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Langsames Sterben

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Von: Miriam Keilbach

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Wie die Berger Straße aussehen kann, wenn noch mehr Läden schließen müssen, zeigten Händler bei einer Protestaktion.
Wie die Berger Straße aussehen kann, wenn noch mehr Läden schließen müssen, zeigten Händler bei einer Protestaktion. © Rolf Oeser

An der Berger Straße schließen nicht mehr nur Läden, sondern auch Gastrobetriebe. Durch den nach wie gut vor guten Ruf der Straße steigen die Mieten zum Leid der Anlieger weiter.

Wo vor wenigen Wochen noch vegetarische Burger verspeist wurden, wird seit einigen Tagen vietnamesisch serviert. Das „Comai“ hat „Wiesenlust“ abgelöst. Schräg gegenüber eröffnet demnächst eine Bar mit Bistro namens „Grey“, im einstigen Domizil des Restaurants „Rinks“. „Coming soon“ steht auf dem Plakat – und dass Personal gesucht wird. Die einstige Videothek nebenan steht noch immer, seit Jahren schon, leer. Nach Monaten wurde das riesige Baugerüst vor „Rewe“ abgebaut, die Berger wirkt nicht mehr nur als Baustelle, in der Sonne sitzen Menschen vor dem Eiscafé „Gelatissimo“.

Das „Wiesenlust“ gab auf

Dass an der Berger Straße immer wieder Läden schließen müssen, ist nicht neu. Doch betraf es bislang vor allem den Einzelhandel, schließt zunehmend auch Gastronomie. Fünf Jahre hielt sich der Bio-Burgerladen „Wiesenlust“, dann gaben die Betreiber mit 36 000 Euro Schulden auf, wie sie dem Genussmagazin erzählten. Die Miete sei bei dem Umsatz zu hoch gewesen.

Für die IG Untere Berger ist diese Entwicklung nicht überraschend. „Wiesenlust hat lange durchgehalten“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Gabriele Rittig, „damals waren die Betreiber noch allein, heute gibt es viele Burgerläden.“ Das Ladensterben werde künftig mehr als bisher die Gastronomie treffen, glaubt sie.

„Da so viele Einzelhändler schließen mussten, ist das Verhältnis unausgewogen.“ Für die Restaurants sei es schwierig, wenn es zu viele auf einem Fleck gebe. Zudem gibt es kaum Jobs um die Berger herum, an der einst starken Laufkundschaft mangelt es. „Stammkundschaft reicht nicht mehr“, sagt Rittig.

Nach wie vor hat die Berger Straße den Ruf einer beliebten und belebten Einkaufsstraße – was die Mieten in die Höhe treibt. „Frequenz und Angebot haben aber exorbitant abgenommen“, sagt Rittig, unter anderem durch den Wegzug von Saturn vor rund vier Jahren. Eine Endlosspirale: Früher wussten die Leute, dass sie auf der Berger alles kaufen konnten. Das ist heute nicht mehr so, weshalb Kaufwillige direkt in der Innenstadt, in den Einkaufszentren oder im Internet suchten. Durch den geringeren Umsatz brechen weitere Läden weg.

Deshalb rief die IG vor einem Monat zu einer Protestaktion auf. An einem Samstag wurden die Schaufenster von 30 Läden verhängt, um zu zeigen, wie die Berger ohne Einzelhandel aussähe. Damals gab der Vorsitzende Kaweh Nameti an, dass derzeit fünf Läden, die Kleidung und Deko-Artikel verkauften, und Gastronome von einer Schließung bedroht seien. „Die Aktion ist gut angekommen und hat bei vielen Bewusstsein geweckt“, sagt Rittig. „Klar ist: Wenn Umsätze sinken und Mieten steigen, kann das auf Dauer nicht gutgehen.“ msk

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