Medienkompetenz schon im Kindergarten vermitteln

Die Frankfurter Expertin Beate Kremser fordert frühzeitige Präventionsmaßnahmen. Auch das Land müsse beim Lehrplan Verbesserungen vornehmen.
Bei einem ist sich Beate Kremser sicher: Wenn man Kindern erst in der fünften Klasse Medienpädagogik vermittelt, sei das Kind längst in den Brunnen gefallen. Die Frau vom Team Politische und Kulturelle Bildung im Frankfurter Jugend- und Sozialamt ist der Meinung, dass es in der Grundschule bereits ein Fach Digitale Medien geben müsse. Die Vermittlung von Medienkompetenz müsse Teil des Lehrplans werden.
Kremser ist bei der Stadt Frankfurt für Präventiven Jugendschutz, Medienpädagogik und Jugendmedienschutz zuständig. Das Thema Mediensucht sei dabei schon länger Thema in der Stadt. „Es kommen immer wieder Eltern mit dem dringenden Wunsch nach Beratung und Hilfsmöglichkeiten zu uns“, sagt sie. Viele Elternteile bräuchten Unterstützung bei dem Thema und suchten nach Informationen zur Medienerziehung. So müssten die Kinder, aber häufig auch die Eltern lernen, wie man Medienkompetenz entwickle.
Kremser plädiert dafür, frühestmöglich mit der Prävention zu beginnen. Die Grundschule sei sicherlich der richtige Zeitpunkt, aber durchaus auch im Kindergarten könne dies Thema werden. Viele Kinder seien schon in jungen Jahren am Handy der Eltern unterwegs – egal ob passiv oder aktiv. Genau da lohne es sich, Regeln zu entwickeln und Kompetenz auszubilden. „Wenn man bei 14-Jährigen plötzlich Regeln einführt, wo es vorher keine gab, macht das keinen Sinn mehr.“
Die Kompetenzentwicklung passiere zum Teil schon in manchen Grundschulen. Kremser spricht aber von einem Flickenteppich. Es brauche einheitliche Standards. Bildungseinrichtungen bräuchten Medienkonzepte. Passende Projekte sowie medienpädagogische Elternabende wären der richtige Weg.
Es gebe aber auch Schulen und Pädagoginnen und Pädagogen, die sich nicht in der Verantwortung sähen. Andere sagten, es sei viel zu früh, um den Kinder so etwas zu vermitteln. Accounts bei Tiktok seien doch erst ab 13 erlaubt, bei Whatsapp erst ab 16. Aber die Realität sehe anders aus. Schlussendlich stimmt Kremser den Lehrkräften aber in einem Punkt zu: Nämlich, dass die Vermittlung der Medienkompetenz in der Verantwortung der Eltern liege. Die Schule könne dabei nur begleitend tätig sein.
Generell sollte man Interesse an den Onlineaktivitäten der Kinder zeigen. Wenn man wisse, was für das Kind spannend sei, welche Inhalte und Spiele gerade relevant seien, könne man darauf reagieren. Verbote würden für die Kleinen nur den Reiz erhöhen. Eltern könnten stattdessen versuchen, immer wieder analoge Alternativen anzubieten und dabei die Interessen des Kindes berücksichtigen. So zeige man, dass Ausmachen auch eine gute Option sein könne. Das Allerwichtigste sei aber die Vorbildfunktion. Nur wer mit dem eigenen Verhalten vorlebe, dass es auch ohne Handy und andere Geräte gehe, beispielsweise beim gemeinsamen Essen, könne schließlich auch die Kinder davon überzeugen.
Hilfsangebote
Kontakt und Infos zu Präventionsangeboten beim präventiven Jugendschutz der Stadt Frankfurt gibt es unter Telefon 069 / 212 431 70, E-Mail: Jugendschutz@stadt-frankfurt.de
Die Beratungsstelle Jugend und Medien Hessen ist Montag bis Freitag von 9 bis 13Uhr sowie Di, Mi und Do auch von 14 bis 16 Uhr unter Telefon 0611 / 368 630 0 erreichbar.
Die Spezialambulanz Computerspielabhängigkeit für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Frankfurt sitzt in der Varrentrappstr. 40-42. E-Mail: sekretariat-kiju@zpt-gu.de, Telefon 069 / 798 239 86. FR
Kremser und ihr Team sind auch selbst unterwegs und bieten beispielsweise Fortbildungen für alle Menschen an, die im sozialen oder Bildungsbereich tätig sind. Des Weiteren biete man medienpädagogische Elternabende in Kitas und Grundschulen an, um dem Thema Bedeutung zu verleihen. Auch andere Trägervereine wie etwa die Digitalen Helden arbeiten im Bereich Medienkompetenz unterstützend.
In der Schule versuche man, den Kindern die Wichtigkeit von Passwörtern und Datenschutz zu vermitteln oder auch Bildrechte zu erklären. Letztlich sollte ihnen vermittelt werden, dass sie lernen müssten, das Risiko im Netz selbst einzuschätzen. Dabei helfe eine vernünftige Wertevermittlung auf Augenhöhe.
So versuche man Cybermobbing, Grooming, aber auch dem Phänomen von Kettenbriefen oder Challenges im Internet entgegenzuwirken. Auch die Vermittlung eines disziplinierten Umgangs mit der Nutzungsdauer helfe, um etwa einer Mediensucht vorzubeugen.
Exzessives Verhalten mit Onlinemedien gehe häufig mit anderen Faktoren einher. Soziale Isolation begünstige solches Verhalten, aber auch das Selbstwertgefühl, Ängste und ungünstige Bindungserfahrungen könnten Auswirkungen haben. „In der Onlinewelt ist man oft anerkannt. Das bildet einen Gegensatz zur Realität, wo es nicht gut läuft.“
Es sei für Angehörige, aber auch die Betroffenen selbst, nicht immer leicht, konkrete Hilfe zu finden. Ein guter Anlaufpunkt seien die Erziehungs- und Suchtberatungsstellen. Damit es nicht so weit komme, hofft Kremser, dass die Präventionsarbeit weiter ausgebaut werde.