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„Letzte Generation“: Blockaden in ganz Frankfurt

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Von: Georg Leppert

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Blockade am Ratsweg.
Blockade am Ratsweg. © dpa

Die Initiative radikaler Klimaschützer setzt ihre Aktionen am Dienstag fort. Auf vielen Straßen kommt es zum Chaos. Auch am Mittwoch sind Blockaden zu erwarten.

Nichts geht mehr. Wer Dienstagfrüh auf dem Ratsweg stadteinwärts unterwegs ist, steht im Stau. Und das ziemlich lange. Verantwortlich dafür sind eine Gruppe junger Männer. Sie tragen orangefarbene Westen und haben sich um kurz vor 9 Uhr an der Kreuzung zur Ostparkstraße auf die Fahrbahn gesetzt. Manche haben sich Klebstoff auf die Hände geschmiert. Sie pappen auf der Straße fest. Einen derartigen Stoff zu lösen, dauert lange, die Polizei muss jedes Mal medizinisches Personal hinzuziehen. Die Gefahr, dass sich die Demonstrantinnen und Demonstranten ernsthafte Verletzungen zuziehen, wäre sonst zu groß.

Klima-Blockaden: Protest gegen „Fossilen Wahnsinn“

Was die Menschen auf der Straße fordern, steht auf Transparenten vor ihnen. „Letzte Generation“ steht darauf geschrieben. Das ist der Name der Initiative der radikalen Klimaschützer:innen, die zum Protest aufgerufen hat. Außerdem: „Stoppt den fossilen Wahnsinn!“

Viele Autofahrerinnen und Autofahrer, die weiter hinten im Stau stehen, können die Spruchbänder nicht lesen. Die meisten wissen trotzdem, was los ist, denn Sitzblockaden der „Letzten Generation“ hatte es bereits am Montag gegeben. Den Auftakt in die Protestwoche hatten am Sonntag zwei Männer im Waldstadion gemacht, die während des Eintracht-Spiels aufs Feld gerannt waren und sich mit Kabelbindern an den Torpfosten befestigt hatten.

Wie schon am Tag zuvor ist der Protest am Dienstag gut organisiert. Zeitgleich werden immer mehrere große Einfallstraßen blockiert. Die Polizei kommt mit ihren Meldungen auf Twitter kaum hinterher. Gegen 8 Uhr berichtet das Social-Media-Team der Behörde von Sperrungen auf der Theodor-Heuss-Allee, der Isenburger Schneise, der Mainzer Landstraße in Höhe der Mönchhofstraße und des Kaiserleikreisels. Eine Stunde später folgen die Kreuzung Eschersheimer Landstraße und Bremer Straße sowie zwei Blockaden auf der Miquelallee. Als die ersten Demonstrierenden schon von der Straße geräumt wurden, meldet die Polizei auch die Probleme am Ratsweg.

Klima-Blockaden: Unverständnis in den Autos

Dort gibt es gegen 9.30 Uhr zumindest etwas Bewegung. Nur noch eine Spur ist gesperrt. Zwei Männer sitzen noch auf der Fahrbahn, ein Polizeiwagen hält vor ihnen. Im Schritttempo fahren die Autos vorbei. Viele Fahrerinnen und Fahrer sind extrem genervt. Manche zeigen den Demonstranten den Mittelfinger, andere pöbeln durchs geöffnete Fenster. „Geht arbeiten“, ist noch einer der freundlicheren Zurufe. An anderen Stellen der Stadt geht es entspannter zu. An der Miquelallee etwa kommen Autofahrer:innen auch mit den Leuten auf der Straße ins Gespräch.

Die Aktivistinnen und Aktivisten äußern sich in einer Pressemitteilung politisch. „Anstatt aus dem Ukraine-Krieg zu lernen, treibt uns die Regierung weiter in diesen Wahnsinn“, sagt die 24-jährige Lea Bonasera. Unternehmen erhielten „Milliarden für neue fossile Infrastruktur, die unser Leben zerstört und Kriege fördert“. Die Abiturientin Lina Eichler sagt: „Wir sind verzweifelt, weil die Bundesregierung im Angesicht des drohenden Klimakollapses ihren fossilen Wahnsinn ungebremst weiter betreibt.“ Und weiter: „Unsere Angst und Verzweiflung gehen so weit, dass wir alles aufgeben und bereit sind, für unser Überleben auch ins Gefängnis zu gehen.“

Klima-Blockaden: Verfahren wegen Nötigung

Dass die Aktivistinnen und Aktivisten tatsächlich zu Haftstrafen verurteilt werden, ist indes unwahrscheinlich. Die juristische Aufarbeitung hat erst begonnen. Die Polizei nimmt die jungen Leute, die von der Straße getragen werden, in Gewahrsam. In der Regel müssen sie ihre Personalien angeben und bekommen einen Platzverweis. Die „Letzte Generation“ spricht am Mittag von 41 Festnahmen. Die Polizei zählt 50 Festgenommene.

Vermutlich werden sich die Aktivist:innen später wegen Nötigung verantworten müssen. Schon bei Protesten gegen die Stationierung von Atomraketen in den 80er Jahren hatten Gerichte entschieden, dass Blockaden diesen Tatbestand erfüllen können. Möglich ist auch eine Anklage wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr dürfte eher nicht vorliegen. Dafür bräuchte es die konkrete Gefahr eines Unfalls, die nicht gegeben ist, wenn Menschen bei Grün auf die Straße gehen und sich auf den Fußgängerüberweg setzen.

Gegen Mittag teilt die Polizei mit, dass die letzten Blockaden geräumt sind. Bereits am Nachmittag tritt die Gruppe schon wieder in Erscheinung, im Bereich der Friedberger Landstraße, was die Polizei aber nach kurzer Ansprache wieder beendet. Es scheint, als wird die „Letzte Generation“ Frankfurt vorerst erhalten bleiben. Immer wiederkehrende Aktionen gehören zum Konzept der Gruppe. In Berlin gab es im Februar etwa eine Woche lang Blockaden an der Autobahn 100. Wo sich Klimaschützer:innen am Mittwoch auf die Straße setzen werden, wollte die Gruppe am späten Dienstagabend mitteilen.

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