„Tour de France“ in Frankfurt? Ministerpräsident Rhein wünscht sich Etappe
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) wünscht sich eine Tour-de-France-Etappe in Frankfurt. Er ist selbst leidenschaftlicher Radfahrer.
Frankfurt – Der Platz vor der Alten Oper in Frankfurt bietet an diesem Radklassiker-Feiertag (1. Mai) große und kleine Bühnen. Und der Ministerpräsident nutzt die große Chance, nach getaner Arbeit auf dem Rad und Scheckübergabe an die „Förderung des Radsports GmbH“ mal richtig einen rauszuhauen. Wäre doch ein „ambitioniertes Ziel“, mal wieder eine Etappe „Tour de France“ in Frankfurt zu haben. Am Morgen ist Landesvater Boris Rhein (CDU) mit rund 8000 anderen in Eschborn aufs Rennrad gestiegen und hat das Jedermann-Rennen absolviert, die kleine Schleife über 40 Kilometer. Frisch geduscht träumt der leidenschaftliche Radfahrer laut von der Tour de France am Main.
Die Bühne Opernplatz ist für alle da. Wirklich Pech, dass André Greipel schon da war und sich nicht lumpen ließ. Da gab’s für den Rest nur noch Trostpreise beim Wattbewerb auf dem Standrad. Greipels Marke ist eine Mauer, selbst der hoffnungsvollste Nachwuchs kann da nur bis zur Hälfte ungefähr mithalten. Der ehemalige Profi, einer der besten Straßensprinter seiner Generation, schafft auch im Ruhestand noch 1506 Watt auf den Pedalen, eine unglaubliche Zahl für Hobbyradler.

Ministerpräsident wünscht sich Tour-de-France-Etappe in Frankfurt: Lust auf Erfolge ist da
Ist denen aber ziemlich egal, es gibt so viel zu sehen im Erlebnispark Opernplatz, die Aufmerksamkeit gilt eher den Sternchen als den Stars. Die Elite wird beim ersten Vorbeikommen an der Alten Oper freundlich beklatscht, aber die Musik spielt auf dem Vorplatz zum „Wahren Schoenen Guten“, ziemlich laut sogar. Am 1. Mai wird aus dem Opern- ein Rummelplatz, der große Sport rückt erst beim finalen Showdown am späten Nachmittag in den Mittelpunkt.
Am Straßenrand im Schatten der Alten Oper macht sich Nico Huber fit für sein Rennen. Sein Rennrad steht auf Rollen, er fährt im Stand. Das fördert die Konzentration, sagt sein Trainer Hans Schleicher, ein alter Fuchs und „Urgestein“ in diesem Metier, der Mann mit dem Kopftuch und den tiefen Furchen im Gesicht. Das verrät Nicos Vater Christian, des Trainers Tochter Regina war nämlich 2005 Weltmeisterin auf der Straße mit dem Rad. Die drei sind aus Karbach in Franken gekommen, die letzten 80 Kilometer vom Spessart mit dem Rad. Damit der 15-jährige Nico am Renntag bereit ist für die 42 Kilometer der U 17.
Johanna Röhrig hat da schon längst Feierabend, die U 15 ist früh dran; die 14-Jährige von Blau-Weiss Buchholz bei Hamburg braucht nur 53 Minuten für fast 30 Kilometer und steht mit Silbermedaille um den Hals und in lila Badelatschen hochzufrieden am Straßenrand. Auf dem Hinweg nach Frankfurt ist sie am Tag zuvor schnell mal in Hannover aufs Rad gestiegen und Niedersächsische Landesmeisterin im Zehn-Kilometer-Einzelzeitfahren geworden. „Ja, hat Spaß gemacht“, sagt sie bescheiden, aber Lust auf große Erfolge hat sie schon auch.

Tour-de-France-Etappe in Frankfurt: Stadt zeigt, dass sie Radrennen kann
Timo hat keine Lust auf Rennen. Sagt der Siebenjährige im blauen Trikot völlig im Brustton der Überzeugung zu der Moderatorin auf der großen Bühne, die von allen anderen kleinen Jungs zuvor nur ein „Ja“ auf die gleiche Frage gehört hat. Wettkämpfe sind ihm so unwichtig wie den umjubelten Stars des Laufradrennens, das sogar live im Fernsehen übertragen wird. Die wollen einfach nur Spaß haben und freuen sich über ihre Medaille nach dem kurzen Sprint auf der Zielgeraden.
Im „Energiegarten“ eines großen Energieversorgers dürfen sonnenbebrillte Mini-Kids im Mini-Tesla E-Auto fahren, weil sie fürs Fahrrad noch zu klein sind. Da scheinen die väterlichen Anleiter mitten auf der Piste mehr Spaß am Boliden zu haben als die Fahrer:innen. Hohoho, über den Werbespruch am E-Roller „Handgas ohne Musik“ lacht keiner. Drei Schritte weiter zeigt ein ordentlich tätowierter junger Mann im schwarzen T-Shirt und mit stylischer Rollmütze, was man mit einem BMX-Rad auf ungefähr 30 Quadratmeter Fläche immer schön im Kreis herum und dann noch mal um sich selbst kreiselnd so alles anstellen kann. Papa und Tochter, erst noch hinter dem Flatterband begeistert, dürfen dann auch mal ran – in Zeitlupe.
Im Becken des für diesen Tag entweihten und vom Wasser befreiten Lucae-Brunnens zeigen David und Max vom RSC Höchst, was so alles beim Kunstradfahren auf federleichten Rädern möglich ist, und machen Werbung für ihr sportliches Geschäft. Die „Radsportler von morgen“ (Werbung) toben sich nach langer Wartezeit in einer Riesenschlange auf dem „Joy of moving“-Kurs mit Fahrzeugen vom Laufrad bis zum Trekking-Bike aus, während Polizisten gechillt aneinander gelehnt an diesem für sie ruhigen Tag das Treiben gelassen beobachten. „Wo die nur alle herkommen“, sinniert ein älterer Mann am Wegesrand. Nur im innersten Kern dieses 1. Mai-Radklassiker-Hotspots am Rand des finalen Rundkurses der Profis scheinen es Hunderte zu sein. (Jürgen Streicher)
Das sind die Trends vom Fahrradfrühling 2023 in Frankfurt.