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Prozess um Messerangriff und „Allahu akbar“-Ruf: Jenseits von Gut und Böse

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Von: Stefan Behr

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Landgericht Frankfurt/Main
Landgericht und Amtsgericht Frankfurt. © Fredrik von Erichsen/dpa/Archivbild

Prozess vor dem Landgericht Frankfurt gegen den Mann, der einem Fremden ein Messer in den Hals gerammt und dabei „Allahu akbar“ gerufen hatte.

Frankfurt – Am Mittwochmorgen (19. April) betritt der 30 Jahre alte Mohamed B. zumindest physisch den Saal der Großen Strafkammer des Frankfurter Landgerichts, vor der er sich in den kommenden Wochen wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Wo er sich psychisch befindet, ist freilich die Frage.

Das war sie wohl schon am späten Vormittag des 10. Juni vergangenen Jahres so. Da betrat B. laut Anklage den Hof einer Moschee in der Höchster Silostraße und sprach einen Arbeiter an, der dort Kabel verlegte. Die Konversation scheiterte daran, dass B. kein Albanisch und der Arbeiter kein Arabisch spricht. Daraufhin verschwand B. kurz in der Moschee, um Zwiesprache mit Gott zu halten, kehrte zurück, hockte sich hinter den telefonierenden Arbeiter uns stach diesen mit dem Ruf „Allahu akbar!“ ein Messer in den Hals.

Der Stich war zwar nicht lebensgefährlich, was aber gerade am Hals reine Glückssache war. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass B. den Tod des Mannes zumindest billigend in Kauf genommen habe. Aufgrund der Tatumstände suchte die Polizei B. mit Großaufgebot und Polizeihubschrauber – und fand ihn noch in Tatortnähe.

Prozess vor dem Landgericht Frankfurt wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung

B. äußert sich vor Gericht zur Tat, und bereits seine ersten Sätze lassen gewisse Zweifel an seiner Schuldfähigkeit aufkommen: „Er lief hinter mir, ich habe das gespürt. Da war jemand, der das Auto hinter mir gefahren hat und ein weiterer Mann hat auf ihn gewartet. Das war’s.“

Fast nichts, was B. zu Beginn des ersten Verhandlungstags von sich gibt, ergibt Sinn. Oft versteht nicht einmal sein Dolmetscher, was der Angeklagte eigentlich sagen will. Und wenn man es versteht, steht es in krassem Widerspruch zu dem, was B. in der Untersuchungshaft dem psychiatrischen Gutachter erzählt hatte, der ebenfalls im Prozess sitzt und ungläubig den Kopf schüttelt. „Wenn man im Gefängnis sitzt, hat man seinen Kopf nicht dabei“, erklärt B. die Diskrepanzen.

Ein islamistischer Hintergrund scheint ausgeschlossen. B. ist nach eigenen Angaben zwar religiös, aber auch homosexuell, was ein waschechter Dschihadist nicht einmal lügen würde. Er ist allerdings, wie er selbst sagt, „krank“, und zwar „an den Nerven“: „Immer, wenn ich draußen bin, habe ich das Gefühl, dass alle mir Böses wollen.“ Und nicht nur draußen: Auch in der U-Haft ist es bereits zu Vorfällen mit Mitgefangenen und Aufsehern gekommen. Falls B. den Verfolgungswahnsinnigen nur spielen sollte, tut er das brillant. Ob dem so ist - und damit auch die Frage der Schuldfähigkeit – muss wohl der Gutachter klären. (Stefan Behr)

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