Parkplatz suchen und verfluchen
Amtsgericht verhandelt einen etwas bizarren Fall von Beleidigung und Bedrohung
Die Welt ist groß und prallvoll mit verschiedenen Menschen, die sich hassen, weil sie verschieden sind. Eines aber eint die Menschen rund um den Globus, unabhängig von Herkunft, Alter und Geschlecht. Fast alle suchen ihr Leben lang nach etwas, was nur wenigen zu finden vergönnt ist: einen Parkplatz in der Stadt.
Die 60 Jahre alte Nisthi T. steht am Donnerstagvormittag wegen Beleidigung und Bedrohung vor dem Amtsgericht. Am 19. Juli 2021 hatte sich die Kindergärtnerin aus Köln von ihrem Sohn zum eritreischen Generalkonsulat in Niederrad fahren und vor dessen Tür absetzen lassen. Während ihr Sohn einen Parkplatz suchte, fand sie einen und besetzte diesen.
Das führte zum Konflikt mit Vanessa W. Die Zollbeamtin auf dem Weg zur Arbeit wollte nämlich auch dort parken, es kam zum Disput, der zügig eskaölierte. Laut Anklage fragte T. ihre Parkplatzrivalin „Du weiße Schlampe, denkst du, du hast hier Privilegien?“, fotografierte W.s Nummernschild und drohte, man werde „sie finden und ihr etwas antun“. Gegen einen Strafbefehl von 60 Tagessätzen à 40 Euro hatte sie Einspruch eingelegt.
Seine Mandantin sei es, die rassistisch beleidigt worden sei, und zwar von W. „mit dem N-Wort“, sagt ihr Verteidiger. Die Anklage könne gar nicht stimmen, weil T. in den knapp 50 Jahren, die sie nun schon in Deutschland lebe, zwar einen ordentlichen Wortschatz angehäuft habe, aber „Privilegien“ zähle nicht dazu. Zudem sei sie tief religiös, von christlicher Nächstenliebe erfüllt und beschimpfe Menschen daher nicht, sondern verfluche sie nur – in diesem Fall mit einem uralten eritreischen Qualitätsfluch, der übersetzt „Dein Leben soll verheddert sein!“ bedeute. Bei W. entschuldigen will sie sich nicht, schließlich habe sie sie nicht beleidigt, sondern umgekehrt.
Die 26 Jahre alte Vanessa W. bestreitet jede Beleidigung von ihrer Seite. Das „N-Wort“ gehöre nicht zu ihrem Wortschatz. Stattdessen erinnert sie sich an „massives Einschlagen auf mein Auto“, an die Titulierung „weiße Schlampe“ - und ist ansonsten grundsätzlich der Auffassung, dass „Parkplätze nicht reserviert werden können“, jedenfalls nicht durch Draufrumstehen.
Es steht Aussage gegen Aussage, und der Amtsrichter glaubt am Ende des Prozesses eher der Vanessa W.s. Allerdings wird im Urteil die Höhe der Tagessätze bei gleicher Anzahl auf 30 reduziert, was für die bislang nie mit dem Gesetz in Konflikt geratene Kindergärtnerin eine Erleichterung von 600 Euro bedeutet und die Kosten für das gerichtsnahe Parkhaus amortisieren dürfte.
Sauer ist Nisthi T. dennoch: „Das Geld zahle ich, aber den Fluch nehme ich nicht zurück!“ Allerdings hat sie sowas wohl kommen sehen, denn in ihrem letzten Wort hat sie eine Weisheit formuliert, die man durchaus als Universalkritik an der Schöpfung verstehen kann: „Gottes Wege sind unordentlich!“ Und parkplatzarm.