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Kleine Blüten, große Liebe in Frankfurt

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Von: Thomas Stillbauer

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Gänseblümchen ohne Ende.
Gänseblümchen ohne Ende. © Christoph Boeckheler

Gänseblümchen und Löwenzahn: Die sind doch viel zahlreicher auf den Wiesen in diesem Jahr – oder etwa nicht?

Sie sind überall. Aber keine Angst: Sie sind ganz lieb. Meistens. Und hübsch. Und sogar lecker, wenn man will.

Gänseblümchen und Löwenzahn – kein Quadratmeter Wiese oder Niddaufer, auf dem sie in den vergangenen Wochen nicht blühten beziehungsweise zu Pusteblumen metamorphosierten. Massen davon. Gibt es nicht unglaublich viele Gänseblümchen in diesem Frühjahr? „Nein“, sagt die Biologin und Umweltdezernentin Rosemarie Heilig. „Glaube ich nicht“, sagt Senckenberg-Botanikerin Indra Starke-Ottich. „Bei uns schon“, sagt Palmengarten-Kustodin Hilke Steinecke.

Aber eins nach dem anderen. Gänseblümchen, oder wie die Schweiz sagt: Margritli, weil sie aussehen wie kleine Margeriten, ploppen aus Wiese und Rasen, schneller als die Schweizer Margritli sagen können. Wer im Garten gerade den Rasen gemäht hat und sich nur kurz umdreht, stellt fest: Da sind sie ja schon wieder! Ein Phänomen.

„Gänseblümchen lieben häufig gemähten Rasen, weil sie sich sonst gegen andere Pflanzen nicht durchsetzen können“, sagt Indra Starke-Ottich. Die Konkurrenz wird praktisch vom Mäher in Schach gehalten, und die flotten Kleinen nutzen ihre Chance. Dass sie ganz besonders zahlreich seien, glaubt sie wie die Stadträtin Heilig nicht. „Es war früh warm in diesem Jahr, vielleicht sind sie deshalb stärker aufgefallen.“

Na, wollen wir’s mal glauben. Gänseblümchen blühen den ganzen Sommer und arbeiten im Nebenberuf als Heilkräuter, die bei leichten Verletzungen und auch gegen Erkältung helfen. Ihre Blüten schmücken den Salat; ihre Knospen kann man einlegen wie Kapern, sagt Hilke Steinecke.

Und damit zum Löwenzahn. Ganz Frankfurt ist von Löwenzahn bewachsen. Ganz Frankfurt? Ganz Frankfurt. „Er besiedelt jeden kleinen Standort“, sagt Indra Starke-Ottich, „er kommt überall hin mit seinen Schirmchen.“ Dann ist er aber schon Pusteblume. Vorher, wenn er gelb blüht, taucht er in vielen verschiedenen Arten in der Stadt auf, was außer den Spezialisten kaum jemand ahnt. Nicht immer ist er ein gutes Zeichen: Löwenzahnwiesen sind oft überdüngt. „Er steckt das Nitrat gut weg“, sagt die Botanikerin.

„Ich stehe im Augenblick echt auf Löwenzahn“, gesteht Hilke Steinecke. Im Palmengarten hatte er gute Karten, weil im Pandemie-Frühling ohne Besucher wenig gemäht wurde. „Es gibt aber auch Wiesenstücke, die wir ganz bewusst nur sehr selten mähen, um sie für Insekten stehenzulassen.“ Kaninchen schätzen des Löwenzahns Blätter, Menschen können mit der Pflanze noch viel mehr anfangen: Tee, Suppe, Salbe, Creme lässt sich aus den vitamin- und mineralienreichen Korbblütlern zaubern.

Hilke Steinecke hat Löwenzahngelee gemacht. „Einen halben Gefrierbeutel voll Blüten in etwa drei Liter Wasser, den Saft von drei Zitronen dazu, über Nacht einlegen, dann Gelierzucker im Verhältnis 2:1. Schmeckt etwa in Richtung Honig.“ Außerdem hat die Kustodin in diesem Jahr Ostereier, Teller und eine Zinnkanne mit Pusteblumenmotiven bemalt. „Normalerweise habe ich ja nie Zeit für so was – jetzt fielen wegen Corona alle Reisen und Vorträge flach.“

Die gelben Blüten sind draußen längst dem beliebten Kinderspielzeug Pusteblume gewichen. Je länger die Sonne scheint und kein Regenguss ihre Frisur zerzaust, desto länger sieht man sie auf den Wiesen stehen.

Die bloße Erwähnung von Löwenzahn und Margritli öffnet Herzen. Im Bekannten- und Kollegenkreis fliegen die Hinweise los wie Löwenzahnschirmchen: „Wusstest du, dass ihre Wurzeln einen Meter lang werden?“ – „Der Saft des Löwenzahns hat die Warzen meines Sohnes in kürzester Zeit geheilt.“ – „Gänseblümchenknospen kann man rösten und Kaffee daraus machen.“

Hier noch eine gelungene Geschäftsidee von Anneke (7) und Tammo (5) aus dem Vordertaunus. Sie vereinbarten mit ihrer Mutter: fünf Cent für jeden ausgezupften Löwenzahn zwischen dem Gemüse. Nach einiger Zeit kamen sie mit einer Schubkarre voll Löwenzahn zurück. Die Vermutung der Eltern, das junge Team habe auf einer nahe gelegenen Wiese zusätzliche Ware beschafft, kann bis zur Vorlage von Beweisen natürlich nur als bloße Unterstellung gelten.

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