Luxuswohnungen fast ausverkauft

An der Niddastraße entstehen Luxus-Appartements. Nicht alle im Frankfurter Bahnhofsviertel freuen sich darüber.
Es klingt verlockend. Der Bauherr „Formart“ preist sein aktuelles Projekt an der Niddastraße 27 unter anderem mit einem „traumhaften Panoramablick von der Dachterrassenlandschaft auf die Skyline“ an. Die Werbung auf der Webseite des Unternehmens stellt fest: „In der Niddastraße sitzen Sie in der ersten Reihe und am Puls der Stadt.“ Dort, in der Niddastraße, besteht dieser Puls aber auch aus Dingen wie Prostitution und Drogen. Den Bauherrn scheint das ebenso wenig abzuschrecken wie die Käufer.
89 Wohnungen werden in sieben Geschossen entstehen, 88 davon sind bereits verkauft, „die letzte ist auch schon reserviert“, sagt Frank Czarnowsky von Formart, der das Projekt „Twentyseven“ vermarktet. Der Quadratmeter kostet zwischen 3500 und 7000 Euro.
Im September sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, dann können die Wohnungen bezogen werden. Sie haben zwei bis sechs Zimmer, sind zwischen 45 und 220 Quadratmeter groß, die Gesamtwohnfläche beträgt 8000 Quadratmeter. Eine Tiefgarage mit 108 Stellplätzen gehört zum Haus an der Kreuzung von Nidda- und Weserstraße dazu. „Alle Wohnungen verfügen über eine Loggia, einen Balkon oder eine Terrasse“, sagt Czarnowsky; wer ein Penthouse erwirbt, bekommt zudem Zugang zu einer der Dachterrassen.
Das Quartier ist im Wandel. Dort, wo jetzt die Wohnungen entstehen, stand einst ein Rechenzentrum der Dresdner Bank. In der Nähe, an der Kreuzung zur Elbestraße, ist 2015 die Deutsche Bahn mit einem Zukunftslabor eingezogen, auch 30 Wohnungen wurden dort vermietet.
Wenige Meter weiter östlich, zwischen Marienstraße, Taunusanlage und Mainzer Landstraße, entsteht der Marienturm, der mit 155 Metern exakt so hoch sein wird wie die benachbarten Zwillingstürme der Deutschen Bank. Ende Februar erfolgt die Grundsteinlegung, auf 38 Stockwerken werden dann etwa 45 000 Quadratmeter Mietfläche zu finden sein.
Weitere 12 000 Quadratmeter Büroraum entstehen im angrenzenden Marienforum, einem 40 Meter hohen Gebäude. Quasi auch nebenan hat die Schweizer Bank Credit Suisse ein Hochhaus mit 17 Stockwerken errichtet, das im April 2016 übergeben wurde.
Es wird viele alteingesessene Bewohner des Viertels geben, die mit all den Neubauten nichts anfangen können. Die der Meinung sind, dass Menschen, die sich Wohnungen für bis zu 1,6 Millionen Euro kaufen, nicht in den Stadtteil passen. Aber genau für solche Menschen werden seit Jahren Wohnungen saniert und gebaut, die vermeintliche Gentrifizierung schreitet voran.
Es gibt aber auch andere Beispiele. Nicht weit entfernt von „Twentyseven“, rund 300 Meter westwärts, entsteht das Wohnprojekt Nika, bei dem die Mieter für wahrscheinlich zehn Euro pro Quadratmeter gemeinschaftlich wohnen, inklusive öffentlicher Veranstaltungen im Erdgeschoss. Moritz Krawinkel, Sprecher von Nika, beschreibt das Projekt als „Maßnahme gegen Gentrifizierung“. Auch mit Blick auf die neuen Fast-Nachbarn sagt er: „Wir wollen das Haus dauerhaft dem Markt entziehen, es soll nie wieder Spekulationsobjekt sein“. Man wolle die Vielfalt des Viertels erhalten, dem Wandel blicken Krawinkel und seine Mitstreiter kritisch entgegen.
Oskar Mahler, früher Vorsitzender des Gewerbevereins und heute unter anderem mit seinem Hammermuseum präsent, kann der Umgestaltung des Stadtteils dagegen viel abgewinnen. „Gentrifizierung bedeutet auch immer Verdrängung, im Bahnhofsviertel aber hat sich die Zahl der Einwohner verdoppelt“, sagt er. Das sieht auch Klaus-Peter Kemper von der Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung, der im Stadtteilbüro an der Gutleutstraße arbeitet, ähnlich. „Wir erleben hier keine Massenvertreibung.“ Das Projekt „Twentyseven“ beispielsweise nutze ein vorher leer stehendes Gebäude.
Und man dürfe nie vergessen, ergänzt Oskar Mahler, dass die Gegend einst als Luxusquartier geplant wurde. „Wir erleben also so etwas wie eine Rückbesinnung auf das Ursprüngliche.“ Die dadurch entstehende Vermischung von Alteingesessenen und Neulingen sieht Mahler als Chance: „Die Entwicklung des Bahnhofsviertels wird spannend bleiben.“