Proteste aus einerDiktatur

Das Iranische Frauen-Filmfestival in Frankfurt-Höchst thematisiert das Schicksal der Unterdrückten im Iran. Die Filme zeigen, wie Filmemacherinnen unter dem islamistischen Regime arbeiten.
Seit September toben die Proteste im Iran. Der Tod der jungen Frau Mahsa Amini, die durch die iranische Sittenpolizei verhaftet wurde, hat die Revolution gegen die Führung in der islamischen Republik vor sechs Monaten ins Rollen gebracht. Seitdem wird im Iran protestiert, lange Zeit heftig und laut auf der Straße, mittlerweile hat der Protest Einzug in den Alltag vieler Iraner:innen gefunden.
Der Frankfurter Filmemacher Siamak Poursharif sieht das. „Nach diesen Unruhen hatte ich das Gefühl, dass ich mich auf die weiblichen Künstlerinnen fokussieren muss, weil sie die Sache im Iran voranbringen“, sagt er. Ich kenne keine große Revolution der letzten 100 Jahre, die hauptsächlich von Frauen in Gang gesetzt wurde“, sagt der Mann mit persischen Wurzeln. Aus diesem Anlass hat er das erste Iranische Frauen-Filmfestival Frankfurts ins Leben gerufen. Vom 30. März bis zum 5. April zeigen die Filmtage im Film Forum Höchst und im Harmonie Filmtheater vier Spielfilme, drei Dokumentarfilme und fünf Kurzfilme von zwölf Regisseurinnen aus dem Iran, die zwischen 2019 und 2022 gedreht wurden. Gezeigt werden die Geschichten in Originalfassung mit englischen Untertiteln.
Die Filme verdeutlichen, wie Filmemacherinnen unter einer islamistischen Diktatur arbeiten. „Sie sprechen mit ihren Filmen Themen an, die das Regime nicht veröffentlicht haben möchte“, sagt Poursharif. Ausreisen dürfen sie nicht. Deshalb werden sie für den Austausch nach den Filmen per Videotelefonie auf die Leinwand geschaltet.
Der Film „Radiograph of a family“ von Firouzeh Khosrovani beispielsweise erzählt die ganz persönliche Geschichte aus Khosrovanis Familie. Er zeigt, wie ihre Mutter in Teheran das Porträt ihres Vaters heiratet, als dieser aus der Schweiz nicht zu seiner Hochzeit in seine Heimat zurückkehren konnte. Hier trifft ein säkularer Progressiver auf eine traditionelle und gläubige Muslimin. Die Familiengeschichte dient als Spiegelbild für die Konflikte der iranischen Gesellschaft vor und nach der Revolution im Jahr 1979. Regisseurin und Journalistin Khosrovani engagiert sich aktiv in den Protestbewegungen im Iran und wurde deswegen mehrere Male verhaftet.
Auch ihre Kollegin Mojgan Ilanlou wurde 2022 verhaftet und im Januar 2023 vom Revolutionsgericht wegen Verbrechen gegen die Gemeinschaft und geheimer Absprachen, die die Sicherheit des Landes gefährden, zu sechs Jahren Haft verurteilt. Bei den Filmtagen wird ihre Dokumentation „Synopsis“ zu sehen sein. Von 2016 bis 2020 hat sie für den Film junge Mädchen begleitet, die im Iran Wrestling machen möchten, dies aber in der patriarchalischen und religiösen Gesellschaft des Iran für sie nicht möglich ist.
Poursharif hat bereits in den 90er Jahren Filmfestivals mit iranischen Filmen organisiert. Er berichtet, dass die Filmproduktion im Iran durch die Auflagen des Regimes deutlich zurückgegangen sei. „Waren es zuvor 100 Filme pro Jahr, sind es jetzt nur noch rund 70“, sagt er. Ganze Drehbücher müsse man erst genehmigen lassen. Viele würden daher auch illegal produzieren. „Der Iran war immer ein westlich orientierter Staat“, sagt er. „Das hat das Regime nicht ändern können.“
Er war jedoch selbst überrascht, welch positive Resonanz und Entgegenkommen er von städtischer Seite für sein Festivalkonzept bekommen hat. In nur drei Monaten hat Poursharif mit dem dafür gegründeten Verein das erste iranische Frauen-Filmfestival Frankfurts organisieren können.