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Klima-Hoffnung am Paul-Arnsberg-Platz

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Von: Thomas Stillbauer

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Eine Gleditschie an ihrem neuen Wohnort auf dem Paul-Arnsberg-Platz.
Eine Gleditschie an ihrem neuen Wohnort auf dem Paul-Arnsberg-Platz. © Peter Jülich

In diesem Sommer soll die bisher höllisch heiße Steinwüste im Ostend ein angenehmer Ort unter Bäumen werden.

Abends, sagt Gudrun Schmidt, hätten sie sich schon öfter mal auf dem Paul-Arnsberg-Platz getroffen, die Nachbarinnen und Nachbarn. Obwohl es da auch noch ziemlich warm war. „Der Boden hat die Hitze ja extrem gespeichert.“ Alles Stein. Tagsüber, wenn die Sonne schien, „konnte man hier Spiegeleier auf den Platten braten“. Die Bäume hätten ihre Schatten hinter die Bänke geworfen, auf denen die Leute schwitzten, das Regenwasser lief von den Bäumen weg in die Kanalisation. Kurz: Der Paul-Arnsberg-Platz im Ostend war kein Ort, an dem sich Menschen gern aufhielten. Das soll sich ändern.

Beim Ortstermin am Donnerstag sieht es zwar aus wie Kraut und Rüben, aber das ist ja schon mal ein Fortschritt. „Das wird hier ein Wallfahrtsort“, sagt Klimadezernentin Rosemarie Heilig (Grüne), denn auf diesem Platz geschieht Richtungweisendes: Eine Stadt korrigiert einen Irrtum, entsiegelt den Boden, pflanzt Blumen und Bäume für die Zukunft.

Dieser Irrtum, sagt Landschaftsarchitekt Otfried Ipach, habe in der Annahme bestanden, der Arnsberg-Platz brauche unbedingt einen Wochenmarkt, also versiegelten Boden. „Wir haben stundenlang über die Marktnutzung diskutiert“, sagt Ipach, „und dann war zwei Mal Markt und dann kahl.“ Markt verlaufen. Zu heiß. Kein gutes Geschäft. Oder wie Ortsvorsteher Hermann Steib (Grüne) launig formuliert: „Man gab dem Drängen nach, ein Wochenmarkt müsse sein, und in der empirischen Wirtschaftsforschung stellt sich heraus: Keiner kauft ein Ei.“

Noch mal zurück zu Ipach: Er hat vor zwanzig Jahren den Gestaltungswettbewerb gewonnen, diesen Platz geplant, der ein Glutofen wurde, und jetzt ist er wieder hier? Damals sei kein Raum für anderes Denken gewesen, sagt er. Jetzt schon, Stichwort Schwammstadt. „Der Untergrund, den wir schaffen, ist das Beste vom Besten, das werden vitale Baumstandorte.“ Und Stadträtin Heilig verspricht viel mehr Aufenthaltsqualität. „Wir dürfen Plätze nicht mehr so planen wie damals“, sagt sie. Der kommende Sommer werde wieder heiß, da brauche es Orte mit Schatten und Kühle.

Darauf pochte die Paul-Arnsberg-Platz-Initiative (Papi) seit 2017, startete einen Workshop in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule, setzte alles in Bewegung, damit ihre Umgebung lebenswert wird. „Ein richtiges Lehrstück“, lobt Heilig. Die Initiative mündete in eine Planungswerkstatt, und jetzt ist die Steinwüste aufgebrochen: Überall wird gegraben, es entstehen 30 Baumstandorte für Zürgelbaum, Schmalblättrige Esche, Gleditschie und Co., große Blumenwiesen und Stauden-Gräser-Beete, ein Brunnen und eine Pergola. Mitte dieses Jahres soll alles fertig sein und insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro kosten.

„Wir werden uns als Bürgerinitiative weiter darum kümmern, dass der Platz gut angenommen wird“, sagt Gudrun Schmidt. Schon die armen Trompetenbäume, die auf verlorenem Posten standen, gossen sie fünf Jahre lang aufopferungsvoll, doch vergebens. Als sie gefällt wurden, sagt Schmidt, habe man an den äußeren fünf Jahresringen gesehen, dass das Gießen half. Doch darunter saß schon der tödliche Pilz. Was für eine traurige Geschichte.

Aber womöglich eine mit Happy End. Umwelterziehung, Konzerte, einen Mittelpunkt der Nachbarschaft sieht die Papi auf ihrem künftigen grünen Platz. Wasserspiele hätten sie auch gern gehabt, aber das war technisch nicht umsetzbar. Wenigstens reicht die Tiefgarage nur ein kleines Stück unter den Platz – sonst hätte es auch für die Bäume düster ausgesehen – so wie etwa am Roßmarkt und Goetheplatz.

„Wir hätten schon fast selbst angefangen zu graben“, sagt Anwohnerin Schmidt. Es sei auch ein Lernprozess gewesen, Geduld aufzubringen, aber es habe sich ausgezahlt. Fünf Jahre lang wird die Stadt nun die neuen Bäume wässern, zwei Jahre die Beete. „Wir werden die Bäume hier nicht verdorren lassen“, sagt Heilig. Beim Blick auf die umliegenden kahlen Hauswände fällt ihr auch Fassadengrün ein, das dringend nötig wäre. Und Frankfurt hat viele weitere Plätze, denen mehr Grün gut täte. Nächstes Projekt: Riedbergplatz. Auch da gibt es eine aktive Nachbarschaft.

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