der mehrwöchigen „Alles muss raus“-Aktion vor allem Gutes ab: „Wenn wir abgewickelt worden wären“, umreißt sie die Alternative, „hätte die KEG als Vermieter den großen Container geholt und alles da hineingepackt“.

So aber laufen nun Rentner-Pärchen mit Argusaugen durch die Reihen mit den vollgepackten Regalen in den drei Verkaufsräumen. Schnell füllen sich die Einkaufskörbe mit Tellern, Tee- und Kaffee-Tassen, Schalen, Vasen und – das nächste Weihnachtsfest kommt bestimmt! – Christbaumkugeln aus Porzellan.

Manche, wie das Frankfurter Paar Gabi und Burkhard Tabbert, seit Jahren Stammkunden der Manufaktur, greifen zielsicher zu Espressotassen und Brotkörbchen, um die heimischen Service-Bestände mit dem sechsspeichigen Höchster Rad als Markenzeichen vermutlich ein letztes Mal zu erweitern.

Andere suchen im Zweifelsfall den Rat der kompetenten Mitarbeiter wie Steffen Taubhorn aus der künstlerischen Produktion: „Es ist gut, dass wir die Altbestände mal ausräumen – das ist ein bisschen wie beim Umzug, wenn man sich von unnötigem Ballast trennt“, erklärt er. Mehrere Zehntausend Teile, so schätzt er, seien es, die hier zum Verkauf stünden. Manches sei um 25 Prozent, anderes um die Hälfte billiger, besondere „Schnapper“ gar um 90 Prozent.

Sonderverkauf

Die Höchster Porzellanmanufaktur , seit Ende Dezember Teil der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Offenbach, verkauft noch bis Dienstag, 28. Februar, ihre Lagerbestände in der Produktionsstätte an der Palleskestraße 32 ab.

Die Öffnungszeiten sind immer montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr. Eine Ausnahme ist am kommenden Samstag, 28. Januar: Dann ist ebenfalls geöffnet, allerdings nur von 10 bis 14 Uhr. Vor allem Berufstätige, die unter der Woche nicht zum Zuge kommen konnten, dürften hier eine Chance auf Schnäppchen haben. Grundsätzlich ist nur Barzahlung möglich. red

Die Bandbreite gehe vom Weißporzellan bis zu hochwertigsten handgemachten Malereien. Darunter auch „Sachen“, wie er einräumt, „mit denen unsere Läden vollgestopft waren, die aber keinen so richtig interessieren“. Er zeigt auf einen Tisch mit Tellern mit Jagdmotiven: Die Ränder sind verziert mit kleinen Fuchs- Hasen-, Eber- und Hirschporträts. „Das Jagd-Thema ist schon speziell, für die breite Masse ist das nichts“, erklärt er. Aber auch Preziosen des „weißen Goldes“ bergen die Verkaufsräume, betont Taubhorn. Etwa die hinter Vitrinenglas stehende Melchior-Bouquetvase, die einst mit Blüten befüllt war, die vom Kaminsims aus den Raum bedufteten. Ein Preisschild ist zwar nicht dran, aber für etwa 1800 Euro würde sie nach Taubhorns Angaben einem Käufer gehören.

Da ist die Struwwelpeter-Tasse für sechs Euro bedeutend günstiger – sie landet im Einkaufskorb von Marianne Lange. „Die schenke ich meinem vierjährigen Enkel“, erzählt die Rentnerin. Sie will das alte Buch mit den Geschichten des Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann entstauben und ihrem Enkel vorlesen. „Das ist schließlich ein Stück Frankfurt – wie auch das Porzellan“, sagt sie. Sie hat sich mit ihrer Freundin Helga Endres zur Schnäppchenjagd verabredet. Ihr Sohn, der an der HfG Design studiert, hat ihr vom Sonderverkauf erzählt. Sie sagt: „Es ist gut, dass sich die jungen Menschen künftig noch intensiver mit dem Porzellan beschäftigen werden. So können neue, dennoch in der Tradition verwurzelte Produkte entstehen, die vielleicht wieder den Weg in den Verkauf zurückfinden.“

Ähnlich positiv sieht Ferdinand Hnatkow die Zukunft der Porzellanmanufaktur. Die Eingliederung in die Hochschule nennt er eine „Riesenchance für die Manufaktur, den jungen Leuten diese Bühne hier zu geben – das kann wieder ein ganz neues Publikum anlocken“. Doch wie ist der aus Neu-Anspach stammende 29-Jährige auf den Porzellan-Trichter gekommen? „Meine Urgroßtante hatte eine kleine Schale mit dem Höchster Rad hintendrauf, die sie mir vermachte“, erzählt er. Die habe ihn sofort fasziniert – wie auch die bewegte Geschichte der Manufaktur. Als großer Kaffee-und-Kuchen-Fan erfülle er sich jetzt den Traum von einem eigenen Service. Einiges an Geschirr türmt sich bereits in seinem Korb. Er sagt: „Jetzt schau ich nur noch nach Tellern – dann ist der Tisch schon gedeckt.“

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