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Kleine Parteien in Frankfurt: Der Traum von fünf Prozent

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Von: Sandra Busch

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Neben den sechs etablierten wollen zahlreiche kleine Parteien in den Bundestag einziehen.
Neben den sechs etablierten wollen zahlreiche kleine Parteien in den Bundestag einziehen. © Christoph Boeckheler

17 kleine Parteien treten in Frankfurt bei der Bundestagswahl mit eigener Liste an. Eine Chance auf den Einzug ins Parlament haben sie eher nicht, eine Rolle spielen sie dennoch.

Sie sind die „Sonstigen“. Die kleinen Parteien, die von fünf Prozent träumen, die sich oft einzelnen Themen wie dem Tierschutz oder der Gesundheitsforschung widmen. Bei Umfragen werden sie neben den etablierten Parteien unter „Sonstige“ zusammengefasst und nicht einzeln ausgewiesen. Siebzehn dieser kleinen und Kleinstparteien treten in Frankfurt bei der Bundestagswahl mit einer eigenen Liste an. Eine Chance, ins Parlament zu kommen, haben sie eher nicht. Eine Rolle spielen sie bei der Wahl dennoch.

Shootingstar Volt

Shootingstar der jüngeren Zeit ist unter den kleinen Parteien Volt. Die 2018 gegründete Partei will stets grenzübergreifend denken, setzt stark auf die Themen Europa und Digitalisierung. Sie kämpft das erste Mal bei einer Bundestagswahl um Stimmen der Wählerinnen und Wähler und hat zuvor schon Erfolge erzielt. Volt ist mit einem Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten und auch in den Kommunen erfolgreich, regiert in Frankfurt in dem Bündnis aus Grünen, SPD und FDP mit. Eine Partei im Aufstieg – aber bisher eben nur bei Wahlen, bei denen es keine Fünfprozenthürde gibt.

Einer, der sowohl schon den Aufstieg als auch den Niedergang einer kleinen Partei miterlebt hat, ist Herbert Förster, Stadtverordneter der Piratenpartei in Frankfurt. Bei ihrer Gründung 2006 hatten die Piraten vor allem ein Thema: die Netzpolitik. „Wir sind als Protestpartei damals aufgeschlagen“, sagt Förster. „Wir haben das Richtige thematisiert und die Leute unserer Altersgruppe und Jüngere angesprochen.“ Die Piraten zogen in Kommunal- und Landesparlamente ein – die Folge: „Bei anderen Parteien haben die Alarmglocken geschrillt und sie haben sich des Themas angenommen“, sagt Förster.

Wahlkampfkosten

Alle Parteien hoffen , bei der Bundestagswahl über 0,5 Prozent zu kommen. Denn dann gibt es Geld vom Bund, mit dem die Parteien weitere Wahlkämpfe und Aktionen finanzieren können.

Für die ersten vier Millionen gültige Listenwählerstimmen erhalten die Parteien jährlich bis zur nächsten Wahl jeweils einen Euro pro Stimme. Vorausgesetzt, sie haben bei Europa- und Bundestagswahlen einen Stimmenanteil von mehr als 0,5 Prozent, bei Landtagswahlen von mehr als einem Prozent. Jede weitere Stimme bringt jährlich 83 Cent. Für die Kommunalwahlen gibt es keine Kostenerstattung.

Einen weiteren Zuschuss vom Staat gibt es ganz unabhängig vom Wahlkampf: Die Parteien erhalten 45 Cent für jeden von ihnen eingenommenen Euro aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. sabu

Breiter aufstellen konnte sich die Partei dann nicht so schnell. Es dauere, auf anderen Feldern eine Expertise zu entwickeln, sagt Förster. Ging es um Soziales, um Wirtschaft dann „wurden wir nicht ernst genommen, sind verniedlicht worden“. Auch habe Unkenntnis darüber geherrscht, „wie man in den Parlamenten agiert“. Als andere Parteien das Schwerpunktthema der Piraten aufgegriffen hatten, war es vorbei mit dem Aufstieg. Mit einem Thema könne man immer mal einen Achtungserfolg erzielen, sagt Förster. „Wenn man es aber nicht schafft, die Menge zu begeistern, hat man ein Problem.“

Nun ist Netzpolitik immer noch ein Schwerpunktthema der Piraten. Aber eben auch Bildung und Klima, Arbeit und Soziales. Gefordert wird eine schnelle Energiewende, die Partei engagiert sich für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens und eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. „Wir machen linke bis sozialliberale Politik“, sagt Förster. Es gehe nun darum, beständig in der Kommunalpolitik gute Arbeit zu machen, „damit einem dann auch Landes- und Bundespolitik zugetraut wird. Das ist das Rezept.“

So wie die Piraten einst als Protestpartei begannen und die Netzpolitik damit auf die Agenda der etablierten Parteien setzten, machen sich auch andere Parteien für spezielle Themen stark. So hat sich etwa die „Partei für Veränderung Vegetarier und Veganer“ eine Verbesserung des Verbraucher-, Klima- und Tierschutzes zum Thema erkoren. Die Freien Wähler wollen die Kommunalpolitik durch mehr Basisdemokratie stärken und fordern Bürgerräte, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene.

„Wirecard für alle“

Die Freien Wähler sind auch mit einem Sitz in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung vertreten. Sie gelten als eine der größeren kleinen Parteien, so wie die Partei „Die Partei“ mit zwei Stadtverordneten in Frankfurt. Diese parodiert als Satirepartei mit ihren Aktionen und politischen Forderungen etablierte Parteien. So fordert die Partei ein Existenzmaximum von zehn Millionen Euro und „Wirecard für alle!“.

Derzeit liegen die „Sonstigen“ in Umfragen etwa bei acht bis neun Prozent. Bei der Bundestagswahl 2017 waren es nur fünf Prozent. Der Anteil der „Sonstigen“ beeinflusst am Ende den Prozentsatz, der für die Mehrheit der Mandate im Bundestag und damit für ein Regierungsbündnis ausreicht. Wenn nun mehr Menschen ihre Stimme an Parteien geben, die nicht in den Bundestag einziehen, lassen sich mit weniger Prozenten Regierungsmehrheiten bilden.

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