Löwensenf: Farbspielchen

Im hessischen Landtag ging es in dieser Woche um die Fastnacht, im Guten wie im Schlechten. Und auch sonst ist das Denken in Farben dort angesagt. Die Kolumne.
Fastnacht ist witzig. Finden jedenfalls diejenigen, die sich den närrischen Traditionen verbunden fühlen und sie jedes Jahr von Neuem kreativ mit Leben füllen. Wer nicht mit der Fastnacht aufgewachsen ist, tut sich dagegen oftmals etwas schwer, Büttenreden, Umzügen und Sitzungskarneval humoristisch etwas abzugewinnen. Aber gut, die Geschmäcker sind halt verschieden.
In dieser Woche war die Fastnacht jedenfalls auch Thema im hessischen Landtag. Vor dem Stadtschloss, in dem das Landesparlament seinen Sitz hat, waren in den vergangenen Tagen zunehmend Menschen mit ausgefallenen Kostümen und albernen Hüten unterwegs, in manchem Büro wurden Kreppel gefuttert. Narren und Närrinnen gibt’s eh im Landtag, weshalb da immer ein bisschen Fastnacht ist. Haben wir gehört.
Und dann gab es noch ein eher unschönes Ereignis: Als Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) am vergangenen Wochenende 425 Tollitäten aus ganz Hessen im Biebricher Schloss empfing ließ der Regierungschef, ganz seriös im dunklen Anzug, sich mit all den farbenfroh kostümierten Prinzenpaaren fotografieren. Allein das war schon ein hartes Stück Arbeit, wie man an dem teils etwas versteinert wirkenden Grinsen des Landesvaters ablesen konnte.
Einen der Schnappschüsse, die auf der Website der Staatskanzlei präsentiert wurden, fanden viele Leute überhaupt nicht lustig: Neben Rhein waren darauf Mitglieder der 1. Ober-Mörler Karnevalsgesellschaft Mörlau zu sehen, von denen sich einer in schlechter alter Tradition das Gesicht schwarz angemalt und sich damit als „Schwarzer“ verkleidet hatte. Natürlich mit roten Lippen und albernem Turban. Nun muss man gar nicht tief in die Geschichte des „Blackface“ einsteigen, muss gar nicht von den entsetzlichen „Minstrel Shows“ des 18. und 19. Jahrhunderts erzählen, in denen schwarz geschminkte Weiße zur Belustigung des rassistischen Publikums den tumben Sklaven gaben, um zu verstehen, dass so ein „Kostüm“ nicht witzig ist. Es reicht ja, sich klarzumachen, dass viele schwarze Menschen in Hessen leben, die vielleicht gar nicht so begeistert wären, wenn ihr Äußeres, grotesk stereotypisiert, plötzlich ein Kostüm sein soll. Die Ober-Mörler haben sich jedenfalls entschuldigt, das Foto wurde entfernt. Man fragt sich allerdings: Wieso ist beim Rheinkommen, beim Fotografieren, beim Retouchieren und beim Hochladen niemand stutzig geworden? Sind in der Staatskanzlei und generell in der Fastnacht alle weiß?
Wo wir grad bei Farben sind. In Fluren des Landtags sind Farbenspiele derzeit ziemlich beliebt. Meistens geht es darum, im Kopf die Farben Schwarz, Rot, Grün und Gelb in unterschiedlichen Kombinationen zusammenzupacken und mal zu gucken, was dabei herauskommen könnte. Schwarz und Grün scheinen für so manchen keine Trendfarben mehr zu sein, dafür kann sich der Eine oder die Andere für Rot-Grün-Gelb, Schwarz-Rot. Grün-Rot-Gelb oder sogar Schwarz-Rot-Gelb begeistern. Violett und Blau beziehungsweise Braun scheinen nicht so angesagt zu sein. Im Grunde ist dieses Gemale aber völlig überflüssig, bis die Farblieferant:innen, die Wählerinnen und Wähler, ihr Angebot konkretisiert haben.
Eine weitere sehr beliebte Farbkombination im Landtag ist übrigens Blau-Gelb. Aber das ist eine andere Geschichte, und die ist schon seit einem ganzen Jahr kein bisschen lustig.
Jutta Rippegather und Hanning Voigts berichten für die FR aus dem hessischen Landtag. Einmal die Woche geben sie ihren Senf dazu. Alle Kolumnen im Internet unter: fr.de/loewensenf