Auf Napoleons Spuren

Der Vereinsring im Frankfurter Stadtteil Nied arbeitet am Festprogramm zur 800-Jahrfeier im kommenden Jahr. Geplant sind drei Tage Party im September. Noch kann jeder Ideen einbringen.
Der Vereinsring rüstet sich für die 800-Jahr-Feier im kommenden Jahr. Nach wie vor sind alle eingeladen, Ideen zu entwickeln und Aufgaben zu übernehmen, sagt Hauke Hummel, der Vorsitzende des Vereinsrings. Die freiwillige Feuerwehr stellt historisches Gerät aus. Der Haus- und Grundbesitzerverein plant, alte Bilder vom Stadtteil zu zeigen. Der Heimat- und Geschichtsverein bringt eine Festschrift heraus und eine Stadtteilkarte der Sehenswürdigkeiten.
Ja, tatsächlich, Sehenswürdigkeiten. Die gibt es und zwar einige. Hauke Hummel ärgert es sehr, wenn die Leute seinen Stadtteil auf den – zugegeben unschönen – Blick aus der Tram auf die Mainzer Landstraße reduzieren. Da wäre die schmucke Eisenbahnersiedlung, die nicht nur für den jährlichen Weihnachtsmarkt eine prima Kulisse bildet.
Da wäre das alte Rathaus und die Gaststätte Grüner Baum, das älteste Gebäude des Stadtteils. Oder die imposanten Kirchen. Über die Niddabrücke, die Verbindung zwischen Alt-Nied und Bolongarostraße, ist schon der legendäre französische Feldherr Napoleon Bonaparte spaziert. Und lange davor die Römer, also über ein ähnliches Bauwerk an gleicher Stelle.
Eigentlich ist es Unsinn, 800 Jahre Nied zu feiern. Immerhin haben bereits die Kelten 800 Jahre vor Christus an der Mündung von Nidda in den Main gesiedelt. Und aus 3000 vor Christus ist eine jungsteinzeitliche Siedlung überliefert. Indes: Die damaligen Bewohner haben kein offizielles Schriftstück hinterlassen. Das erste derartige Zeitzeugnis hat der Mainzer Erzbischof Siegfried II. formuliert. Es datiert vom 21. Februar 1218 und ist eigentlich auch kein Grund zu feiern, bestätigt es doch Rechte des Mainzer Mariengredenstift auf die Kirche zu Nied und den Zehnten – also auf Steuereinnahmen.
Davon lassen sich die Nieder ihr Jubiläum aber nicht vermiesen. Am 21. Februar gibt es eine Feierstunde mit geladenen Gästen im Saalbau. Das große Fest für den ganzen Stadtteil geht vom 7. bis 9. September. Einfach, weil der Vereinsring sein Sommerfest immer am zweiten Samstag im September feiert.
Diesmal ist es nur größer als sonst. Drei Tage feiern die Nieder, auf dem Hof der Panoramaschule, nicht der Niddaschule. Da ist mehr Platz. Am Freitag läuft ein Theaterprogramm mit dem Volkstheater. Der Samstag bildet das klassische Sommerfest der Vereine. Nied hat ein reges Vereinsleben, 46 sind im Vereinsring angemeldet. Beim Sommerfest stellen sie sich vor, bestücken das Programm. Auch Livemusik soll es auf der Bühne geben.
„Wir wollen ein kulturell buntes Programm anbieten“, sagt Hummel. Eines, das die verschiedenen Gruppen im Stadtteil zusammenbringt. „Gemeinschaft herstellt.“ Das ist gar nicht so einfach. Der Stadtteil ist recht heterogen. „Auf den Festen trifft man immer die selben Leute“, sagt Hummel. Was schön ist, aber irgendwie würde er gerne auch einige von den anderen Niedern erreichen. Immerhin leben „fast 20 000 Menschen hier“.
Darum möchte der Vereinsringsvorsitzende die Identifikation mit dem Stadtteil stärken. „So entsteht automatisch Gemeinschaft“, sagt er. Die Leute sollen sich nicht nur nach Höchst oder Frankfurt orientieren – was dank der hervorragenden Anbindungen über S-Bahn, Tram und Bus, sehr leicht fällt. „Dabei gibt es in Nied viel zu entdecken.“
Natur zum Beispiel. Hummel kennt sich aus, er ist „in spuckweite“ des Mains aufgewachsen, wandelt liebend gerne durch den Niedwald, einen „der letzten Auenwälder“. Zur 800-Jahr-Feier gibt es darum eine Neuauflage des Stoffbeutels „Nied im Grünen“. Vor fünf Jahren hat der Vereinsring die Tragetasche als Imagekampagne herausgebracht, sie ist schnell vergriffen gewesen. Die Neuauflage ziert ein anderes Motiv – die Stadtteilsilhouette vom anderen Niddaufer aus betrachtet. 100 Nieder haben den Beutel bereits vorbestellt.
Zum Festsonntag ist ein Frühschoppen geplant, womöglich ein Umzug. Da muss Hummel noch die Route klären. Kein Bus soll Umleitungen fahren müssen. „Das ist zu teuer“, sagt Hummel.
Zum Abschluss möchte der Vereinsring 800 Luftballons aufsteigen lassen. Hummel lächelt gequält. Gleichzeitig dürfen sie nicht starten, die Flugsicherung des Frankfurter Airports erlaubt nur 100 Luftballonstarts pro Stunde. „Wir müssen das vielleicht ein bisschen aufteilen“, sagt Hummel. Wenn das Napoleon wüsste.