Linkes Bündnis
Mike Josef kann sich auf das linke Lager verlassen: Seinen Sieg bei der OB-Stichwahl verdankt der SPD-Mann den Grünen, den Linken und Volt. Der Kommentar.
Frankfurt – Es war extrem eng, doch als bei dieser spannendsten Wahl seit langem in Frankfurt alle Stimmen ausgezählt waren, stand fest: Mike Josef konnte sich auf das linke Lager verlassen. Mit 6000 Voten Vorsprung hat der SPD-Politiker die OB-Wahl in Deutschlands fünftgrößter Stadt gewonnen. Bedanken kann er sich bei den Linken, bei Volt und vor allem bei den Grünen. Sie halfen Josef, den Rückstand aus dem ersten Wahlgang aufzuholen. Er wird nächster Frankfurter Oberbürgermeister.
Die 48 Prozent, die Uwe Becker geholt hat, sind für einen CDU-Kandidaten in Frankfurt durchaus respektabel. Dennoch ist das Ergebnis für die Christdemokraten eine Enttäuschung. Sie hatten darauf gehofft, die SPD wäre durch das unwürdige Schauspiel um Peter Feldmann geschwächt – zumal auch die Fortsetzung des AWO-Skandals einen SPD-Mann betrifft, den früheren Leiter des Hauptamts, Tarkan Akman. Doch Josef schaffte es, das Thema AWO nicht zu dominant werden zu lassen.

Kommentar zur OB-Wahl in Frankfurt: Immense Herausforderungen für Mike Josef
Hätte Uwe Becker aggressiver auftreten müssen, hätte er Josef (immerhin bis vor kurzem SPD-Parteichef) als Politiker in der Tradition von Feldmann darstellen sollen? Vielleicht hätte es seine Chancen erhöht, aber derartige Polemik hätte nicht gepasst zum fairen Wahlkampf, den sich die beiden Männer geliefert haben.
Die Herausforderungen, die Mike Josef in den nächsten Jahren zu bewältigen hat, sind immens. Die Koalition muss jetzt liefern. Sie muss jetzt den neuen Standort für die Bühnen beschließen, sie muss sich für oder gegen eine Waffenverbotszone im Bahnhofsviertel entscheiden, sie muss Klarheit schaffen, ob in diesem Jahr der neue Paulskirchenpreis verliehen wird. Die Zeit, in der Entscheidungen monatelang aufgeschoben wurden, muss jetzt vorbei sein. Nicht zuletzt muss die Stadtregierung klar machen, wo Frankfurt spart, um perspektivisch zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen.
Und auch die Aufarbeitung des AWO-Skandals muss Josef vorantreiben – so unangenehm das für einen SPD-Politiker auch sein mag. Die zumeist dürren Worte im Wahlkampf („Ich dulde keine Korruption“) reichen als Oberbürgermeister nicht mehr aus. (Georg Leppert)