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OB-Wahl in Frankfurt: Wahlempfehlung der Grünen als Knackpunkt?

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Von: Sandra Busch, Georg Leppert

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CDU-Kandidat Uwe Becker hat zwar einen deutlichen Vorsprung bei der Frankfurter OB-Wahl vor Mike Josef (SPD), aber er hat kaum mehr Potenzial.

Frankfurt - Im ersten Wahlgang der OB-Wahl in Frankfurt hat CDU-Kandidat Uwe Becker am Sonntag die meisten Stimmen geholt und geht mit deutlichen zehn Prozentpunkten Vorsprung in die Stichwahl gegen den Zweitplatzierten Mike Josef (SPD). Doch in dem Rennen ist noch alles möglich. Am Montagmorgen präsentierte die für Wahlen zuständige Dezernentin Eileen O’Sullivan (Volt) die in der Nacht erarbeitete Wahlanalyse. Danach ist Beckers Potenzial offenbar bereits ziemlich ausgeschöpft.

Bei der Wahl zur Nachfolge von Peter Feldmann hat Becker seine gesamte Stammwählerschaft bereits hinter sich. 94 Prozent der Menschen, die bei der Kommunalwahl 2021 der CDU ihre Stimme gegeben hatten, wählten ihn. Hinzu kamen zahlreiche Stimmen aus der Nichtwählerschaft und von ehemaligen FDP-Wähler:innen. Wenig überzeugen konnte Becker bisher Wähler:innen von SPD und Grünen. Viele weitere FDP-Stimmen wird Becker nun nicht erwarten können, FDP-Kandidat Yanki Pürsün kam lediglich auf 2,8 Prozent.

OB-Wahl in Frankfurt: Josef mit Potenzial bei Grünen- und Linken-Wählern

Bei Josef ergibt sich ein anderes Bild. Seine Stimmen setzen sich viel stärker als bei allen anderen Kandidat:innen aus ehemaligen Wähler:innen anderer Parteien zusammen. Fast ein Viertel seiner Stimmen erhielt er von früheren Wähler:innen der Grünen, 16,3 Prozent seiner Wählerinnen und Wähler hatten früher für die Linke gestimmt. Er konnte also bereits in dieser Wählerschaft überzeugen – Potenzial liegt nun in den rund 25 Prozent der Stimmen, die am Sonntag auf die Grünen- und die Linken-Kandidatin entfielen. Auch in der SPD-Stammwählerschaft ist noch Luft. 41,3 Prozent gaben bisher Josef ihre Stimme, der Rest ging gar nicht wählen.

Diese Ausgangslage ähnelt der OB-Wahl von 2012, als Boris Rhein (CDU) und Peter Feldmann (SPD) in die Stichwahl einzogen. Auch damals hatte Rhein bereits im ersten Wahlgang seine Stammwählerschaft komplett hinter sich, hatte wenig Zuspruch von Wähler:innen anderer Parteien. Er konnte dann am Ende trotz sechs Prozentpunkten Vorsprung nach dem ersten Wahlgang in der Stichwahl nur noch drei Prozent zulegen und verlor.

Mike Josef (SPD) und Uwe Becker (CDU) gehen in die Stichwahl – die anderen können ihre Plakate nun einpacken. dpa
Mike Josef (SPD) und Uwe Becker (CDU) gehen in die Stichwahl – die anderen können ihre Plakate nun einpacken. dpa © dpa

OB-Wahl in Frankfurt: Rottmann verliert Grünen-Stammwähler:innen an Josef

Grünen-Kandidatin Manuela Rottmann verpasste mit 21,3 Prozent den Einzug in die Stichwahl. Sie konnte nach der Wahlanalyse vornehmlich nur die Grünen-Wählerschaft überzeugen, bekam kaum Zuspruch aus anderen Parteien. Sie verlor auch Grünen-Stammwähler:innen – vor allem an Josef. Ob die Grünen nun eine Wahlempfehlung aussprechen werden, blieb am Montag weiterhin offen. Am Abend wollte sich der Vorstand zur Wahlanalyse treffen. Eine Entscheidung soll es aber erst in den kommenden Tagen geben, kündigte Kreissprecherin Julia Frank an.

Mike Josef zu unterstützen, wäre angesichts der Zusammenarbeit zwischen Grünen und SPD zwar „naheliegend“, sagte Frank. Eine Selbstverständlichkeit sei ein Wahlaufruf für den SPD-Kandidaten aber nicht. Klar ist für Frank: Die Grünen werden sich sehr genau anschauen, „mit welchen Vorstellungen“ Mike Josef und Uwe Becker in die Stichwahl gehen wollen.

OB-Wahl in Frankfurt: Grüne ringen um Wahlempfehlung

Erste Gespräche mit Becker und SPD-Chef Kolja Müller hat es laut Frank gegeben. Becker sei klargemacht worden, dass seine Andeutungen zum Verkehrsdezernat gegen eine Unterstützung von den Grünen sprechen. Becker hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er den Magistrat umbilden und das von den Grünen geführte Verkehrsdezernat neu vergeben könnte.

Während die Grünen noch um eine Wahlempfehlung ringen, hat einer sich schon entschieden: Peter Wirth, der als Bahnbabo bekannte Straßenbahnfahrer. Er war mit 5,1 Prozent auf Platz vier gelandet und unterstützt nun den SPD-Kandidaten Mike Josef. „Ich werde mich auf jeden Fall positionieren und es wird nicht Uwe Becker sein“, sagte der 61-Jährige am Montag. (Sandra Busch und Georg Leppert)

Die OB-Wahl in Frankfurt

FR-Online-Dossier: Wer wird Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin von Frankfurt? Die FR bündelt ihre Berichterstattung mit Analysen, Porträts und aktuellen Nachrichten in einem Online-Dossier.

Das Ergebnis im Überblick: Uwe Becker (CDU) und Mike Josef (SPD) stehen in der Stichwahl. Die Grünen verlieren seit langem wieder eine Wahl in Frankfurt.

Kommentar zum Wahlergebnis: Nichts ist entschieden. Das Ergebnis ist weniger knapp als erwartet und bietet viel Raum für Interpretationen. Die Lehren dieses Sonntags.

Uwe Becker (CDU) sieht sich bestätigt, dass Frankfurt einen „Neuanfang“ wolle.

Mike Josef (SPD) spricht von Riesenerfolg. Er hält die Stichwahl für offen – und will nun um die Wählerschaft der Grünen werben.

Manuela Rottmann (Grüne) gibt entspannte Verliererin. Obwohl sie die Stichwahl verfehlt, ist sie nicht unzufrieden.

Peter Wirth alias der Bahnbabo schafft einen stabilen vierten Platz, knackt sogar die fünf Prozent-Marke. Er will in den kommenden Tagen eine Empfehlung für die Stichwahl aussprechen.

Maja Wolff und Bembel: Während für die Erfinderin des Grüne-Soße-Festivals Aufwand und Ertrag nicht stimmen, nimmt es Kleingarten-Vorkämpfer Niklas Pauli gelassen.

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