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Mozart und der Struwwelpeter

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Von: Meike Kolodziejczyk

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Die Alte Oper ist die Spielstätte der Konzerte mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester. Wolfgang Runkel
Die Alte Oper ist die Spielstätte der Konzerte mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester. Wolfgang Runkel © Wolfgang Runkel

Ein Universaltalent als Museums-Solist, ein neues Festival und der Abschied von Sebastian Weigle: Viele Besonderheiten gibt es in der nächsten Saison der Frankfurter Museumskonzerte

Mehrfach ist die Rede von „Frankofortensien“, denen in der nächsten Saison musikalisch Tribut gezollt werden soll. Doch bevor die Frankfurter Museumsgesellschaft in der mondänen Villa Bonn nahe dem Palmengarten ihr Konzertprogramm für die Spielzeit 2022/2023 vorstellt, wirft sie einen Blick zurück auf die vergangenen zwei Jahre, die Jahre der Pandemie. Diese Zeit sei „künstlerisch und wirtschaftlich schwer“ gewesen, sagt der Vorsitzende Burkhard Bastuck. Seit 2020 hätten die Museumskonzerte in der Alten Oper ein Drittel ihrer Abonnent:innen verloren. „So ein erheblicher Schwund ist für eine Abonnementreihe natürlich schwierig.“ Doch es gehe aufwärts, sagt Bastuck. „Wir haben Corona-Hilfen in Anspruch genommen, die Stadt unterstützt uns.“ Eine Kampagne soll gestartet werden, um Abonnent:innen zurück und neu zu gewinnen.

In jedem Fall werde die kommende Saison „eine sehr besondere“ werden, verspricht Anita Strecker vom Vorstand der Museumsgesellschaft. Zunächst deswegen, weil sie den Abschied von Sebastian Weigle als künstlerischem Leiter der Museumskonzerte markiert.

Im September 2008 dirigierte er erstmals das Opern- und Museumsorchester, 2023 wird der Generalmusikdirektor der Oper Frankfurt die Stadt nach 15 Jahren verlassen und seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Berlin verlegen, wie er sagt. Das falle ihm nicht leicht, weil es „einfach wunderbar ist, mit diesem besten und nettesten Orchester, das man sich vorstellen kann, zusammenzuarbeiten“. Immerhin: Eine Saison liegt noch vor ihm, und er sei froh, „dass wir überhaupt wieder gemeinsam auftreten können“.

Die Saison 2022/23

In der Saison 2022/2023 bietet die Frankfurter Museums-Gesellschaft etwa 50 Konzerte, davon 20 Sinfoniekonzerte, fünf Familienkonzerte und zwei Weihnachtskonzerte, in der Alten Oper, Opernplatz 1.

Das erste Sinfoniekonzert gestaltet die Pianistin Claire Huangci unter Leitung von Jader Bignamini am Sonntag, 18. September, 11 Uhr, und am Montag, 19. September 20 Uhr.

Konzertkarten gibt es ab sofort im Vorverkauf, Informationen über die verschiedenen Abonnements sowie die Programmbroschüre finden sich auf der Homepage der Museums-Gesellschaft, die 1808 als „Musenverein“ zur Pflege und Förderung der Literatur, bildenden Kunst und Tonkunst in Frankfurt gegründet wurde. myk

www.museumskonzerte.de

In fünf Konzerten präsentiert Weigle mit dem Museumsorchester erneut Werke von Komponisten, mit denen er seine Frankfurter Zeit geprägt hat. So wird am 23. und 24. Oktober der große Gustav-Mahler-Zyklus abgeschlossen – mit der neunten Sinfonie, die Abschied und zugleich Aufbruch verkörpert. Beim Konzert am 26. und 27. März 2023 steht „Dreimal Richard Strauss“ auf dem Programm, dessen Werk Weigle systematisch erarbeitet hat. Sein Abschiedskonzert gibt der Dirigent schließlich am 18. und 19. Juni mit Solisten der Oper und den vier großen Chören der Stadt und setzt den Schlusspunkt hinter seinen Anton-Bruckner-Zyklus. In zwei weiteren Museumskonzerten widmet er sich Rachmaninow und Tschaikowsky (13./14. November) sowie Wagner, Liszt und Saint-Saëns (21./22. Mai 2023).

Eine andere große Besonderheit der nächsten Saison ist der Museumssolist, „der universell Begabte“, wie Kit Armstrong im Programm genannt wird. Der 29-Jährige gilt nicht nur als einer der orginellsten Pianisten, Organisten und Komponisten seiner Generation, er hat zudem Mathematik und Chemie studiert und arbeitet derzeit an seiner Dissertation über künstliche Intelligenz. Am 9. Oktober eröffnet er den Museumssalon mit einer Reise durch 500 Jahre Klaviermusik. Am 19. Januar 2023 spielt er mit dem Aris-Quartett als Frankfurter Uraufführung ein von ihm komponiertes Klavierquintett.

Besonders aber ist ein Projekt, in dem sich Kit Armstrong dem Struwwelpeter widmet, gemeinsam mit Schüler:innen des Lessing-Gymnasiums. Diese dichten neue Geschichten zu denen von Heinrich Hoffmann dazu, die besten vertont der Museumssolist, um sie bei einem Familienkonzert am 21. Mai 2023 uraufzuführen. „Der Struwwelpeter ist ja Frankfurt pur“, sagt Andreas Odenkirchen, Vizevorsitzender der Museumsgesellschaft, und bringt die „Frankofortensien“ ins Spiel. Die nämlich „liegen uns sehr am Herzen“.

Goethe darf wohl getrost dazu gezählt werden; seine Lieder wird Armstrong mit dem Sänger Benjamin Appl am 11. Oktober darbieten. „Eine Frankofortensie, die wir absichtlich ins Programm genommen haben“, sagt Odenkirchen, ist der Komponist Joachim Raff, Wahlfrankfurter und Gründungsdirektor des Hochschen Konservatoriums. Seine Sinfonie „Im Walde“ spielt die Geigerin Alena Baeva neben weiteren Stücken am 11. und 12. Dezember.

Im Falle Mozarts von einer Frankofortensie zu sprechen, wäre indes etwas vermessen, „obwohl er schon sehr zu Frankfurt gehört“, meint Burkhard Bastuck. Mozart weilte nachweislich zwei Mal in der Stadt, die Oper – heute die Alte Oper – wurde 1880 mit seinem „Don Giovanni“ eröffnet. Nun steht er Pate für ein neues, ebenfalls besonderes Festival. „Mainly Mozart“ heißt es in einem Jahr, wenn vom 22. bis 30. April 2023 an mehreren Spielorten ein Programm geboten wird, das das Schaffen Mozarts thematisiert. Fünf Frankfurter Kulturinstitutionen – Museumsgesellschaft, Alte Oper, Oper, HR-Bigband und HR-Sinfonieorchster – haben sich zusammengetan, um das Festival zu organisieren. Es soll nach dem Debüt alle zwei Jahre ausgerichtet werden und immer einem anderen Komponisten gelten. Der Titel „Mainly...“ versteht sich übrigens als Anspielung auf den Fluss, der die Stadt durchquert – und damit zweifelsohne eine Frankofortensie ist.

Ein Solist mit vielen Talenten: Kit Armstrong. Jean-François Mousseau
Ein Solist mit vielen Talenten: Kit Armstrong. Jean-François Mousseau © Jean-François Mousseau
Seine letzte Saison in Frankfurt: Sebastian Weigle. Wolfgang Runkel
Seine letzte Saison in Frankfurt: Sebastian Weigle. Wolfgang Runkel © Wolfgang Runkel

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