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Kriminalität in Frankfurt: Wohnungen sicher, Straßen nicht

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Von: Oliver Teutsch

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Die Frankfurter Krimalstatistik für das Jahr 2022 zeigt Licht und Schatten. Vor allem Straßenkriminalität legt deutlich zu. Bahnhofsgebiet bleibt Problemrevier.

Die Straßenkriminalität in Frankfurt hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Vor allem der Anstieg bei Raubdelikten und Taschendiebstahl bereitet der Polizei nach eigenen Aussagen große Sorgen. Ein direkter Vergleich mit den Zahlen von 2021 hinkt wegen der Pandemie. Während der Lockdowns fehlte es in vielen Deliktbereichen an Tatmöglichkeiten. Daher betrachtete Frankfurts Polizeipräsident Stefan Müller bei der Präsentation der Statistik am Freitag 2019 als das eigentliche Referenzjahr. Allerdings stieg die Zahl der Raubdelikte, Körperverletzungen und Taschendiebstähle 2022 auch deutlich über das Vor-Corona-Niveau an.

Marco Weller, Leiter des Abteilungsstabs im Polizeipräsidium, sieht die Pandemie selbst als einen der Gründe für die Zunahme: „Die Zündschnur der Menschen scheint kürzer geworden.“ Die Dialogbereitschaft der Leute habe gelitten, Konflikte würden häufiger mit Gewalt ausgetragen. Frappierend ist dabei, wie unterschiedlich sich die Straßenkriminalität auf die einzelnen Stadtteile verteilt. So wurde 2022 jeder zweite Straßenraub im Bahnhofsgebiet verübt. Auf die Innenstadt entfielen zehn, auf Alt-Sachsenhausen etwa fünf Prozent. In den übrigen Stadtteilen konnten sich die Menschen deutlich sicherer fühlen. So wurden etwa im Bereich des 11. Polizeireviers in Rödelheim im gesamten vergangenen Jahr elf Fälle von Straßenraub registriert. Im Bahnhofsviertel waren es allein im Juli 86.

So nahm das Bahnhofsgebiet in der Präsentation der Statistik wieder viel Raum ein. Nach den täglich fast drei Raubdelikten im Juli habe sich die Polizei zu einer „scharfen Kurskorrektur“ veranlasst gesehen, so Polizeipräsident Müller. Der Personaleinsatz wurde massiv erhöht, was zur Folge hatte, dass die Zahl der Raubdelikte im Dezember erstmals im Jahr 2022 unter das Niveau des Vorjahrs sank.

Müller kündigte an, den hohen Personaleinsatz auch im laufenden Jahr beibehalten zu wollen, räumte aber ein, dass dies eigentlich der falsche Weg sei, und sprach von einer „völligen Verkehrung“. Ziel müsse es sein, eine Gegend zu sozialisieren und die Polizei abzuziehen. „Wir hingegen pumpen Polizei rein.“ Es könne nicht angehen, dass auf einem Quadratkilometer acht Streifenteams gleichzeitig unterwegs sein müssten.

Statistik

Die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr lag bei 109 047 und damit um 13,1 Prozent höher als 2021. Gegenüber 2019 (114 421) sanken die Fallzahlen aber um 4,7 Prozent.

Bei Mord und Totschlag zeigte sich ein uneinheitliches Bild. Die Zahl der Morde (9) nahm ab, die Zahl der Totschlagsdelikte (63) nahm deutlich zu, wobei in beiden Fällen auch Versuche eingerechnet sind. Ingesamt wurden 2022 elf Menschen getötet. ote

Vor diesem Hintergrund wiederholte Müller fast mantraartig seine Forderung nach einer Waffenverbotszone für einen Teil des Bahnhofsgebiets. Die Delikte unter Verwendung einer Waffe stiegen im Bahnhofsviertel von 239 im Jahr 2021 auf 334. Vor allem der Einsatz sogenannter Pfeffersprays nahm extrem zu und verdoppelte sich im genannten Zeitraum fast. Eine Waffenverbotszone würde der Polizei helfen, diese Pfeffersprays bei Kontrollen einzuziehen, so Müller.

Neben der Waffenverbotszone forderte Müller die Stadt auf, sich auch in Sachen Videoüberwachung mehr zu engagieren. Im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft 2024 mit fünf Spielen in Frankfurt sei eine Videoüberwachung ein wesentlicher „Sicherheitsbaustein“. Vor allem die seit vergangenem Jahr defekte Überwachungsanlage an der Konstablerwache ist dem Polizeipräsidenten ein Dorn im Auge. Die Stadt suche noch immer nach einem geeigneten dritten Standort für eine neue Anlage.

Eine funktionierende Videoüberwachung an der Konstablerwache würde laut Müller auch helfen, die gestiegene Zahl an Übergriffen gegen die queere Szene im Bereich der östlichen Innenstadt einzudämmen.

Neben viel Schatten durfte Weller vom Abteilungsstab aber auch etwas Licht verkünden. Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Frankfurt war im vergangenen Jahr auf dem niedrigsten Stand seit 1971. Bemerkenswert sei dies auch deshalb, weil sich die Zahl der Wohnungen in diesem Zeitraum stark erhöht habe. Wohnungseinbrüche hätten viele Jahre als „das Sorgenkind“ der Frankfurter Polizei gegolten, räumte Weller ein. Nun ist die Zahl der Einbrüche schon im achten Jahr in Folge rückläufig. Im vergangenen Jahr wurden 702 Wohnungseinbrüche registriert und damit sogar noch mal 21 weniger als im Pandemiejahr 2021.

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