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Neuer Frankfurter OB Mike Josef: Ganz ohne Amtskette

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Von: Sandra Busch, Georg Leppert

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Mike Josef bei seiner ersten Pressekonferenz als OB – neben Büroleiterin Karin Fehres. Peter Jülich
Mike Josef bei seiner ersten Pressekonferenz als OB – neben Büroleiterin Karin Fehres (links) und Pressesprecherin Caroline Nützel. Peter Jülich © Peter Jülich

Am Vormittag hält Mike Josef seine erste Pressekonferenz als OB von Frankfurt ab, am Abend gibt es einen Empfang für ihn im Römer. Die Amtskette trägt er dabei nicht. 

Unter den Blicken von Revolutionärinnen hält Mike Josef (SPD) seine erste Rede als Oberbürgermeister im Kaisersaal im Frankfurter Römer. Die Porträts von 48 Frauen hängen derzeit dort auf langen Stoffbannern – und verdecken die Kaiser und Könige. „Wir schauen zu Frauen hinauf, Frauen, die sich für Demokratie, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit eingesetzt haben“, sagte Josef am Freitagabend. „Ich finde das ganz sympathisch.“ Er erinnerte an die starken Frauen in Afghanistan und dem Iran und dass es im eigenen Land bei der Gleichberechtigung noch viel zu tun gebe.

Am Donnerstagabend war Josef ins Amt eingeführt, am Freitag aus diesem Anlass zum Empfang in den Römer geladen worden. Für Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne), die das OB-Amt die vergangenen sechs Monate kommissarisch geführt hatte, war es „ein ganz besonderer Tag“, sagte sie im Kaisersaal. Sie, die aus dem Iran, Josef, der mit der Familie als Kind aus Syrien geflüchtet war, „haben eine Heimat in Frankfurt gefunden und dürfen mitgestalten“, sagte Eskandari-Grünberg. „Das ist eine große Ehre.“ Es sei wichtig, den Menschen in der Stadt Haltung, Stil und Respekt zu zeigen. „Das kann ich dir, Mike, mit auf den Weg geben.“

Für OB Mike Josef ist Frankfurt das Zuhause des DFB-Pokals

Josef sagte, er wolle, „dass wir zusammen Haltung zeigen, das ist ein Pfeiler unseres demokratischen Diskurses“. Haltung zeigen bedeute, für die eigene Position zu streiten „und dann gemeinsam zu entscheiden“. 14 Minuten sprach Josef im Kaisersaal unter den Blicken der Revolutionärinnen. Und denen seiner Familie und der weiteren Gäste im Saal. 2000 Menschen waren geladen gewesen, 800 hatten zugesagt.

Unter seiner Führung werde Frankfurt ein guter Nachbar sein, sagte Josef. Er wolle mit der Region zusammenarbeiten. Auch Partnerstädte lägen ihm am Herzen. „Eine muss ich allerdings enttäuschen“, sagte Josef. Und zwar Leipzig. Am 3. Juni. „Frankfurt ist das Zuhause des DFB-Pokals. Nicht Leipzig.“ Gelächter im Kaisersaal.

Schlange vorm Kaisersaal - alle wollen Mike Josef gratulieren

Eine Stunde lang stand nach der Rede noch eine lange Schlange vor dem Kaisersaal, um Josef zu gratulieren. Gast war auch Publizist Michel Friedman. Er erwarte „Führung und Profil“ vom neuen Oberbürgermeister, sagte er. Und durch Josef mit seiner Migrationsbiografie lasse sich dann doch die Frage anders beleuchten, ob Migration ein Problem sei oder eine unglaubliche Chance für dieses Land.

Ex-OB Petra Roth (CDU) erwartet von Josef „Standfestigkeit und weiterhin einen klaren Blick für demokratische Prozesse“. Kompromissfähig müsse er sein und seine eigenen Vorstellungen nicht verlieren. „Und ich traue ihm das zu.“ Für Kämmerer Bastian Bergerhoff (Grüne) stehen in der Stadt große Entscheidungen wie zum Standort der Bühnen, zum Kulturcampus und zum neuen Stadtteil an. Josef habe bereits angesprochen, „dass Entscheidungsprozesse zu lange dauern“, sagte er. „Ich finde es gut, wenn wir da besser werden.“

Erste Pressekonferenz als Frankfurter OB

Am Vormittag hatte Josef zu seiner ersten Pressekonferenz als Oberbürgermeister geladen. Der 40-Jährige stellte vor, welches Amt künftig bei welchem Dezernat angesiedelt ist (siehe Info-Box). Vorgesehen ist etwa eine Trennung von Presseamt und Hauptamt – eine Lehre aus dem AWO-Skandal, in dessen Mittelpunkt mittlerweile der wegen Korruptionsverdacht angeklagte Ex-Leiter des Hauptamts, Tarkan Akman, steht.

Neue Zuständigkeiten

Auf eine Umbildung des Magistrats verzichtet der neue Frankfurter Oberbürgemeister Mike Josef (SPD). Dennoch verschieben sich Zuständigkeiten innerhalb der Stadtregierung.

Verwaltung und Politik sollen so weit wie möglich getrennt werden. Deshalb gibt es in Josefs Dezernat vier eigenständige Ämter: Haupt-, Presse-, Sport- und Revisionsamt. Im Hauptamt und im Presseamt werden die Leitungsposten neu besetzt, die Ausschreibungen laufen demnächst an.

Das Referat für Internationale Angelegenheiten geht künftig in den Verantwortungsbereich der Dezernentin Eileen O’Sullivan (Volt) über. Gerade beim Thema Städtepartnerschaften werde er aber weiter mitreden, machte Josef deutlich. Er wünsche sich nicht nur unregelmäßige Besuche, sondern nachhaltige Beziehungen, sagte er.

Für City- und Stadtteilmarketing ist fortan Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) zuständig. geo

Zur Chefsache macht Josef die Zukunft der Paulskirche. Dafür holt er Beate Huf, bisher Büroleiterin im Planungsdezernat, ins OB-Büro. Kümmern soll sie sich sowohl um die Sanierung des Gebäudes als auch um die Pläne für das Haus der Demokratie. Dass das Haus – wie von einer Expertenkommission vorgeschlagen – auf dem Paulsplatz entsteht, ist für Josef „eine von mehreren Möglichkeiten“. In die Entwicklung des Ortes möchte er auch Schülerinnen und Schüler einbeziehen.

Bleibt die Frage nach der Amtskette. Die trug Josef weder beim Empfang noch bei der Pressekonferenz. Auch am Abend zuvor hatte er die Kette direkt nach seiner Ernennung wieder abgelegt. Seine erste Rede als OB hielt er ohne Halsschmuck. Er habe sich mit dem Protokoll und seiner Vor-Vorgängerin Petra Roth beraten und entschieden: Die Kette wird nur bei sehr besonderen Anlässen wie etwa Staatsbesuchen getragen. (Sandra Busch/Georg Leppert)

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