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Der Kräutergarten

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Von: Denis Hubert

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Die Offenbacher Landstraße führt durch den gesamten Ort. Sie ist die "Schlagader des Stadtteils", wie Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) kürzlich sagte, als er Bürgern die anstehende Sanierung vorstellte. Bis Februar 2018 wird der Abschnitt zwischen Scheerengasse und Buchrainplatz neu gestaltet. Los geht?s bereits am 24. April.
Die Offenbacher Landstraße führt durch den gesamten Ort. Sie ist die "Schlagader des Stadtteils", wie Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) kürzlich sagte, als er Bürgern die anstehende Sanierung vorstellte. Bis Februar 2018 wird der Abschnitt zwischen Scheerengasse und Buchrainplatz neu gestaltet. Los geht?s bereits am 24. April. © Rolf Oeser

Im Stadtteil wachsen alle sieben Grundzutaten der Grünen Soße. Sechs Fragen zu Oberrad.

Wieso gibt es den Beinamen Gärtnerdorf?

Kärsche rod, Spoijel dod – die alte Gärtnerweisheit bedeutet so viel wie: Wenn die Kirschen rot sind, sollte kein Spargel mehr gestochen werden. Sätze wie dieser sind typisch für Oberrad, das als „Gärtnerdorf“ bekannt ist. Alle Zutaten für die berühmte Frankfurter Grüne Soße wachsen und gedeihen dort. Das Grün nimmt aber ab: Viele Oberräder Betriebe haben in den vergangenen Jahren dichtgemacht. Anfang des vergangenen Jahrhunderts seien weit mehr als 100 Gärtner gezählt worden, erzählt Ortslandwirt Horst Krämer. Übrig geblieben seien gerade einmal ein Dutzend. Das liege auch daran, dass es in vielen Betrieben Nachfolgeprobleme gebe.

Nicht alle Gärtner bauen Gemüse und Kräuter an: Einige züchten Zierpflanzen, andere pflegen Friedhöfe. Zum Kerngeschäft der Oberräder Gärtner gehört aber nach wie vor der Kräuteranbau. Sieben Betriebe pflanzen die Zutaten für die „Grie Soß“ an. Ein Ärgernis dabei sind freilaufende Hunde, die durch die Felder toben, die Ernte zerstören und im schlimmsten Fall auch noch ihre Notdurft verrichten. „Im Bereich der Wege muss man aufpassen“, sagt Krämer.

Trauert man im Forst besonders gut?

Ein Grab im Wald, unter hohen Bäumen – das wünschen sich immer mehr Menschen. In Oberrad wird zwar nicht mehr gestorben als andernorts. Trotzdem will das Grünflächenamt im Sommer einen ersten Bestattungswald im Stadtteil eröffnen – auf einer bisher ungenutzten Teilfläche des Waldfriedhofs. Dort, inmitten des Stadtforsts, sollen Bürger ihre letzte Ruhe finden können. „Der Trauerwald gehört zum Friedhofskonzept 2020“, erklärt Grünflächenamtsleiter Stephan Heldmann. Die Idee dazu hatte das Amt selbst: „Wir müssen auf die veränderte Nachfrage eingehen.“ In diesem Zusammenhang entwickelt die Stadt für den Waldfriedhof ein neues Schilderkonzept und bringt einen zusätzlichen Schaukasten an.

Bisher wurden Trauerwälder vorwiegend von privaten Firmen angeboten. Sie pachten Waldgrundstücke auf 99 Jahre und bieten dort Urnengräber aus biologisch abbaubarem Material an.

Was macht Goethe in der Gerbermühle?

Das Restaurant Gerbermühle ist ein beliebtes Ausflugsziel. Sogar Goethe schätzte das Anwesen am Oberräder Mainufer. Im Sommer 1815 wohnte der Dichterfürst einige Monate in der Gerbermühle und feierte dort seinen 66. Geburtstag – auf Einladung der Familie Willemer. Goethes Freund, der Bankier Johann Jakob Willemer, hatte das Grundstück im Jahr 1785 gepachtet und in eine Sommerresidenz verwandelt. Mit der 35 Jahre jüngeren Frau des Bankiers, Marianne Willemer, verband Goethe eine Romanze. Er dichtete: „Von der Ilme bis zum Rhein, mahlet manche Mühle, doch die Gerbemühl’ am Main, ist’s worauf ich ziele.“

Es wird darüber hinaus oft behauptet, dass Goethes bekannter Satz „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein“ mit der Gerbermühle zu tun hat. Zu den Zeilen inspiriert worden sein soll der Dichterfürst nämlich durch einen Spaziergang vom Sachsenhäuser Mühlberg, wo die Willemers ein Gartenhaus besaßen, zur Gerbermühle – so steht es im entsprechenden Wikipedia-Eintrag.

Ein Indiz dafür sei die Erwähnung des Wasserhofs – ein 1311 erstmals benannter Gutshof, zu dem die Gerbermühle ursprünglich gehörte. Im 17. Jahrhundert diente die Mühle als Getreide-, später als Farb- und Schleifmühle. Auch ein Gerber ging dort seiner Tätigkeit nach – so kam die Mühle zu ihrem heutigen Namen.

Was stört die Einheimischen am Buchrainplatz?

Von den Bewohnern wird der Buchrainplatz auch „Dalles“ genannt. Der Platz war schon immer die Ortsmitte: Hier hielten die Menschen Märkte ab und feierten Stadtteilfeste. Vor vier Jahren gestaltete die Stadt das Areal neu. Rund vier Millionen Euro investierte die Kommune in die Verschönerungsaktion. Nach Ansicht des Planungsdezernats ist der Platz dadurch attraktiver und überhaupt erst erlebbar gemacht geworden.

Allerdings: Die Umgestaltung hat den städtischen Planern viel Kritik eingebracht. Manche sprachen von einer „Betonwüste“. Daraufhin wurden Verbesserungen vorgenommen. So gibt es jetzt eine öffentliche Toilette, mehr Beleuchtung und Bänke. Trotz des Wochenmarktes sei der Platz an den meisten Tagen der Woche verwaist, sagt der Vorsitzende des Oberräder Bürgervereins, Eugen Müller. Er wünscht sich noch mehr Belebung und Grünbeete.

Warum gibt’s im Rudererdorf Gedrängel?

Fünf Vereine und vier Gaststätten reihen sich am südlichen Mainufer aneinander. Sie bilden das sogenannte Rudererdorf. Die Frankfurter Ruder-Gesellschaft Oberrad (FRGO) war die erste, die dort ihr Bootshaus errichtete – etwa 300 Meter mainabwärts der Gerbermühle, bei Flusskilometer 37,7. „Meine Vorgänger haben sich leider das kleinste Grundstück ausgesucht“, sagt Vereinschef Dieter Baier mit einem Schmunzeln. Die 1879 von neun Oberrädern gegründete FRGO ist einer der größten und ältesten Rudervereine im Stadtgebiet.

Heute ist das Rudererdorf ein beliebtes Ausflugsziel auch für Radfahrer und Spaziergänger. Als „einmalig in ganz Deutschland“ beschreibt Baier das Areal. Er bedauert aber, dass unter der hohen Resonanz die Idylle leide. So schnappten sich Gaststättenbesucher, Ausflügler und Ruderer gegenseitig die Parkplätze weg. „In den Sommermonaten kann man die Autos senkrecht hinstellen“, klagt Baier. Ein Problem seien auch Wohnmobile, die immer wieder unerlaubt auf dem Gelände stünden. Mit der Folge, dass die Ruderer mit ihren Bootsanhängern kaum noch ans Wasser gelangten.

War „Papst Schorsch“ gar nicht in Oberrad?

Jorge Mario Bergoglio, heute bekannt als Papst Franziskus, verbrachte 1986 als Student einige Wochen an der von Jesuiten geführten Hochschule Sankt Georgen an der Offenbacher Landstraße. Vor einigen Jahren auf ihrem Sommerfest hat die Hochschule den Bischof von Rom ob seiner Frankfurter Vergangenheit und seines Vornamens kurzerhand zu „Papst Schorsch“ gemacht. Der Pontifex zu Gast in Oberrad – so könnte man meinen.

Tatsächlich liegt die Philosophisch-Theologische Hochschule gar nicht in Oberrad, sondern in Sachsenhausen – wenn auch knapp. Nichtsdestotrotz vereinnahmen die Oberräder das Kolleg gerne für sich. Darauf verweist auch die Stiftung Polytechnische Gesellschaft: „Obwohl jenseits der Oberräder Gemarkungsgrenze, [...] betrachten es die Oberräder schon immer als Teil ihres Ortes“, heißt es in der Oberräder Chronik von 1980.

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