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Murmeltiertag im Frankfurter Römer

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Von: Georg Leppert

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Das Bahnhofsviertel ist ein Kriminalitätsschwerpunkt in Frankfurt.
Das Bahnhofsviertel ist ein Kriminalitätsschwerpunkt in Frankfurt. © dpa

Wieso sich die Koalition so schwer damit tut, eine Waffenverbotszone für das Bahnhofsviertel zu beschließen.

Es ist ein Schauspiel, das sich Monat für Monat wiederholt. Auf der Tagesordnung des Sicherheitsausschusses der Stadtverordneten steht der Antrag der CDU zur Waffenverbotszone. Diese soll nach Willen der Christdemokraten im Bahnhofsviertel und in Teilen der Innenstadt gelten. Messer und anderes, was grundsätzlich erlaubt ist, wären dann dort verboten. Die Regierungskoalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt sorgt mit ihrer Mehrheit im Ausschuss dafür, dass die Vorlage vertagt wird. Martin-Benedikt Schäfer von der CDU kritisiert das. Die Koalition rechtfertigt sich. Das Thema brauche eben Zeit, sagt etwa Anna Pause (SPD), eine frühere Polizistin. Danach geht der Ausschuss zum nächsten Thema über. So läuft das seit Oktober 2022. Damals hieß der Oberbürgermeister noch Peter Feldmann (SPD).

Nun ist die Frage nach einer Waffenverbotszone in der Tat nicht mit einem Satz zu beantworten. Ja, das Bahnhofsviertel ist ein Kriminalitätsschwerpunkt, und auch die Polizei hält eine solche Zone für sinnvoll. Allerdings sind Erfahrungen aus anderen Städten ernüchternd. In Leipzig etwa wurde die 2018 eingeführte Waffenverbotszone gerade wieder abgeschafft. Und was ist in einem solchen Gebiet eigentlich alles verboten? Auch das Pfefferspray, das viele Frauen zu ihrem Schutz mit sich führen

Ordnungsdezernentin ist für Waffenverbote

Trotzdem müsste sich die Koalition bei dem Thema nicht derart lange aufhalten. Sie hätte den CDU-Antrag längst ablehnen können, weil eine Waffenverbotszone, die nicht nur das Bahnhofsviertel umfasst, sondern auch den Bereich zwischen Hauptwache, Zeil, Konstablerwache und Allerheiligenviertel nicht verhältnismäßig wäre und vor Gericht keinen Bestand hätte, wie Uwe Schulz (FDP) in der Sitzung am Montag ausführte. Gleichzeitig hätte die Koalition einen eigenen Antrag für eine räumlich begrenzte Verbotszone auf Probe stellen können. Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) kann sich eine solche Zone jedenfalls gut vorstellen.

Dass sich das Parlament so schwer damit tut, Fakten zu schaffen, liegt nicht an der Komplexität des Themas, wie die Koalition ständig anführt. Es liegt an emotional geführten Diskussionen innerhalb der Fraktionen und auch an der OB-Wahl.

Gerade bei den Grünen tut man sich nicht leicht, für eine solche Zone zu stimmen. Die Fraktion ist nach der Kommunalwahl im Jahr 2021 politisch nach links gerückt, und viele Stadtverordnete sehen nicht ein, der Polizei einfach ein neues repressives Instrument an die Hand zu geben.

Sorge vor Racial Profiling

Emre Telyakar etwa, der gemeinsam mit Christoph Rosenbaum bei den Grünen die Sicherheitspolitik bearbeitet, erzählte vor ein paar Monaten im Ausschuss, wie er einst in eine offenbar überzogene Polizeikontrolle geriet. Eine Waffenverbotszone, so argumentieren manche Grüne, schaffe die Rechtfertigung für anlasslose Kontrollen. Das wiederum könne zu Racial Profiling führen – dem Phänomen, das besonders migrantisch aussehende Menschen von der Polizei kontrolliert werden.

Ganz ähnlich argumentiert die Linke um ihre OB-Kandidatin Daniela Mehler-Würzbach. Aber mit der Linken sind die Frankfurter Grünen halt nicht in einer Koalition.

Doch auch bei der SPD wird das Thema kontrovers diskutiert. In den Reihen der Sozialdemokraten findet sich zum Beispiel Omar Shehata. Der Stadtverordnete hatte im Sommer eine Petition gestartet, um Stefan Müller als Polizeipräsidenten zu verhindern, weil der einst das rassistische N-Wort benutzt hatte. Auch seine Begeisterung für neue Möglichkeiten für die Polizei hält sich in Grenzen.

Wie weit links dürfen die Grünen stehen?

Letztlich geht es bei der Diskussion um die Waffenverbotszone auch um die Frage, wie weit links die Grünen und die SPD in einer Koalition mit der FDP stehen können. Und es gäbe kaum einen schlechteren Zeitpunkt, diese Diskussion öffentlich zu führen als kurz vor der OB-Wahl. Die OB-Kandidat:innen Manuela Rottmann (Grüne) und Mike Josef (SPD) sprechen sich für eine Waffenverbotszone aus – ebenso wie Yanki Pürsün von der FDP, der schon öffentlich Druck gemacht hat, man sollte doch jetzt mal einen Beschluss fassen. Ihnen möchte niemand in den Rücken fallen. Gleichzeitig wissen gerade die Grünen auch um ihre innerparteilichen Konflikte bei Fragen von Polizei und Sicherheit.

Bliebe noch die Möglichkeit, den CDU-Antrag als zu weitgehend abzulehnen und sich erst nach der OB-Wahl wieder mit dem Thema zu befassen. Das fordert FDP-Mann Schulz. Doch ein solches Vorgehen wäre eine Steilvorlage für Uwe Becker, den OB-Kandidaten der CDU. Er würde direkt behaupten, die Koalition kümmere sich nicht ums Bahnhofsviertel.

Und so bleibt nur die Gewissheit, dass das Thema auch bei der nächsten Sitzung des Sicherheitsausschusses auf der Tagesordnung stehen wird. Ob vor der Sommerpause noch eine Entscheidung getroffen wird, bleibt abzuwarten.

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