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Korruption im Römer: Frankfurter Filz

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Von: Georg Leppert

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AWO-Verantwortliche hofften auf Einfluss im Römer.
AWO-Verantwortliche hofften auf Einfluss im Römer. © Renate Hoyer

Der AWO-Skandal kostete Frankfurts Ex-OB Peter Feldmann den Job. Auch sein Nachfolger, Mike Josef, kann keinen Schlussstrich ziehen.

Frankfurt - Welche Rolle spielt der Korruptionsskandal rund um die Arbeiterwohlfahrt (AWO) für den Ausgang der OB-Wahl in Frankfurt? Vor der Abstimmung konnten auch Menschen, die sich sehr intensiv mit Kommunalpolitik beschäftigen, diese Frage nicht beantworten. Wenige Tage nach der Wahl lässt sich sagen: Das Thema AWO hat Mike Josef (SPD) durchaus zugesetzt, denn vor allem seine Partei sieht sich Vorwürfen ausgesetzt. Zum Wahlsieg hat es für Josef trotzdem gereicht.

Die Vorgänge um die AWO zeigen auf, wie Korruption auch funktionieren kann. Und wieso Menschen als Straftäter verurteilt werden, obwohl – besser: weil – sie nichts getan haben, wie sie glaubhaft versichern. Niemand ist mit einem großen Koffer voll Geld in den Frankfurter Römer marschiert, hat ihn auf einem Tisch im OB-Büro stehen lassen und deutlich gemacht, dass er gerne den Zuschlag für ein großes Bauprojekt hätte. Dennoch wurde der frühere Oberbürgermeister Peter Feldmann vom Landgericht zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Sofern der frühere SPD-Politiker, der mittlerweile aus der Partei ausgetreten ist, mit der von ihm angestrebten Revision keinen Erfolg hat, ist er vorbestraft.

AWO-Skandal: Verurteilung in Frankfurt wegen Korruption

Das Landgericht kam zur Auffassung, dass sich Feldmann nach Paragraf 331 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht habe. Dort geht es um Vorteilsannahme im Amt. Vorteile erhielt Feldmann von der AWO. Seine Ehefrau bezog als Kita-Leiterin ein ungewöhnlich hohes Gehalt und fuhr einen Dienstwagen, zudem sammelte die AWO Spenden für den Wahlkampf des Oberbürgermeisters.

Viele Unterstützer:innen von Feldmann, die den Medien (auch der FR) eine Kampagne gegen den OB vorwerfen, sehen das bestenfalls als Lappalie an. Doch Argumente, dass das Gehalt von Feldmanns Ehefrau trotz besonderer Bezahlung recht niedrig war und es sich beim Dienstwagen nur um ein kleines Auto handelte, mögen zwar stimmen. Für das Gericht waren sie nicht von Bedeutung.

Die entscheidende Frage aber lautete: Welche Gegenleistung hat Feldmann erbracht? Die Antwort der Strafkammer: Es brauchte keine. Das Gericht ging von einer stillschweigenden Unrechtsvereinbarung zwischen Feldmann und dem AWO-Vorstand aus. Zum Verhängnis wurden dem OB vor allem Nachrichten der AWO-Chefin, die durchaus Erwartungen an ihn hatte. Erwartungen, die Feldmann zumeist gar nicht erfüllen konnte, aber darum ging es nicht. Der Anschein einer zu engen, von persönlichen Vorteilen geprägten Beziehung reichte für eine Verurteilung.

AWO-Skandal: Anklage im Frankfurter Wahlkampf

Als Feldmann wegen der Vorwürfe gegen ihn abgewählt und später verurteilt wurde, standen sie bei der SPD vor schweren Fragen. Ist die folgende OB-Wahl überhaupt zu gewinnen? Werden wir nicht viel zu sehr mit Peter Feldmann in Verbindung gebracht? Die Partei hatte sich zwar von ihrem einstigen Hoffnungsträger distanziert und schließlich mit ihren Stimmen im Römer die Abwahl erst ermöglicht. Dennoch stand immer der Vorwurf im Raum, die SPD habe zu spät und zu halbherzig gehandelt.

Was also tun? Die Wahl abschenken, jemanden antreten lassen, der oder die ohnehin keine Chance hat? So wie es die CDU 2018 mit Bernadette Weyland tat? Die SPD entschied sich anders und schickte ihren Parteichef Mike Josef ins Rennen. Der 40-Jährige hatte, anders als viele andere Frankfurter Sozialdemokrat:innen, nie einen Job bei der AWO. Aber CDU (und im ersten Wahlgang auch die Grünen) hätten einen aggressiveren Wahlkampf führen können, sie hätten herausarbeiten können, wie nah sich Feldmann und Josef standen, bevor es zum Bruch kam. Und sie hätten wieder und wieder den Vorwurf erheben können, Josef habe in Sachen AWO nicht genug zur Aufklärung beigetragen.

AWO-Skandal: SPD in Frankfurt verliert Unterstützung

Das taten die Gegner:innen des SPD-Politikers nicht. Und dennoch wäre die AWO-Affäre Josef fast zum Verhängnis geworden. Am Tag nach dem ersten Wahlgang kam heraus, dass auch der frühere Leiter des Hauptamts, Tarkan Akman, in den Skandal verwickelt ist. Auch er ist bei der SPD, war ein enger Vertrauter von Feldmann und soll, so die Anklage, seiner Schwester Jobs bei der AWO ermöglicht haben. Wie bei Feldmann ist von einer stillschweigenden Unrechtsvereinbarung die Rede.

Spätestens jetzt reichte es vielen Anhänger:innen der SPD. Schon im ersten Wahlgang hatte Josef sein Potenzial nicht ausgeschöpft und von den Menschen, die bei der Kommunalwahl 2021 die SPD gewählt hatten, längst nicht alle Stimmen erhalten. Im zweiten Wahlgang bekam Josef nur noch von 87,6 Prozent seiner Wähler:innen aus dem ersten Durchgang ein Kreuz. Bei Uwe Becker (CDU) lag diese Quote bei 97,4 Prozent.

Demo für die Abwahl von Peter Feldmann vor dem Gerichtsgebäude.
Demo für die Abwahl von Peter Feldmann vor dem Gerichtsgebäude. © Renate Hoyer

Dass es für Josef dennoch reichte, hat er vielen Stimmen aus dem Lager der Grünen zu verdanken. Zu den Vorgängen rund um Tarkan Akman sagte er im FR-Interview: „Natürlich muss das aufgeklärt werden.“ Mit neuen Strukturen im Hauptamt will der designierte Oberbürgermeister Korruption zumindest erschweren. (Georg Leppert)

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