Landgericht Frankfurt: Das System Badle

Zeuge berichtet von dem enormen Druck des Oberstaatsanwalts und Schmiergeldzahlungen als „Seelenheil“. Geldübergabe jahrelang bei Spaziergängen im Grüneburgpark.
Thomas M. ist extra aus Paris angereist, um als Zeuge auszusagen. Als Mitbeschuldigter in dem Korruptionsprozess gegen Oberstaatsanwalt Alexander Badle hätte er ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht, doch der 50-Jährige will aussagen, wie es dazu kam, dass er über Jahre Schmiergeldzahlungen an Badle geleistet hat.
Der Diplom-Mathematiker hatte 2002 die mittlerweile insolvente IT-Firma Conturn gegründet, die Daten für Unternehmen aufbereitete. Der Kontakt zu Badle und der Generalstaatsanwaltschaft kam 2004 über den mitangeklagten Bernhard A. zustande, der zuvor selbst freiberuflich für Conturn tätig war. Das Geschäft für Conturn lief in den ersten Jahren gut, bis die Datenaufbereitung mehr und mehr an große Firmen mit Niederlassungen in Indien vergeben wurde.
Etwa 2010 intensivierte sich die Zusammenarbeit mit den hessischen Staatsanwaltschaften, wofür M. wegen der mauen Auftragslage dankbar war. Die Arbeitsabläufe waren dabei dem Zeugen zufolge klar strukturiert: Badles Zentralstelle gegen Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen erteilte die Aufträge an die ebenfalls am Pranger stehende Gutachterfirma Medi-transparent, diese wiederum forderte bei Conturn die Datenaufbereitung an. Doch während Badle M. zufolge über „die Damen bei Meditransparent“ seine schützende Hand gehalten habe, „wurde der Schwarze Peter oftmals an uns durchgereicht“, falls Aufträge zu spät erledigt worden seien. Die Arbeitsatmosphäre sei ohnehin schwierig gewesen wegen Badles „Jähzorn“. Er habe aufbrausend sein können „wie ein HB-Männchen“, so M.
Als der IT-Spezialist im Herbst 2014 in Badles Büro bei der Generalstaatsanwaltschaft zitiert wurde, schwante ihm nichts Gutes, er habe bei solchen Treffen oft „Angstzustände“ gehabt wegen der hohen Lautstärke und des rauen Tons von Badle. Das wurde auch nicht dadurch besser, dass Badle bei diesem Treffen sein Handy forderte und gemeinsam mit seinem eigenen ausgeschaltet in einen Schrank legte. Dann soll ihm Badle eröffnet haben, er wolle künftig pro geleisteter Arbeitsstunde seines Unternehmens mit einem Euro beteiligt werden. Das sei „überraschend“ für ihn gewesen. Nach einer Bedenkzeit habe er eingewilligt und Badle Ende 2014 in dessen Büro erstmals einen Umschlag mit 2500 Euro überreicht. Badle habe den Umschlag in seinem Beisein nicht angefasst.
Die Übergabe des Schmiergelds in den Räumen der Generalstaatsanwaltschaft schien Badle indes wohl selbst ein bisschen heikel, deswegen wurde das Geld in den folgenden Jahren bis 2019 bei Spaziergängen im Grüneburgpark übergeben. Die Schmiergeldzahlungen seien gut für sein „Seelenheil“ gewesen, denn die Beziehung zu Badle habe sich gebessert, dieser habe ihm sogar das „Du“ angeboten und es wurden auch private Details ausgetauscht. Badle hatte die Zahlungen in seinem Geständnis als Freundschaftsdienst von M. hingestellt, weil er wegen seiner Freundin Geldprobleme gehabt habe. Diese Version wies M. am Freitag zurück.