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Mit dem Körper sprechen

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Elisabeth-Marie Leistikow und ihre Kollegin Daniela Krabbe (v.l.) im Theaterstück „Aus meinem Fenster fliegt ein Traum“.
Elisabeth-Marie Leistikow und ihre Kollegin Daniela Krabbe (v.l.) im Theaterstück „Aus meinem Fenster fliegt ein Traum“. Katrin Schander © Katrin Schander

Die Compagnie Augenmusik macht Theater für gehörlose Kinder. Von Alina Schunk.

Ein stiller Raum. Worte aus Licht und Bewegung. Eine Sprache hinter den gesprochenen Worten. Mit dem Stück „stille.wasser“ begann die Reise der inklusiven Theatergruppe Compagnie Augenmusik, die für gehörlose Kinder Theater produziert.

Damals, im Jahr 2013, wurde das Projekt der freien Theatermacherin Daniela Krabbe vom Theaterhaus Frankfurt anvertraut. „Ich wurde damals gefragt, ob ich die Regie übernehmen möchte, und das habe ich mir nicht zweimal sagen lassen“, sagt Krabbe und lacht. Schnell entstand aus dem Projekt die Compagnie, die nun seit zehn Jahren die Kinder-Theaterszene Frankfurt mitprägt. Zahlreiche Stücke mit und für gehörlose Kinder sind entstanden.

Um das Publikum anzusprechen, verwendet die Compagnie zusätzlich zu Körperbewegungen auch Gebärdensprachpoesie. Schwungvoll formt Krabbe ihre Finger zu einem „F”, das zusammen mit einer anderen Hand zu einem fliegenden Schmetterling wird.

„Aus den Buchstaben entstehen Figuren. So können wir mit unseren Körperbewegungen das Fliegen lernen“, erklärt sie. Wichtig sei ihr vor allem die Abgrenzung zur Wortsprache, denn die Compagnie verwendet ausschließlich nonverbale Kommunikationsmittel. Um Inklusion zu gewährleisten, wird durch die Gebärdensprachpoesie eine neue Sprache geschaffen, die die beiden Publikumswelten miteinander verbindet – die der Gehörlosen und die der Hörenden.

Die Serie

Die Autorin hat das Fortbildungsprogramm Buch- und Medienpraxis an der Goethe-Universität Frankfurt besucht. Die FR kooperiert mit der Buch- und Medienpraxis. Der Beitrag ist in einem Journalismus-Kurs entstanden, den FR-Redakteur Florian Leclerc leitet. FR

Hierbei fällt auf, wie schwer es den hörenden Schauspieler:innen fällt, die Sprache abzuschalten und dem Körper die Kommunikation zu überlassen. Ein weiterer Aspekt, der nicht zu unterschätzen ist: die bilinguale Regiearbeit. „Ich arbeite mit zwei Sprachen und muss zwischen diesen beiden Sprachen dolmetschen“, stellt Krabbe fest.

Sie selbst ist bilingual aufgewachsen. Da ihre Eltern und ihre Schwester gehörlos sind, ist die Gebärdensprache ebenso ihre Muttersprache wie Deutsch. „Deswegen wollte ich auch Theater für gehörlose Kinder machen“, so Krabbe. Gerade in der Theaterwelt gebe es zu wenige Formate, die gehörlose Kinder ansprechen.

Mit glänzenden Augen berichtet die Theatermacherin über ein Herzensprojekt innerhalb der Compagnie: die Projektwochen. Hier erschaffen gehörlose und hörende Kinder gemeinsam ein Theaterstück, das nach einer Woche intensiven Probens im Theaterhaus Frankfurt in der Schützenstraße aufgeführt wird. Auch hier ist das komplette Spiel nonverbal – eine Erfahrung, die hörende Kinder hier oftmals zum ersten Mal erleben und die einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. „Inklusives Theater sollte unbedingt weiter gefördert werden“, betont Krabbe. „Und niemals nur ein Trend sein“, fährt sie fort und spielt dabei auf so manche Trendbewegung im kulturellen Spektrum der Inklusion an. Dabei sei es wichtig, dass die Betroffenen stets im kreativen Prozess mitmachen können. „Erst eine Kommunikation auf Augenhöhe erschafft Authentizität“, sagt Krabbe. Und das möchte die Compagnie unbedingt erreichen.

Kommendes Jahr soll ein neues Stück im Theaterhaus aufgeführt werden. Worum es sich drehen wird, ist noch nicht bekannt, doch auch diesmal wird der Fokus auf inklusiven Publikumswelten liegen. Dieses Jahr kümmert sich Daniela Krabbe vorerst um ihr neues großes Projekt: ihre kleine Tochter.

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