Nicht nur den Menschen zugewandt

Zum Tod der langjährigen FR-Redakteurin Anne Lorenc.
Ihr Ton war leicht und beschwingt, mit ironischen Spitzen verziert. Menschen konnte sie mit wenigen Worten treffsicher charakterisieren, Tiere und Pflanzen liebevoll beschreiben. Es war diese Zuwendung, die Anne Lorenc als Autorin unverwechselbar machte. Mehr als ein Vierteljahrhundert hat sie als Redakteurin mit ihren Texten die lokalen Seiten der Frankfurter Rundschau mitgeprägt, in Frankfurt ebenso wie etwa in Hanau. Jetzt ist sie gestorben, mit gerade einmal 74 Jahren.
Als junge Reporterin hatte sie die Auseinandersetzungen um die Baustelle der Startbahn-18-West des Frankfurter Flughafens beschrieben. Doch ihre wahre Bestimmung fand die Autorin, wenn sie in die Welt von Zoo, Palmengarten und Senckenberg-Museum eintauchte und sie für die Leserinnen und Leser lebendig werden ließ. Oder wenn Frankfurt als Stadt der Mode sichtbar wurde, nicht eben selbstverständlich. Dabei trat Anne selbstbewusst auf und manchem Macho nachdrücklich auf die Füße. Nicht zufällig erfand sie im Lokalteil die Glosse der Bastienne, als weibliches Pendant zum männlichen Bastian, der sich über Jahrzehnte auf der ersten Seite breitgemacht hatte.
Auch in der Redaktion, in der nicht einfachen Position der Blattmacherin, wusste sich Anne durchzusetzen. Ganz cool steuerte sie am Tisch das Werden der täglichen Lokalausgabe, zeigte Schreibern, die sich nicht einkriegen konnten, mit viel Witz ihre Grenzen auf.
Noch 2005, als die Frankfurter Rundschau ihr Stammgelände am Eschenheimer Turm aufgeben und umziehen musste, begleitete Anne mit Wehmut die Trennung vom geliebten FR-Gebäude mit der runden Ecke, vom Paternoster, dem sie als kleines Universum der täglichen Begegnung, als „Proletenbagger“ für die Männer in der Technik, ein Denkmal setzte.
Nach dem eigenen Abschied aus der FR-Redaktion Ende 2007 begann die Zeit als selbstständige Autorin. Anne Lorenc, die als Anne Borowski (mit dem Kürzel „abi“) bei der Rundschau begonnen hatte, war beliebt und bekannt in der Stadt. So, wie wir unsere Anne liebten in der Redaktion. Sie wird bei vielen Menschen unvergessen bleiben.