Klimaschutz in Frankfurt: 23 059 Menschen machen Druck

Initiative Klimaentscheid überbringt der Stadtpolitik 15 klimapolitische Forderungen. Politik freut sich über „Tritt in den Hintern“.
Frankfurt wird vielleicht doch noch klimaneutral. Zumindest haben am Samstag etwa 80 engagierte Menschen der Gruppe Klimaentscheid der Stadt 15 klimapolitische Forderungen symbolisch auf einem Silbertablett überreicht. Außerdem eine Liste mit 23 059 Unterschriften von Menschen, die das unterstützen.
Auf dem Tablett ist zum Beispiel ein Baum zu sehen, also mehr Grün für die Stadt. Dächer mit Solarpaneelen, ein Schild, das einen verkehrsberuhigten Bereich anzeigt. Außerdem der Hinweis, dass der CO2-Ausstoß sinken müsse. Mittels energetischer Gebäudesanierungen oder dadurch, dass weniger Autos fahren.
Das Quorum, um Beachtung in der Politik zu finden, hat man erreicht. 23 059 Menschen – in Wählerstimmen gerechnet wäre der Klimaentscheid viertstärkste Kraft bei der Kommunalwahl geworden, verdeutlicht Mitorganisatorin Anea Lang die Wucht des Begehrens. Es ist allerdings erst ein Etappensieg. Die Stadt prüft jetzt, ob alle Formalien erfüllt sind. Der nächste Schritt wäre ein Bürgerentscheid über die 15 Forderungen. Bei dem müssten 82 500 Menschen zustimmen. Dennoch ist es ein „wichtiges Signal“ in einer Zeit, in der Wald gerodet werde für Autobahnen und allenthalben Menschen kriminalisiert würden, die sich für das Klima einsetzen, so Lang.
Der Römer zeigt sich am Samstag durchaus beeindruckt. Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) sagt gar, es brauche in der Politik „ab und zu einen Tritt in den Hintern“. Schon der Radentscheid habe der Stadt gutgetan, so Heilig. Eine ähnliche prägende Wirkung erhoffe sie sich vom Klimaentscheid.
Gerade der Radentscheid habe gezeigt, dass es wesentlich ist, den Willen der Bürgerinnen und Bürger auch umzusetzen, sagt der städtische Planungsdezernent Mike Josef (SPD). Und nicht auf eine rechtliche Bewertung des Begehrens zu warten. Zwei Hauptverursacher von CO2 gebe es in der Stadt: Autos und Gebäude. Die Häuser gelte es nun so zu dämmen, dass sich die Menschen noch die Mieten leisten könnten. Und ein möglicher Ausbau der A5? „Das ist das Letzte, was wir jetzt brauchen!“
Die Stadt benötige mehr von „dieser gut organisierten Beteiligungskultur“, lobt auch Grit Winkler von Volt. Immerhin leistete die einen wichtigen Beitrag zur Akzeptanz der Dinge, die die Politik dringend umsetzen müsse. Beim Klimaschutz gelte: „Wir müssen deutlich schneller werden.“ Das findet auch FDP-Mann Matthias Petras. Auch er möchte den „parteiübergreifenden“ Schwung aus dem Bürgerbegehren mitnehmen, um die Stadt resilienter und klimaneutraler zu gestalten. Dass er dabei auf technischen Fortschritt setze, möchte aber niemand hören. Das Publikum murrt darob recht deutlich.
Eine „konsequente und an konkreten Zielen ausgerichtete Klimapolitik“ sei gefordert, sagt David Edelmann, klimapolitischer Sprecher der Grünen im Römer. Die Fraktionen der Stadtregierung arbeiteten „mit Hochdruck daran“, die Klimaneutralität, den Solarausbau, die energetische Sanierung, die Entsiegelung und Begrünung der Stadt voranzubringen, sagt er. Ebenso wie den Ausbau des Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehrs.
Aber Druck aus der Zivilgesellschaft könne nicht schaden. „Um im Widerstreit der konkurrierenden Interessen erfolgreich zu sein, ist der Druck und die Unterstützung von Initiativen extrem wichtig“, formuliert Thomas Schlimme, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Römer. Sogar die Klima-Union stimmt ein in den Chor der Begeisterung. Mit Einschränkung, versteht sich. „Das Tempo der Klimaschutzinitiativen der von den Grünen geführten Römer-Koalition ist zu langsam“, sagt Alexander Münter, Vorsitzender der Union.
Beim Verkehr wünscht die Union aber weniger Tempo. Nein, kein Limit, aber zuerst den Ausbau des Angebots an Nahverkehr, Fuß- und Radwegen. Bevor aktiv der Autoverkehr bekämpft werde. Das habe nur Verdrängung zur Folge, nicht aber, dass die Menschen auf den ÖPNV umstiegen.