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Niederrad: Geschichte, die man an die Wand hängt

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Von: Sabine Schramek

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Werner Hardt (r.) und Rolf Ohmeyer haben als Titelbild ihres Kalenders das frühere Entree des alten Bahnhofs Niederrad gewählt.
Werner Hardt (r.) und Rolf Ohmeyer haben als Titelbild ihres Kalenders das frühere Entree des alten Bahnhofs Niederrad gewählt. © Michael Faust

Der neue Kalender des Niederräder Bezirksvereins für das Jahr 2022 erinnert an Feste, Vereinsleben und Straßenbau im Stadtteil.

Werner Hardt (81) und Rolf Ohmayer (74) kennen ihr Niederrad besser als ihre Westentasche. Sie sind neugierig und immer auf der Suche nach allem, was den Ort einst ausmachte. Auf der Suche nach dem Leben von damals und der Entwicklung zu dem, was den Stadtteil heute ausmacht. Wer mit dem Ersten Vorsitzenden und dem Schatzmeister vom Bezirksverein Niederrad durch die Straßen geht, macht eine Zeitreise durch den Stadtteil. Kompakter ist die Zeitreise mit ihnen durch das Heimatmuseum in der Schwanheimer Straße. Eine Zeitreise für zu Hause gibt es jetzt zum 14. Mal in Folge in Form des Wandkalenders „Historisches Niederrad 2022“.

„Ach, war das schön hier mit dem tollen Garten vor der Tür“, schwärmen die beiden Männer vor dem mit Efeu bewachsenen Gebäude aus dem Jahr 1881. Statt Maibaum, Holzzaun, Bier, Wein und einladender Eingangstür zeigt das prächtige Gebäude heute in der Donnersbergstraße mit Metallplatten verschlossene Fenster, zerborstene Scheiben und finsteres Graffiti am ehemaligen Eingang vom Lokal „Alter Bahnhof“. Auf dem Titelbild des Kalenders ist zu sehen, wie heimelig es dort bis 2013 war.

„Schon damals sollte das Gebäude abgerissen werden für zwei neue Gleise der Bahn“, erzählt Hardt und zuckt die Schultern. „Ein Jammer. Seit neun Jahren steht es einfach leer und gammelt vor sich hin“, sagt Ohmayer über das historische Gebäude, das bis 1977 der Niederräder Bahnhof war. Dann wurde der Bahnhof in der Bürostadt eröffnet.

Das Foto, das den Kalender ziert, stammt aus neuerer Zeit, ebenso wie das Dezember-Bild, das den Kontrast aus drei frisch renovierten historischen Gebäuden vor drei Hochhäusern im Mainfeld zeigt. Dazwischen gibt es Erinnerungen an die Bruchfeldstraße, die Schwarzwaldstraße und den Haardtwaldplatz, an Straßen- und Autobahnbau, an Geschäfte und Industrie, an Lokale und Feiern am Wäldchestag, von der Oberschweinstiege und dem Gesangsverein Sängerkranz beim Äppler in der Gaststätte Weidemann.

„Es gab Zeiten, da gab es 13 Gesangsvereine in Niederrad. Heute ist keiner mehr übrig“, so Hardt. „Früher war Vereinsleben wie Urlaub. Kaum jemand konnte verreisen, es wurde mehr Wert auf gemeinsame und gesellige Erlebnisse gelegt.“ Damals sei so gut wie jeder und jede in Niederrad in einem Verein aktiv gewesen. „Das war Ehrensache.“ Heute müsse man deutlich mehr Überzeugungsarbeit leisten, um Vereinsmitglieder zu werben. Hardt und Ohmayer lieben es, die Historie des Stadtteils aufzuarbeiten.

Tausende Fotos haben sie auch für den neuen Kalender gesichtet und eine Vorauswahl getroffen. „Zu fünft haben wir uns abgestimmt, was reinkommen soll“, so Hardt, der die Texte zu den zwölf Motiven geschrieben hat. Fotos und Postkarten, Motive alter Werbeanzeigen und Dokumente werden vom Bezirksverein digitalisiert und archiviert. „Wir sind schon richtige Sammler für alles, was mit Niederrad zu tun hat“, sagt Ohmayer.

Im Heimatmuseum werden oft alte Bilder oder Gegenstände abgegeben, die das Niederrad von früher zeigen. Ob Kaffeemühlen oder Fleischwolf, Waschbrett oder Spielzeugeisenbahn, Puppenstube oder Tässchen für Schildkrötensuppe von Lacroix, die bis 1984 in Niederrad produziert wurde, gibt es alles in dem 250 Jahre alten Gebäude zu sehen. Sogar Hasenhaarschneide-Scheren gibt es neben unzähligen Werkzeugen. „Viele wissen nicht, wie früher hier gelebt und gearbeitet wurde“, so Hardt. „Dabei ist es wirklich spannend. Das wollen wir auch mit dem Kalender transportieren.“

Erhältlich ist der Kalender für 9,50 Euro ab sofort in der Buchhandlung Erhardt & Kotitschke (Schwarzwaldstraße) und direkt im Heimatmuseum, Schwanheimer Straße 17, das dienstags von 14 bis 17 Uhr geöffnet ist und das Lebensgefühl von einst mitvermittelt.

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