Landgericht Frankfurt spürbar entlastet
Justizministerium hat Frankfurt bei Stellenbesetzung bevorzugt. Abordnung auch von weniger belasteten Gerichten.
Der Aufschrei war groß im vergangenen Sommer: Wegen zu langer Verfahrensdauer entließ das Oberlandesgericht sechs mutmaßliche Totschläger aus der Untersuchungshaft. Die zuständigen Schwurgerichtskammern des Landgerichts waren schlichtweg überlastet. Hessenweit, so ergab eine Umfrage des Deutschen Richterbunds zu Jahresanfang, waren im vergangenen Jahr 13 Verdächtige wegen zu langer Wartezeit auf ihren Prozess aus der Untersuchungshaft entlassen worden. In Frankfurt, so teilte es das hessische Justizministerium auf FR-Anfrage mit, habe es seit den Vorfällen im Juli keine Haftentlassungen mehr wegen Überlastung der Gerichte gegeben.
Überhaupt, so heißt es aus Wiesbaden weiter, habe das Landgericht Frankfurt seitdem eine spürbare Entlastung erfahren. So sei Personal von weniger ausgelasteten Gerichten wie etwa dem Finanzgericht in Kassel an das Landgericht beordert worden. Die Belastungsquote der Kammern am Landgericht sei dadurch „erkennbar gesunken“.
Um die Belastung des Richterkollegiums zu ermessen, hat die Justiz einst deutschlandweit ein Personalentwicklungssystem etabliert. Diesem zufolge lag die Belastungsquote im gesamten Richterbereich des Landgerichts im vergangenen Jahr bei 98,71 Prozent. Zum Vergleich: 2021 lag sie bei 111,80 Prozent, 2020 sogar bei 119, 05 Prozent. Die Kennziffern sind zwar sehr allgemein und beleuchten nicht explizit den seinerzeit so stark belasteten Bereich der Schwurgerichtskammern. Die Zuweisung der Richter:innen auf die einzelnen Gebiete obliege aber ohnehin dem unabhängigen Präsidium des Landgerichts, betonte das Ministerium.
Hohe Stellenbesetzung
Über die Abordnungen hinaus sei das Landgericht aber auch mit weiterem Personal bedacht worden, etwa in dem es vom Ministerium in den vergangenen Monaten bei der Zuweisung von Neueinstellungen besonders stark berücksichtigt wurde. So verfüge das Landgericht aktuell über einen überdurchschnittlichen Stellenbesetzungsgrad von fast 99 Prozent.
Zu weiteren personellen Verstärkungen soll es wie bereits mehrfach angekündigt im Zuge des Doppelhaushalts 2023/2024 kommen. Mit Hilfe dieser personellen Verstärkung werde das Landgericht weitere Kammern einrichten können, hieß es aus Wiesbaden. Das Ministerium werde überdies die Belastung des Landgerichts Frankfurt weiter „besonders im Blick behalten“. Das Gericht müsse aufgrund seines besonderen Standortes nun mal überdurchschnittlich viele umfangreiche Verfahren führen.