Landgericht Frankfurt: Dämpfer für Angeklagten Badle
Therapeutin sieht in Korruptionsprozess keinen Zusammenhang zwischen schwerer Kindheit und Straftaten. Zeugin zeigt einmal mehr Arglosigkeit der Generalstaatsanwaltschaft auf.
Die Verteidigung selbst hatte die Zeugin bestellt, doch zu einer Entlastung des Angeklagten konnte die Psychotherapeutin am Mittwoch im Zeugenstand nicht beitragen. Der wegen Korruption und Untreue angeklagte frühere Oberstaatsanwalt Alexander Badle hatte sich im Dezember 2020 an die Zeugin gewandt, um herauszufinden, warum er auf die schiefe Bahn geraten war. In einer Einlassung zu Beginn des Prozesses hatte Badle einen Zusammenhang zwischen seiner schweren Kindheit und den ihm vorgeworfenen Straftaten nahe gelegt. Aus den etwa 25 Sitzungen mit Badle wusste die Psychotherapeutin zu berichten: „Er hat immer versucht einen Zusammenhang herzustellen, ich habe da keinen Zusammenhang gesehen.“
Badle habe sich in den Sitzungen häufig als Opfer dargestellt. Daher habe sie ihn bei einem Treffen im Januar 2022 bewusst provoziert und ihn mit seiner Wandlung „vom Ankläger zum Kriminellen“ konfrontiert. Daraufhin hatte Badle die Therapie bei ihr abgebrochen und sich in einem Brief beschwert sie habe ihn unnötig verletzt. „Er hat nicht verstanden, dass das Teil der Therapie war. Ich wollte ihm ein bisschen mehr die Realität aufzeigen“, sagte die Zeugin und ergänzte: „Er dachte immer noch, dass das in Ordnung ist, was er gemacht hat.“
Wegen seiner schweren Kindheit mit sexuellem Missbrauch und einem Aufenthalt im Kinderheim auf verminderte Schuldfähigkeit zu plädieren, war von Beginn an Teil der Verteidigungsstrategie. Die Kammer hat daher vom ersten Prozesstag an eine psychiatrische Sachverständige zu den Verhandlungen geladen - für Wirtschaftsstrafverfahren eher unüblich.
Als weitere Zeugin sagte am Mittwoch eine Leitende Oberstaatsanwältin der Generalstaatsanwaltschaft aus, die noch einmal die ganze Arglosigkeit der Behörde in der Zeit vor dem Bekanntwerden der Vorwürfe offenbarte. Im September 2019, zu einem Zeitpunkt, als die Staatsanwaltschaft schon im Verborgenen gegen Badle ermittelte, erreichte die Zeugin ein Bericht der Revisorin des Landgerichts Darmstadt.
Darin ist von Kostenbeschwerden in Zusammenhang mit Gutachten in zwei von Badles Verfahren die Rede. Als Leiterin der zuständigen Abteilung leitete die Zeugin das Schreiben an Badle weiter. Die Antwort-Mail Badles warf die Kammer über einen Beamer an die Wand. „Liebe Kollegin“, beginnt Badle, bevor er in beflissenem Ton ausführt, die erhobene Kritik sei nur „formaler Natur“, wohingegen inhaltliche Beanstandungen „bislang ohne Erfolg geblieben“ seien. Für sie sei die Angelegenheit damit erledigt gewesen, gab die Zeugin an. Was es mit dem „internen Tätigkeitsprotokoll“ auf sich hatte, von dem Badle schrieb, habe sie sich nicht gefragt.
Als sie einige Monate später von den Vorwürfen gegen ihren Kollegen erfuhr, sei sie „in ihren Grundfesten erschüttert“ worden. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass so eine Situation eintritt“, bekannte die Oberstaatsanwältin der Generalstaatsanwaltschaft, die in der Folge noch ausführte, dass mittlerweile in ihrer Behörde viele Prozesse angestoßen wurden im Hinblick auf die Kostensachbearbeitung.