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Von: Claus-Jürgen Göpfert

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Die Spitzenpolitiker der Koalition, beseelt vom Geist von Bad Nauheim: von links Jan Schneider, Mike Josef, Peter Feldmann, Uwe Becker und Stefan Majer.
Die Spitzenpolitiker der Koalition, beseelt vom Geist von Bad Nauheim: von links Jan Schneider, Mike Josef, Peter Feldmann, Uwe Becker und Stefan Majer. © Monika Müller

Die Frankfurter Römer-Koalition zeigt eine demonstrative Einigkeit nach ihrer Klausur in Bad Nauheim. Zur Halbzeit der Legislaturperiode setzt sie auf soziale Akzente.

Die Tourismus-Werber der Kurstadt Bad Nauheim müssen begeistert gewesen sein, so oft beschwören die Spitzen der Römer-Koalition den „Spirit of Bad Nauheim“, die neue Einigkeit. Betont lässig sitzen sie zusammen im Frankfurter Magistrats-Sitzungssaal, lächeln und scherzen: Die Entscheider des Magistrats und der Fraktionen von CDU, SPD und Grünen präsentieren am Donnerstag ihr Regierungsprogramm für die nächsten zweieinhalb Jahre. Das ist ein hübsch inszeniertes Stück, aber mit ernstem Hintergrund. 

Bürgermeister Uwe Becker sieht die Koalitions-Beschlüsse als Antwort auf die Versuche „von den politischen Rändern, die Demokratie zu zerstören“. Er beteuert mit einem gewissen Pathos: „Unsere Demokratie funktioniert.“ 

Personaldezernent Stefan Majer (Grüne) formuliert es nüchterner. „In den letzten Wochen hat es durchaus Hänger gegeben, wir waren manchmal festgefahren“, sagt er. „Wir mussten einige Knoten zerschlagen.“ Er erinnert an die Klausur der drei Parteien und die langen, zähen Verhandlungen. „Entweder wir lassen es so zu Ende laufen – oder wir gehen einen Schritt weiter“, fasst Majer erfrischend ehrlich zusammen. 

Wieder und wieder trafen sich die Spitzen aus Magistrat und Fraktionen nach Bad Nauheim damals Ende November zu Nachverhandlungen. „Für mich war es kein Wellness-Urlaub, sondern eher stürmisch“, sagt Ursula Busch, die Fraktionsvorsitzende der SPD im Römer. Herausgekommen ist ein ziemlich soziales Programm unter anderem mit kostenlosem Eintritt für unter 18-Jährige in städtische und nichtstädtische Museen und den Zoo; sowie kostenlosem Eintritt für unter 15-Jährige in Schwimmbäder.

Das neue Freizeit-und Kulturticket können alle Familien nutzen, die bis zu 4500 Euro netto im Monat verdienen – also vier von fünf Familien in Frankfurt. Wer mehr verdient, soll die Freizeitkarte zu einem geringen Preis erwerben können. 

Bei den Schwimmbädern soll die Regelung zu Beginn des neuen Jahres greifen, bei den nichtstädtischen Museen wie Senckenberg oder Städel erst im Laufe 2019. Das Motto der Koalition sei „Now or never“ gewesen, scherzt der Bürgermeister, wie im Song des Wahl-Bad-Nauheimers Elvis Presley. „Oder war es ‚Love me tender‘?“, fragt Grünen-Fraktionschef Manuel Stock. 

Die Grünen haben nicht nur mehr Geld für Grün an Straßen und Schienen herausverhandelt und die Erweiterung des Grüngürtels in Nieder-Eschbach, sondern auch Tempo 30 bei Nacht auf dem Alleenring – einer von vier Hauptstraßen, wo Tempo 30 nachts getestet wurde. 

Das Tempolimit in der Nacht hatte die CDU-Fraktion lange bekämpft; ihr Einlenken wurde vermutlich mittels Tausch erreicht – gegen das Alkoholverbot am Kaisersack. „Das wäre nicht unsere Idee gewesen“, sagt Stefan Majer. Am Kaisersack sollen bald Menschen, die Alkohol trinken, verdrängt werden. Dazu wird die Gefahrenabwehrverordnung verändert.  Die Stadtpolizei erhält mehr Rechte. „Arbeitnehmer und Familien brauchen sichere Wege“, rechtfertigt OB Peter Feldmann (SPD) den Schritt. 

Majer, der auch Gesundheitsdezernent ist, betont, dass es gleichzeitig Hilfsangebote gebe. So werde das Nachtcafé für Drogenabhängige in der Moselstraße tagsüber geöffnet; außerdem könnten Menschen ohne Obdach im Winter in der Station Eschenheimer Tor übernachten. Zum Zeichen des neuen Zusammenhalts in der Koalition reicht Ursula Busch Hustenbonbons mit Zitronenmelissegeschmack an Stefan Majer. CDU-Fraktionschef Michael zu Löwenstein lehnt dankend ab. 

„Auch ich bin glücklich mit der Vereinbarung“, sagt zu Löwenstein – es bleibt sein einziger Satz während des Termins. Sonst sitzt der Fraktionsvorsitzende mit verdrossener Miene stumm dabei. Denn bis auf das Alkoholverbot im Kaisersack und die 16 Millionen Euro für das katholische Gymnasium in Trägerschaft der Malteser hat die CDU wenig erkämpft. 

Dennoch nahm die CDU-Fraktion am Abend zuvor die Vereinbarung einstimmig an. „Es ist ein gutes Paket“, urteilt der Grüne Manuel Stock. 

Und Oberbürgermeister Feldmann raunt beim Hinausgehen lächelnd den Journalisten zu: „Es ist ein sozialdemokratisches Programm.“

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