Neue Eskalationsstufe im Oeder Weg

Geschäftsleute, die den Umbau kritisch sehen, sind anonym beschimpft worden. Nach Ansicht des Mobilitätsdezernats ist das Thema von der CDU für den OB-Wahlkampf instrumentalisiert worden.
In der kontrovers geführten Auseinandersetzung um die Umgestaltung des Oeder Weges zur fahrradfreundlichen Nebenstraße ist jetzt eine rote Linie überschritten worden: Geschäftsleute, die sich kritisch äußerten und über Umsatzeinbußen klagen, sind beschimpft und teils bedroht worden. Davon berichtet die CDU-Fraktionsvorsitzende im Ortsbeirat 3 (Nordend), Claudia Ehrhardt. Zwei Fälle seien ihr bekannt. „Das geht überhaupt nicht“, sagt sie schockiert.
Der Betreiber eines alteingesessenen Geschäftes bestätigt Ehrhardts Angaben. Um nicht noch mehr in die Schusslinie zu geraten, will er namentlich nicht genannt werden. Mehrfach habe er morgens Briefchen gefunden, die unter der Ladentür hindurch geschoben worden seien. Darin sei er unter anderem als Fahrradhasser beschimpft worden. Mit der Botschaft „Pass auf, du hast eine große Glasscheibe“ sei ihm quasi Sachbeschädigung angedroht worden. Den Eingang zum Laden habe er öfter mit E-Rollern verbarrikadiert vorgefunden.
Die Ortsbeiratsmitglieder kritisieren das Verhalten der anonymen Briefeschreiber:innen scharf. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Koch spricht von einer „bösen Sache“. In Zeiten, in denen sich Klimaaktivist:innen auf Straßen festklebten und auch Beschädigungen billigend in Kauf nähmen, wundere ihn aber nichts mehr, sagt er. Seine FDP-Kollegin Marina Sedlo findet es bedenklich, dass so miteinander im Stadtteil umgegangen werde. Grünensprecherin Gabriele Trah fehlen ob der schlimmen Nachricht die Worte.
Für Stefan Lüdecke, Referent von Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne), sind die Drohungen ein Zeichen dafür, dass das Thema für den Oberbürgermeister-Wahlkampf missbraucht wird. Die CDU und ihr Kandidat Uwe Becker hätten in der Debatte für eine Polarisierung gesorgt, „das ist unredlich“. Schließlich finde der Strukturwandel im Gewerbe permanent statt, zuletzt verschärft durch die Pandemie. Es dann „uns in die Schuhe zu schieben“, weil auf dem Oeder Weg ein paar Parkplätze wegfielen, sei nicht richtig.
Bei der Kritik würden zudem die positiven Effekte außer Acht gelassen, so Lüdecke. Schließlich habe der Kfz-Verkehr deutlich abgenommen – nicht nur im Oeder Weg. Die Zahl der Radfahrenden sei gestiegen. Er rate allen, wieder zur Sachlichkeit zurückzukehren. Die Untersuchungen des Versuchs durch die Frankfurter Fachhochschule werden sicherlich zur Objektivität beitragen, ist Lüdecke überzeugt.
Auch Ortsvorsteherin Karin Guder (Grüne) hat beobachtet, dass sich die Umgestaltung des Oeder Wegs ein Wahlkampfthema geworden ist. Sie befürchtet, dass es in der kommenden Sitzung des Ortsbeirats am 23. März, drei Tage vor der OB-Wahl, instrumentalisiert werde. Sie wolle deshalb die Fraktionen bitten, sachlich zu bleiben. Auf jeden Fall werde der Oeder Weg und die damit zusammenhängenden Anträge gleich zu Beginn der Sitzung behandelt. Den Bürger:innen solle zuvor maximal eine Stunde Zeit eingeräumt werden, sich zu äußern. Dabei sollen auch die Menschen zu Wort kommen können, die die Maßnahme begrüßen.
Dazu gehört etwa Anwohnerin Aleksandra Feiner, die die Umgestaltung „wie viele hier still genießen“. Feiner und Gleichgesinnte wolle nun eine Unterschriftenliste ins Leben rufen und möglichst viele mobilisieren, in die kommende Sitzung des Ortsbeirats 3 zu kommen. Schließlich gebe es ein gesetzlich verabschiedetes Klimaziel, auch habe die Umgestaltung viel Geld gekostet. Und noch immer seien auf dem Oeder Weg viele Autos unterwegs, „und Parkplätze gab es da auch früher keine“. Zudem wolle die Gruppe verhindern, dass etwa die Diagonalsperre an der Holzhausenstraße wieder aufgehoben wird, was derzeit als Gerücht im Viertel kursiere.
Davon sei nicht auszugehen, sagt Lüdecke. Bis 2024 werde der Verkehrsversuch auf jeden Fall umgesetzt. Die Stadt wolle schauen, wie sich die Änderung im Frühjahr und im Sommer auswirke und wie das neue Mobilar angenommen werde. Geplant seien zudem noch Verkehrszählungen und eine Umfrage der Fachhochschule. Zudem habe die Stadt einen Briefkasten unweit des Eiscafés aufgestellt, in dem die Menschen Anregungen und Kritik einwerfen könnten.
