Kritik an Plänen für Berger Straße: „Viele Ideen hat der Ortsbeirat nicht zu Ende gedacht“
Kaweh Nemati von der Interessengemeinschaft Untere Berger Straße über die Pläne des Stadtteilgremiums, den Abschnitt ab der Höhenstraße in Frankfurt umzugestalten.
Herr Nemati, der Ortsbeirat 3 will die untere Berger Straße attraktiver machen. Eine Mehrheit des Gremiums hat eine Reihe von Maßnahmen angeregt, um den Abschnitt zwischen Höhenstraße und Bethmannpark aufzuwerten. In den sozialen Medien kommen die Vorschläge nicht gut an. Kritik gibt es auch von Gewerbetreibenden und der Gastronomie. Warum?
Die Grundidee hinter dem Antrag ist gut. Und viele Punkte sind für sich genommen nicht dramatisch. Man merkt aber, dass mit den Menschen vor Ort nicht gesprochen worden ist.
In der Ortsbeiratssitzung hieß es, es habe Gespräche mit den Betroffenen gegeben.
Vor knapp einem Jahr ist die IG Untere Berger vom Ortsbeirat eingeladen worden. Doch schon damals war klar, dass wir bei vielen Punkten nicht derselben Meinung sind. Danach hat uns keiner mehr kontaktiert. Und auch kein anderer Gewerbetreibender oder Gastrobetrieb wurde gehört, wie ich abgefragt habe.
In dem Antrag von Linke, Volt und Grünen wird etwa vorgeschlagen, mehr Mülleimer aufzustellen, die Berger häufiger zu reinigen, Stellflächen für Lieferverkehr und Kurzzeitparkplätze einzurichten. Das klingt doch gut.
Die Situation für die Passantinnen und Passanten zu verbessern, ist wichtig. Doch es kann nicht sein, dass die Berger für Anwohnende immer grüner und ruhiger wird, ohne an den Einzelhandel zu denken. Man braucht erst Alternativen, wie die Menschen zu uns kommen können, bevor man etwas ändert.
Berger Straße in Frankfurt: „Wir brauchen Kundinnen und Kunden von überall“
Sie meinen, dass für Forderungen wie rotmarkierte Radstreifen, entsiegelte Flächen und Parklets Parkplätze wegfallen müssten – wogegen auch CDU, SPD und FDP im Ortsbeirat gestimmt haben?
Wir brauchen Kundinnen und Kunden von überall. Die Menschen aus dem Stadtteil kommen ja nicht jeden Tag und kaufen sich neue Klamotten bei uns. Doch viele fahren nicht mehr auf die Berger, da ganz Frankfurt als autofeindliche Stadt gilt. Der Ortsbeirat hat viele Ideen nicht zu Ende gedacht, welche Entscheidung bedeutet was für alle.

Was meinen Sie damit?
Wenn man etwa die Parklets betrachtet: Die sind nicht für die Anwohnenden. Die werden mit der Zeit ungepflegter und dreckig, und am Ende will da keiner mehr drauf sitzen – und Obdachlose nutzen sie als Schlafstätte.
Was ist mit der Idee, dass Sondernutzungsflächen für Gastronomie und Gewerbe von schmalen Bürgersteigen auf Auto-Parkplätze verlagert werden sollen?
Es ist richtig, dass es mehr Platz auf den Gehwegen geben muss, wo man derzeit mit dem Rollstuhl oder Kinderwagen kaum durchkommt. Aber es ist fraglich, ob der Vorschlag umgesetzt werden kann. Das Mobiliar der Gastronomie ist oft zu groß für einen Parkplatz. Das würde dann in die Straße ragen. Auch ist es unattraktiv, direkt an der Fahrbahn zu sitzen. Ich befürchte, dass die Lokale dadurch nur noch mehr Platz bekommen – zulasten von Parkplätzen.
Frankfurt: „Auch hier ist die Grundidee nett, aber nicht umsetzbar“
Einer der Vorschläge ist, die Berger Straße sonntags tagsüber für den Kfz-Verkehr zu sperren und in der Zeit ein Programm anzubieten. Eine charmanter Vorschlag?
Auch hier ist die Grundidee nett, aber nicht umsetzbar. Wie für das Berger-Straßen-Fest könnten die Anwohnenden mit ihren Autos nicht mehr kommen und gehen, wann sie wollen. Ich bezweifle auch, ob viele begeistert sein werden, jeden Sonntag eine kleine Party vor ihrer Tür zu haben. Und nicht zuletzt kommen sonntags, mehr noch als wochentags, viele Gäste von außerhalb mit dem Auto zu den Lokalen Die werden auf die Barrikaden gehen und müssen Leute rauswerfen.
Der Ortsbeirat will auch prüfen lassen, einen Wochenmarkt am Merianplatz einzurichten. Was halten Sie davon?
Das begrüße ich. Dafür habe ich mich schon 2016 stark gemacht. Damals hieß es aus dem Ortsbeirat, dass dann keine Fahrräder mehr durchkommen und eine Konkurrenz zum Einzelhandel entsteht. Doch könnte so ein Angebot das Viertel deutlich aufwerten. Der Bornheimer Markt ist weit entfernt. Und nur weil es etwa schon einen Metzger auf der Berger gibt, ist das noch lange kein Ausschlusskriterium.
Interview: Boris Schlepper