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"Es wird bisher jede Menge Unfug gebaut"

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Von: Christoph Manus

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Janine Wissler beim Interview in einem Bockenheimer Café.
Janine Wissler beim Interview in einem Bockenheimer Café. © Rolf Oeser

OB-Kandidatin Janine Wissler von den Linken über neue Bürotürme, den Mangel an Sozialwohnungen und die Versprechen von Amtsinhaber Peter Feldmann.

Janine Wissler kandidiert zum zweiten Mal als Oberbürgermeisterin. Die Vorsitzende der Frankfurter Linken stellt die Frage „Wem gehört die Stadt?“ in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs.

Frau Wissler, wem gehört die Stadt denn?
Allen, die in der Stadt leben. Viele Menschen können sich das Leben in Frankfurt aber kaum noch leisten, den Zugang zu Kultur, die Fahrpreise. Die Stadt nutzt frei werdende Grundstücke nicht, um bezahlbaren Wohnraum zu bauen, sondern verscherbelt sie an Investoren, die Luxusapartments errichten. Die Frage ist, in wessen Interesse der Platz in dieser Stadt eigentlich genutzt wird. Stehen die Investoren im Vordergrund? Oder stehen die Menschen an erster Stelle?

Dass die Stadt allen gehören soll, sagt auch OB Peter Feldmann. Er verspricht kostenfreie Kitaplätze, bezahlbare Wohnungen und eine Senkung der Fahrpreise für Bus und Bahn.
Das Problem bei Peter Feldmann ist nicht, was er sagt. Ich stelle schon fest, dass er sich von seiner Amtsvorgängerin positiv unterscheidet, indem er die Probleme ausspricht und benennt. Aber man muss sehen, dass die Zahl der Sozialwohnungen in seiner Amtszeit um mehr als zehn Prozent gesunken ist. Dabei hat fast die Hälfte der Frankfurter Anspruch auf eine Sozialwohnung. Was macht die Stadtregierung denn dafür, dass die Fahrkarten für Bus und Bahn merklich billiger werden? Oder dafür, dass marode Schulen saniert werden?

Geht es unter Feldmann denn, zum Beispiel wohnungspolitisch, in die richtige Richtung?
Dann würde ich die Stadtpolitik nicht so stark kritisieren. Nehmen Sie beispielsweise den Uni-Campus Bockenheim. Dort entstehen nun Luxushotels und Luxusapartments. Zur OB-Wahl kandidieren Kandidaten von CDU, SPD und Grünen, deren Parteien allesamt der Stadtregierung angehören. Und jetzt fordern sie auf einmal alle, man müsse die Schulen sanieren. Warum machen sie es denn nicht einfach?

Die CDU-Kandidatin Bernadette Weyland will eine Milliarde Euro für die Schulen bereitstellen.
Sehr schön. Ich möchte den Antrag im Stadtparlament sehen. Wir würden ihn unterstützen.

Sie fordern, jedes Jahr müssten 2500 Sozialwohnungen entstehen. Wie soll das gehen?
Es ist ja nicht so, dass in der Stadt nicht viel gebaut würde. Aber es entsteht bisher jede Menge Unfug wie immer neue Bürotürme, obwohl doch schon so viel Büroraum leer steht. Auch neue Stadtviertel sind entstanden. Dort sind aber viel zu wenige bezahlbare Wohnungen entstanden, obwohl hier ein großer Mangel herrscht.  

Im Jahr 2016 wurden in Frankfurt nicht einmal 3500 Wohnungen fertiggestellt. Um auf Ihre Zahl zu kommen, hätten 70 Prozent Sozialwohnungen darunter sein müssen.
Die erste Frage ist doch: Welchen Anteil an geförderten Wohnungen baut die städtische Wohnungsgesellschaft ABG? Die Stadtregierung feiert sich für eine Quote von 40 Prozent. Ich bin der Meinung, dass die ABG nahezu ausschließlich geförderten Wohnraum bauen sollte.

Wo sollen die neuen Wohnungen entstehen? Im neuen Stadtteil im Norden, per Nachverdichtung?
Natürlich geht es auch um einen neuen Stadtteil im Norden. Aber der wird das Problem nicht alleine lösen. Man muss über neue Stadtviertel reden, aber auch den vorhandenen Platz besser nutzen, zum Beispiel das Gelände des früheren Polizeipräsidiums und den Campus Bockenheim.

Sie fordern den Nulltarif für den ÖPNV, kostenlose Fahrten mit Bus und Bahn. Wäre es ein erster Schritt, wie die Grüne OB-Kandidatin Eskandari-Grünberg vorschlägt, ein Jahresticket für 365 Euro anzubieten?
Klar. Den Nulltarif kann man nicht über Nacht umsetzen. Deshalb fordern wir zunächst eine drastische Fahrpreissenkung, um den ÖPNV attraktiver und bezahlbar zu machen. Wir wollen die ÖPNV-Finanzierung aber grundsätzlich verändern, den RMV stärker aus Steuern finanzieren und Unternehmen an den Kosten beteiligen, damit nicht die Nutzer von Bussen und Bahnen durch immer höhere Fahrpreise den Großteil der Kosten tragen.

Sie beklagen immer wieder die soziale Spaltung in Frankfurt. Kann die Stadt gegen diese überhaupt viel ausrichten?
Ein erster Schritt wäre es, Obdachlosen keine Barzahlung mehr abzunehmen, wenn sie auf Parkbänken schlafen. Natürlich kann man die Ursachen für Armut nicht allein in Frankfurt bekämpfen, aber man kann versuchen, die Auswirkungen zu mindern. Man muss Menschen mit wenig Geld die Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Es darf nicht sein, dass Kinder mit leerem Bauch in der Schule sitzen oder sich den Schulausflug nicht leisten können.

Vergangene Woche haben Sie das Programm für die Landtagswahl vorgestellt. Haben Sie genug Zeit für den OB-Wahlkampf?
Anders als Frau Weyland konnte ich mich ja nicht in den einstweiligen Ruhestand versetzen lassen, um Wahlkampf zu machen. Ich lasse die Landespolitik nicht zu kurz kommen, freue mich aber auf den OB-Wahlkampf.

Was wäre für Sie am 25. Februar denn ein Erfolg?
Ein besseres Ergebnis als beim letzten Mal wäre schön. Aber mir geht es vor allem darum, eine linke Alternative zu den regierenden Parteien anzubieten.

Interview: Christoph Manus

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