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Polizeigewerkschafter: „Nach Frankfurt werden Cannabis-Touristen kommen“

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Von: Georg Leppert

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Jens Mohrherr-
Jens Mohrherr- © Rolf Oeser

Der hessische Polizeigewerkschafter Jens Mohrherr sieht die deutschlandweit geplante Legalisierung von Cannabis kritisch. Im Interview äußert er seine Bedenken.

Herr Mohrherr, die Gewerkschaft der Polizei kritisiert die Pläne zur Cannabis-Legalisierung. Warum eigentlich? Die Polizei hat durch die Legalisierung doch weniger Arbeit, oder?

Nein, eben nicht. Es ist eine Milchmädchenrechnung zu glauben, dass mit einer solchen Legalisierung der Aufwand für unsere Beamtinnen und Beamten geringer wird. Wenn wir Menschen kontrollieren, die Cannabis dabei haben, können wir weiterhin nicht davon ausgehen, dass alles seine Ordnung hat. Wir müssen ermitteln: Wo kommt der Stoff her, wurde er legal oder illegal angebaut, wie wurde er erworben? Zudem gibt es die Höchstmenge von 25 Gramm, die mitgeführt werden darf, und eine Obergrenze für Cannabispflanzen in der Wohnung. Das alles bedeutet Arbeit für uns, und wir reden hier noch gar nicht vom Konsum. Wir wissen auch noch nicht, wie die Regelungen ins Betäubungsmittelgesetz eingebaut werden und was sie etwa für Cannabis im Straßenverkehr bedeuten.

Was gilt es für Sie beim Konsum zu beachten?

Der Konsum von Cannabis wird ja weiterhin nicht überall erlaubt sein. Vor Schulen und Kindergärten ist er zum Beispiel verboten, außerdem tagsüber in Fußgängerzonen. In Frankfurt rechnen wir zudem mit einem Cannabis-Touristenstrom, so wie wir es in den letzten Jahren schon bei anderen Drogen, etwa bei Crack, feststellen mussten.

Geplante Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Hoffnung der Politik „wird sich leider nicht erfüllen“

Aber wenn man sich die Lage im Frankfurter Bahnhofsviertel anschaut, stellt man schon fest, dass die Polizei oft mit Kleindealern von Cannabis zu tun hat. Diese Arbeit fiele doch weg, und die Beamt:innen könnten sich auf andere Einsätze – etwa gegen Crack-Händler - fokussieren.

Ich weiß, dass das die Hoffnung von Teilen der Politik ist. Aber sie wird sich leider nicht erfüllen. Es gibt Berechnungen, wie viel an Arbeit wir in Frankfurt durch die Cannabis-Legalisierung einsparen würden: Wir reden von gerade einmal 1,5 Stellen. Wie gesagt, wir können das Thema dann ja nicht einfach ausklammern. Und wir müssen auch beobachten, ob neue Schwarzmärkte entstehen. Etwa rund um die Abgabestellen, die in den Modellregionen vorgesehen sind. Da könnte dann etwa mit größeren Mengen als erlaubt gehandelt werden.

Zur Person

Jens Mohrherr ist Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hessen, die rund 14 000 Mitglieder hat. Der 55-Jährige sitzt auch im Bundesvorstand der GdP.

Cannabis-Legalisierung: Sorge um Verschärfung der Situation im Frankfurter Bahnhofsviertel

Also verändert sich im Bahnhofsviertel erst einmal nichts?

Bürgerinnen und Bürger wünschen sich seit Jahren im Bahnhofsviertel geordnete Verhältnisse. Chaos herrscht seit Jahren, und Gewerbetreibende machen die Läden dicht. Die Stadt Frankfurt ist schon jetzt nicht in der Lage, durch den konsequenten Einsatz von Mitarbeiter:innen in Gesundheitsamt, Gewerbeamt, Führerscheinstellen und der Stadtpolizei Abhilfe zu schaffen. Wie soll das nach einer Cannabis-Legalisierung aussehen?

Wie bewerten Sie die Cannabis-Legalisierung denn politisch?

Durch eine mögliche Legalisierung von Cannabis auf der Grundlage des vorgelegten Gesetzentwurfs der Bundesregierung werden wir in Hessen und insbesondere in Frankfurt einen illegalen Markt haben, der sich an Jugendliche richtet. Dieser könnte nicht nur aggressiver werden, wie am Beispiel der Niederlande zu besichtigen ist. Auch eine Zunahme von Verkehrsdelikten im Zusammenhang mit Konsum von Cannabis ist zu erwarten. Wir sehen darin jede Menge Klientelpolitik. Dass der Konsum von Cannabis gefährlich ist, wird leider nicht deutlich. (Georg Leppert)

Frankfurt und Offenbach wollen Modellregion für die legale Cannabis-Abgabe werden. Das Land Hessen zeigt sich offen für neue Wege in der Drogenpolitik.

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