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Martina Blank: Ausdauernd und akribisch

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Von: Timur Tinç

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Martina Blank will Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die Praxis übertragen.
Martina Blank will Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die Praxis übertragen. © Renate Hoyer

Martina Blank leitet seit 1. März die Stabsstelle für Unterbringungsmanagement und Geflüchtete. Zu ihrem Job kam die Politikwissenschaftlerin ganz unverhofft.

Martina Blank ist eine Frühaufsteherin. Vor einigen Wochen hat die aktive Triathletin von Eintracht Frankfurt regelmäßig morgens ihre erste Trainingseinheit eingelegt. Jetzt sitzt sie um 6.45 Uhr in ihrem Büro, um E-Mails zu lesen, Akten zu prüfen und sich auf ihren Tag vorzubereiten. „Ab 9 Uhr komm ich zu gar nichts mehr“, sagt die 47-Jährige. Dann stehen Termine, Telefonate, Gespräche auf ihrem Arbeitsprogramm. Seit dem 1. März leitet Blank die Stabsstelle für Unterbringungsmanagement und Geflüchtete bei der Stadt Frankfurt. In den ersten Wochen ging es vor allem darum, die Teams und die Abläufe kennenzulernen.

Dabei wollte Martina Blank bis vor kurzem noch in der Wissenschaft bleiben. „Ich war dabei, mich für Professuren zu bewerben“, erzählt sie. Die promovierte Politikwissenschaftlerin hatte ein Forschungsprojekt an der Frankfurter Goethe-Universität zu räumendem Asyl gemacht, wo es im Kern um die Unterbringung von Geflüchteten ging. Für ein Nachfolgeprojekt, um die Erkenntnisse in die Praxis zu transferieren, gab es ein Treffen mit der Leiterin des Frankfurter Jugend- und Sozialamts sowie dem Leiter des Sozialrathauses Bockenheim. Mitten in der Projektphase wurde sie gefragt, ob sie nicht die ausgeschriebene Stabsstelle für Unterbringungsmanagement und Geflüchtete übernehmen wolle. „Das war eine so besondere Situation, dass ich als Wissenschaftlerin zu meiner Forschung den Schlüssel in die Hand gedrückt bekommen habe“, sagt Blank. Diese Gelegenheit habe sie nicht vorbeiziehen lassen können. „Ich hatte das Gefühl: Jetzt kann ich was ändern“, erzählt sie.

Die gebürtige Frankfurterin hat Politikwissenschaften in Frankfurt, London und Buenos Aires mit Schwerpunkt Entwicklungspolitik und Lateinamerika studiert. Promoviert hat Blank am Lateinamerikainstitut in Berlin zu städtischen, sozialen Bewegungen in Argentinien. Dort wurde sie wissenschaftliche Mitarbeiterin, ehe sie die Leitung des entwicklungspolitischen Netzwerks in Hessen übernahm.

Im Rahmen dieser Tätigkeit war Blank erste Vorsitzende des Dachverbands Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke in Deutschland (AGL). Dazu kamen Lehraufträge am Lateinamerikainstitut in Berlin und anschließend an der Goethe-Universität, wo sie 2017 das Forschungsprojekt übernahm. In der Feldforschung hat sie Geflüchtete in ihrem Alltag begleitet. Die Wohnsituation war dabei immer das Kernthema und hat auch bei ihr für Frust gesorgt.

Die Stabsstelle ist verantwortlich für die Unterbringung von Geflüchteten und Wohnsitzlosen in Übergangsunterkünften, nicht für dauerhafte Lösungen. Vor allem im vergangenen Jahr mussten wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine Tausende Menschen aus der Ukraine schnell untergebracht werden. In der Zeit hat die Stabsstelle rund um die Uhr gearbeitet, um die Menschen zunächst in Turnhallen unterzubringen. Von dort wurden sie Schritt für Schritt in andere Unterkünfte, meist Hotels, gebracht. Nur eine Turnhalle wurde noch über den Winter vorgehalten, soll aber demnächst zurückgebaut werden. „Wir haben immer noch Geflüchtete in Hallenunterbringungen und das möchten wir so schnell wie möglich ändern“, sagt Blank.

Das Ziel sei immer eine möglichst langfristige Planung und eine wohnähnliche Unterbringung. Das heißt mit eigener Küche und eigenen Sanitäranlagen. Zuletzt gab es mehrere Projekte mit der städtischen Wohnbaugesellschaft ABG, die Neubauwohnungen für Geflüchtete zur Verfügung gestellt hat. Betreut werden die Geflüchteten, wie in anderen Unterkünften auch, von sozialen Trägern wie dem Deutschen Roten Kreuz. Dadurch, dass die Stadt im vergangenen Jahr mehr Geflüchtete aufgenommen hat, als sie musste, bekommt sie aktuell keine mehr zugewiesen. Eine kleine Verschnaufpause für die Stabsstelle, um alle Liegenschaften und Flächen für Übergangsmöglichkeiten intensiv zu prüfen.

„Die Spielräume sind sehr gering, aber es gibt sie“, sagt Blank. Es gehe um die Gestaltung der Unterkünfte mit niedrigen Zäunen und offener in die Orte mit Stadtteilcafés oder Treffpunkten, damit Geflüchtete und Nachbarschaft zueinanderfänden. „Das sind Dinge, die viel für die Betroffenen ausmachen und auch für die Stadtgesellschaft“, findet Blank.

Sie bezeichnet sich selbst als sehr sachbezogenen Menschen. „Ich denke, dass 90 Prozent meiner Aufgabe darin besteht, gute Ideen nicht zu blockieren“, sagt Blank, die von ihrem Kollegium schwärmt. Akribisch Akten zu prüfen und Verträge genauestens zu lesen, die sie unterschreiben müsse, kämen der wissenschaftlichen Arbeit sehr nahe. Neu war für sie anfangs die permanente Kommunikation. Da war es für sie als Wissenschaftlerin ruhiger.

Der Sport hilft ihr abzuschalten und ist ein guter Ausgleich zu ihrem Job. Entgegen ihren Befürchtungen musste sie gar nicht so viele Trainingseinheiten weglassen. Sie wird in der zweiten Hessenliga für die Eintracht an den Start gehen und will als Teamkapitänin alle vier Wettkämpfe machen. „Die kurzen Distanzen kriegt man immer hin, aber das Tempo ist die Frage“, sagt Blank schmunzelnd. 500 bis 750 Meter schwimmen, 20 Kilometer Radfahren und ein Fünf-Kilometer-Lauf zum Abschluss. Einen Ironman mit 3,8 Kilometern Schwimmen, 180 Kilometern Radfahren und 42,195 Kilometern Laufen zu absolvieren, hat sie nicht vor. Wobei alle im Team ihr schon gesagt hätten, dass sie es früher oder später doch machen werde.

Wie man unverhofft zu etwas Neuem kommt, hat Martina Blank ja erst unlängst im beruflichen Leben erfahren.

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