Impfen und Testen: „Dann mache ich es halt jetzt“

Der Malteser Hilfsdienst impft zum vorerst letzten Mal an der Konstablerwache. Einige sind bereit, weiter freiwillig lieber für Tests zu bezahlen. Andere lassen sich dann doch den Piekser geben, um wieder mehr Freiheiten zu haben.
Kerstin Laackmann füllt an einem Stehtisch gerade ein Formular aus. Die Frankfurterin ist am Samstagmittag „spontan“ zur mobilen Impfstation der Malteser gekommen, um sich zum zweiten Mal piksen zu lassen. „Ich bin mit Johnson & Johnson geimpft, aber ich habe in letzter Zeit oft gehört, dass man sich nachimpfen lassen soll, wenn man diesen Impfstoff bekommen hat“, erzählt Laackmann. Im Juni wurde sie zum ersten Mal geimpft. Bevor sie nun dazu kommt, bei ihrem Hausarzt einen Termin auszumachen, hat sie sich für die schnelle und unkomplizierte Variante im Frankfurter Stadtzentrum entschieden.
Seit Anfang August impfen die Malteser an der Konstablerwache Impfwillige. An diesem Samstag vorerst zum letzten Mal, in erster Linie wegen des Wetters, wie Leon Stoll, Koordinator der mobilen Impfaktion, erläutert. „Das Angebot ist sehr gut angenommen worden. Wir sind mehr als zufrieden“, sagt der 25-Jährige vom christlichen Hilfsdienst. Alleine am vergangenen Samstag seien es 320 Impfungen in nur sechs Stunden gewesen. Von der Erstimpfung über Eltern, die mit ihren Kindern kämen, bis hin zu Drittimpfungen sei alles dabei. Geimpft werde mit Biontech und Moderna, das Vakzin von Johnson & Johnson sei derzeit nicht verfügbar.
Das frische, aber sonnige Wetter am Samstag nutzten viele Leute nicht nur für den Einkauf und einen Bummel in der City: Die Schlange vor dem Zelt der Malteser wurde mit fortschreitender Zeit immer länger. Das Team vom Christlichen Hilfsdienst besteht aus zehn bis zwölf Leuten. Arzt, Medizinische Fachangestellte und Helferinnen und Helfer für die Dokumentation sind dabei. Nach der zweiten Impfung wird auch vor Ort der QR-Code erstellt, um den Impfnachweis sofort aufs Handy übertragen zu können.
Den bekommt auch Adil Khabi, der sich am Samstag zum zweiten Mal impfen lässt. Bereits die erste Impfung hat er im Malteser-Zelt bekommen. „Es gibt manche Leute wie ich, die nicht so früh Feierabend bekommen, um zum Impfzentrum oder zum Arzt zu gehen“, sagt Khabi. So bleibe nur der Samstag, um so ein Angebot nutzen zu können.
Eher ungewollt nimmt Bernd Brindza das Angebot wahr, wie er offen zugibt. Er arbeitet in der Gastronomie und sein Arbeitgeber will ihm nicht mehr die Tests zweimal pro Woche bezahlen. „Dann habe ich mir gesagt, dann mache ich es halt jetzt. Dann habe ich mehr Freiheiten“, sagt Brindza. Er komme ohne Impfung auch nicht mehr in andere Lokale oder Clubs rein. „Eigentlich ist es ja letztendlich dir überlassen, was du tust und wann du etwas tust. Aber so wird es erzwungen“, sagt Brinzda.
Impftermine in frankfurt
Das Gesundheitsamt , Breite Gasse 28, bietet jeden Montag bis Freitag bis zum 29. Oktober Impfungen von 8 bis 20 Uhr mit Biontech und Moderna an
Weitere Impfmöglichkeiten in den kommenden Tage ohne Termin gibt es untere anderem am Montag von 10 bis 16 Uhr, im Personal- und, Organisationsamt, Münchener Straße 1. Am Mittwoch, 20. Oktober, 9 bis 15 Uhr, im Ben-Gurion-Ring 56. sowie am gleichen Tag von 10 bis 16 Uhr, im ASB Testcenter, Limescorso 8. Die TG Bornheim bietet am Mittwoch und Donnerstag von 15 bis 20 Uhr Impfungen bei sich in der Berger Straße 294 an.
Am Samstag wird im Zoo , Bernhard-Grzimek-Allee 1, von 9 bis 16 Uhr geimpft. tim
Weitere Termine gibt es unter:
www.frankfurt.de
Diejenigen, die keine Impfung möchten, müssen sich seit kurzem kostenpflichtig testen lassen. Das große Testzentrum auf der Zeil hat bereits seine Pforten geschlossen und ist leer geräumt. Ein kleines Testzentrum gibt es noch neben Karstadt, es wird nur noch wenig frequentiert. Eine Familie steht davor, die Kinder haben ihr Testheft zu Hause liegen lassen. Jetzt müssen sich alle testen lassen, um essen gehen zu können.
Auch Abbas und seine zwei Freunde stehen vor dem Testzentrum, um per QR-Code einen Termin auszumachen, weil sie ins Restaurant gehen wollen. Abbas ist geimpft, seine zwei Freunde nicht. „Obwohl ich geimpft bin, habe ich zweimal Corona bekommen und war viermal krank“, erzählt Abbas. Sein Immunsystem sei durch die Impfung deutlich geschwächt worden. Im Rückblick hätte er wohl darauf verzichtet.
Sein Freund, für den Abbas übersetzt, sagt, „es gibt sehr viele Widersprüche“. Er leugne nicht, dass es Corona gebe. Aber es gebe viele Berichte von prominenten Menschen, denen es nach der Impfung schlechter gehe. „Ich möchte nie nur eine Nummer sein, sondern selbst frei entscheiden können“, sagt er. Deshalb sei er auch bereit, Geld für die Tests zu bezahlen.
Auch Abbas anderer Freund findet, dass es noch nicht genügend Studien über die Wirksamkeit des Impfstoffs gebe. „Wenn es die gibt und es sich zeigt, dass sie etwas bringen, lasse ich mich vielleicht impfen“, sagt er.
Am Zelt der Malteser haben Leon Stoll und seine Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Wochen viele Aufklärungsgespräche über das Impfen geführt. „In den ersten Wochen kamen viele, die überzeugt waren. Jetzt müssen wir viel Zeit für die Aufklärung aufwenden“, berichtet Stoll. Außerdem helfen er und sein Team beim Ausfüllen der Formulare Menschen, die der deutschen Sprache nicht so mächtig sind. In jeder Woche mussten sie sich auch mit mindestens einem Pöbelnden auseinandersetzen. „Von ,Wie könnt ihr nur‘ bis zu Holocaustvergleichen war alles dabei“, berichtet Stoll.
Die Malteser, die die mobilen Impfaktionen wie an der Konstablerwache oder im Hessencenter selbst koordiniert haben, werden auch in den kommenden Wochen weiter im Auftrag des Gesundheitsamts Impfungen vornehmen. „Wir wollen demnächst wieder Alters- und Pflegeheime anlaufen“, kündigt Stoll an.