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Polizei
Polizei Frankfurt würdigt Beamte aus dem Widerstand
- vonOliver Teutschschließen
Nach dem „NSU 2.0“-Skandal will die Polizei in Frankfurt gegen rechtsextreme Tendenzen vorgehen. Mit einer Umbenennung würdigt sie vorbildliche Beamte aus dem Widerstand.
Mit der Benennung dreier Räume nach aufrechten Polizeibeamten im Nationalsozialismus hat die Frankfurter Polizei des Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht. Dieser „hoch symbolische Akt“ sei Teil eines ganzen Maßnahmenpakets, das die Führung der Frankfurter Polizei nach Bekanntwerden des NSU 2.0-Skandals ergriffen habe, sagte Polizeipräsident Gerhard Bereswill am Mittwoch im Polizeipräsidium. Der Komplex, bei dem Beamte des 1. Polizeireviers in den Verdacht rechtsextremistischer Tendenzen gerückt waren, habe ihn „im Innern tief erschüttert“, so Bereswill.
Als Folge daraus hatte die Frankfurter Polizei im Februar 2019 die „Arbeitsgruppe Fokus“ gegründet, mit deren Hilfe die Resilienz der Polizeibeamt:innen gegen Rechtsextremismus gestärkt werden soll. So bietet die Polizei nun mehreren Hundert Beamt:innen jährlich Seminare zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz und zur Sensibilisierung für alle Formen der Diskriminierung an.
Als nach außen hin sichtbarstes Zeichen erfolgte die Umbenennung. Jene Räume im Polizeipräsidium, die bislang unter den schnöden Bezeichnungen „Mehrzweckräume I, II und III“ firmierten, wurden nun in Anwesenheit von Vertreter:innen der Jüdischen Gemeinde, des Zentralrats der Juden und des Antisemitismusbeauftragten des Landes Hessen, Uwe Becker nach Christian Fries, Ferdinand Mührdel und Otto Kaspar benannt.
Der Kriminalbeamte Fries hatte sich 1937 einer antinazistischen Gruppe von Polizeibeamten angeschlossen und wurde als lokaler Stützpunktleiter mit den Vorbereitungen von Polizeiaktionen gegen das Regime betraut. Er gehörte auch zur Widerstandsgruppe um Wilhelm Leuschner. Kriminalpolizeirat Mührdel verdiente sich den Ruf als „Nazifresser“ und war 1931 bei der Beschlagnahmung der sogenannten Boxheimer Dokumente beteiligt, als sich führende Nationalsozialisten auf einem Hof nahe dem südhessischen Bürstadt getroffen hatten. Mührdel verlor nach der Machtergreifung Hitlers Job und Pension. Nach Otto Kaspar ist unweit „seines“ Mehrzweckraums schon die Straße nördlich des Polizeipräsidiums benannt. Bereits der Schriftsteller Valentin Senger hatte ihm in seinem Roman „Kaiserhofstraße 12“ ein literarisches Denkmal gesetzt, weil Kaspar Sengers Familie vor den Nazis bewahrte, indem er deren Meldekarte zunächst änderte und dann ganz verschwinden ließ. Bereswill betonte, die Polizisten seien eine Ausnahme, die Polizei insgesamt aber „fester Bestandteil des Terrorregimes“ gewesen. Daher trägt ein von Lutz Becht und Thomas Bauer vom Institut für Stadtgeschichte geschriebenes Buch auch den Titel „Die Frankfurter Polizei und drei aufrechte Beamte im Nationalsozialismus“. Das Buch soll allen Frankfurter Polizeibeamten zugänglich gemacht werden.