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Musiker Isolée: „Ich möchte Raum für Fantasie lassen“

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Von: Thomas Stillbauer

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Blick ins Momem.
Blick ins Momem. © Rolf Oeser

Isolée alias Rajko Müller über seine Musik, die zum „Meilenstein“ im Museum wird, witzige Songtitel und die Anfänge des Elektronik-Genres.

Isolée, Ihre leichtfüßige, flirrende Single „Beau Mot Plage“ von 1998 ist jetzt ein „Milestone“, ein Meilenstein in der Momem-Ausstellung – wie stolz sind Sie?

Da freue ich mich schon drüber. Es ist ja ein Klassiker, es wurde unter die besten 30 House-Tracks aus den 90ern gewählt, aber dass es jetzt noch mal im Museum geehrt wird, das hat ja etwas geradezu Offizielles. Und es ist eines meiner sehr frühen Stücke. Schön, dass es jetzt so etwas Zeitloses bekommt.

Woher kommt der Tracktitel?

Als ich ein Kind war, hat meine Familie in Algerien gelebt, da gab es einen Strand: Bomo Plage. Ich habe mir dann diesen Spaß daraus gemacht.

„Schöner Wortstrand“, übersetzt, ein feines Wortspiel. Wie fallen Ihnen generell Ihre Songtitel ein, etwa „Mädchen Mit Hase“ oder „Der Geruch Von Gummi In Meiner Taucherbrille“?

Rajko Müller alias Isolée.
Rajko Müller alias Isolée. © Privat

Beim ersten Album haben viele Sachen einen Bezug zu meiner Kindheit in Algerien. Der Titel „Mädchen Mit Hase“ stammt aber von einer Bahnfahrt, da wurde im Bahnkatalog ein Spielzeug für Kinder angepriesen.

Wie haben Sie „Beau Mot Plage“ aufgenommen damals? Hat man vor 25 Jahren ganz andere Geräte verwendet als heute?

Ich habe damals in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofs in einer WG gewohnt und mir Geräte zusammengeliehen von verschiedenen Leuten, auch von Ata …

… dem DJ, später Clubchef im Offenbacher „Robert Johnson“ …

… und hatte dann ein Studio im dritten WG-Zimmer. Ich habe auch einen Computer benutzt, aber die Musik auf eine DAT-Kassette aufgenommen.

Und die Musik selbst, womit ist die gemacht?

Mit verschiedenen Synthesizern und Drum Machines.

Mit Sachen, die Sie heute immer noch benutzen?

Inzwischen sind die Möglichkeiten ja grenzenlos, die Geräte sind kleiner, aber insgesamt ist es noch sehr ähnlich. Früher habe ich die Aufnahmen im Mischpult zusammenlaufen lassen und hatte am Ende ein Stück. Heute habe ich alles im Rechner und baue das da weiter.

Einige Stücke klingen, als wäre eine regelrechte Gitarre drin.

Die kommt immer wieder vor. Bei „Beau Mot Plage“ ist es ein Synthesizer, der mit Effekten diesen gitarrenartigen Sound schafft, aber für andere Stücke habe ich tatsächlich Gitarren gesampelt. Das ist auch der Versuch, einen organischen Pfad einzubauen.

Zur Person & zum Momem

Rajko Müller , 52, international bekannt geworden unter dem Namen Isolée, komponiert und produziert elektronische Musik. In Frankfurt und Algerien aufgewachsen, lebt er inzwischen in Hamburg. Sein Genre, sogenannte House-Musik, war ein Vorläufer des Techno-Stils mit prägnanten Rhythmen aus dem Schlagzeugcomputer (Drum Machine), ohne Gesang. House klingt leichter, verspielter, weniger maschinell als Techno, auch wenn beide Stile inzwischen schwer voneinander zu unterscheiden sind.

Das Museum für Moderne Elektronische Musik in der Zwischenebene der Hauptwache feiert bis zum 1. Juni in der Ausstellung „Milestones“ die Meilensteine dieses Musikstils. Begleitet wird die Schau von DJ-Workshops, Synthesizer-Seminaren, Film- und Musikabenden.

Die OB-Kandidat:innen Manuela Rottmann (Grüne), Mike Josef (SPD) und Uwe Becker (CDU) sind am Dienstag, 7. Februar, 15 bis 17 Uhr im Momem, um unter dem Titel „Quo vadis Frankfurt? – Clubkultur und Innenstadtbelebung“ über ihre Positionen zu sprechen. Der Eintritt für das Publikum ist frei, Tickets unter momem.org/tickets

Haben Sie damals an bestimmte Clubs gedacht, in denen das Stück laufen sollte?

Unterbewusst schon. Ich bin ja clubben gegangen, Clubmusik hat mich beeinflusst. Aber das Stück tanzt schon ein bisschen aus der Reihe, auch für die damaligen Verhältnisse. (lacht) Man ging donnerstags in die House-Disco. Ich denke, dass ich gewisse Hörsituationen im Kopf hatte im Club, aber auch für den Zuhausehörer.

War das die Zeit des „Cocoon“-Clubs?

„Cocoon“ war Sven Väth, oder? Nee, das war so die Zeit „Wild Pitch Club“, donnerstags immer, das war so ein House-Abend, woraus dann später auch das „Robert Johnson“ hervorgegangen ist. Ich war nicht so ein Techno-Clubgänger, nicht so was wie das „Omen“, sondern mehr in dieser House-Welt unterwegs.

Wie soll Ihre Musik klingen, was wäre ein Wort dafür?

Der legendäre DJ und Momem-Mitgründer Talla2xlc mit ebenso legendären Synthesizern in der aktuellen Momem-Ausstellung.
Der legendäre DJ und Momem-Mitgründer Talla2xlc mit ebenso legendären Synthesizern in der aktuellen Momem-Ausstellung. © Rolf Oeser

Eigentlich vermeide ich das gern. Schön, wenn andere das machen. Ich finde es gut, wenn es offenbleibt, damit andere Raum für ihre Fantasie haben.

Wie ging es los? Wie wird man Elektromusik-Star?

Ich habe kein Musikinstrument gelernt. Anfangs haben wir auf so einer Heimorgel experimentiert, ein Schulfreund und ich. Wir waren 15 oder 16, große Depeche-Mode-Fans und haben erst mal angefangen mit so einem Sound. Da gab es noch gar keine House-Musik, zumindest nicht in meiner Welt. Man hatte seine Lieblingsbands, und dann gab es sonntagnachmittags einen Club, in dem Talla2xlc aufgelegt hat.

Die Reihe hieß „Technoclub“. Lief im Steinweg, im „No Name“.

Da bin ich als 18-Jähriger hingegangen, das hat gut gepasst, das ging nur bis 22 Uhr. (lacht) Dann bin ich irgendwann abgewandert, war lange Zeit in der Batschkapp. Ich habe mich nicht besonders für Grunge begeistert, aber das lief da halt, und Indie-Musik. Erst später bin ich dann zurück auf elektronische Musik und habe dann auch angefangen mit diesen frühen Sachen. Eine Drum Machine gekauft, und dann war es ein bisschen Glück, dass mein älterer Bruder sich auch dafür interessiert und Geräte gekauft hat, Klassiker in der Entwicklung von Techno – etwa ein Roland Juno 106 oder ein SH-101. Ich habe versucht, so einen Clubsound zu machen. Auf Kassetten aufgenommen, Leuten vorgespielt, und so kam das dann zustande.

Sie machen heute noch Musik. Lässt es sich davon leben?

Ja, ich lebe von Musik im weitesten Sinne, auch wenn das in der Pandemie total zum Erliegen gekommen ist. Ich lege nicht auf, ich spiele ja immer live. Damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt, man verkauft auch mal was, und es werden Produktionen von mir lizensiert, dafür gibt es auch ab und an Geld.

Was sind die nächsten Pläne?

In diesem Jahr geht es darum zu schauen, ob alles wieder in Gang kommt. Ich will auch 2023 ein neues Album rausbringen. Diesmal mache ich das komplett selber, ich habe extra ein Label dafür gegründet. Sehr nervenaufreibend! Ich hatte bisher nicht so den Hang zum Unternehmertum.

Interview: Thomas Stillbauer

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