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Demokratie am Bierstübchen

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Von: Alexandra Flieth

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Seit elf Jahren betreibt Naim Yildirim (Mitte) „Heinrich’s Bierstübchen“.
Seit elf Jahren betreibt Naim Yildirim (Mitte) „Heinrich’s Bierstübchen“. © Alexandra Flieth

OB-Kandidaten und OB-Kandidatinnen sind zum Nachbarschaftsfest an „Heinrich’s Bierstübchen“ eingeladen. Inhaber Naim Yildirim will mit der Aktion die politische Transparenz fördern.

Der Grill ist angeworfen, der Duft von Rinds- und Bratwürstchen und ihren vegetarischen Varianten zieht sich in den Außenbereich von „Heinrich’s Bierstübchen“ an der Niederurseler Landstraße. Die dort aufgestellten Bänke sind alle besetzt, auch um die Stehtische haben sich Gäste versammelt und sind im Gespräch miteinander.

Viele von ihnen verbindet sichtbar ihre Leidenschaft für die Eintracht, deren Mannschaft sich beim Auswärtsspiel gegen Köln auf dem Platz am frühen Sonntagabend noch beweisen muss. Der Eintracht-Adler prangt auf Schals und Mützen, die zahlreiche Besucher tragen. Ein leidenschaftlicher Fan und Mitglied der Eintracht ist auch Naim Yildirim, Inhaber von „Heinrich’s Bierstübchen“. Das ist mehr als ein Kiosk, sondern auch Ort für Gespräche und Austausch. Ein Treffpunkt in Niederursel mit einem Inhaber, der stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Anwohner hat.

Alle kennen ihn, jeder nennt ihn bei seinem Vornamen. Zum fünften Mal lädt Naim Yildirim an diesem Nachmittag zu einem Nachbarschaftsfest ein. Der Fernseher im hinteren Raum bleibt aus, denn während die Eintracht spielt, stellen sich auch Kandidatinnen und Kandidaten für die OB-Wahl den Gästen vor. Naim Yildirim hat sechs eingeladen: Uwe Becker (CDU), Mike Josef (SPD), Manuela Rottmann (Grüne), Yanki Pürsün (FDP), Daniela Mehler-Würzbach (Linke) und Maja Wolff (parteilos). „Manuela Rottmann schafft es nicht und hat abgesagt“, erklärt Yildirim.

Seit elf Jahren betreibt er das „Bierstübchen“, das er nach Heinrich Kromer benannt hat, der selbst einmal Stadtverordneter und ein aktiver Gegner des Nationalsozialismus gewesen sei. „Die Schule nebenan ist nach ihm benannt“, sagt Yildirim, dem die Demokratie und die politische Transparenz sehr am Herzen liege. Dafür müsse man kämpfen, sich starkmachen. Denn die Demokratie sei heute nicht mehr so selbstverständlich, gar gefährdet. „Ich finde, die Politik kümmert sich nicht mehr so um die Menschen wie früher.“

Wer könne es sich noch leisten, von dem, was er durch seine Arbeit verdiene, ein gutes Leben in der Stadt zu führen? Er wünsche sich mehr Beteiligung durch die Bürger und Bürgerinnen und mehr Transparenz in der Politik. Das ist für ihn auch die Motivation, OB-Kandidat:innen zu seinem Nachbarschaftsfest einzuladen. „Die Bürger sollen sie kennenlernen“, betont er.

Einen Ort zu haben, an dem sich Menschen kennenlernen, sei in der heutigen Zeit so wichtig. „Es gibt viele Leute, die einsam sind, auch hier im Stadtteil“, weiß Yildirim. Dass es ein Ort ist, an dem man neue Menschen begegnen kann, zeigt sich auch beim Nachbarschaftsfest, bei dem sich schnell Gespräche mit dem Sitznachbarn oder der Sitznachbarin entwickeln.

So geht es auch Edgar Streit, der in Niederursel lebt. Ihm gegenüber sitzt Silke Heesch aus dem benachbarten Heddernheim, die mit ihrem Lebensgefährten da ist. Auch zum ersten Mal. Sowohl Streit als auch Heesch haben die Plakate gesehen, die Yildirim aufgehängt hat. Beide wollen die Gelegenheit nutzen, um die OB-Kandidaten und OB-Kandidatinnen kennenzulernen und vielleicht auch Fragen zu stellen, beispielsweise zur Verkehrspolitik oder zum Thema „bezahlbarer Wohnraum“, erzählen sie.

Naim Yildirim ist glücklich darüber, dass er einen Ort geschaffen hat, an dem es einen tollen Zusammenhalt gibt und ein respektvolles Miteinander möglich wird. „Die Menschen helfen sich gegenseitig“, weiß der Büdchen-Betreiber.

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