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Bei Frosch, Fisch und Schnellhase in der Druckerei

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Von: Holger Vonhof

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Die elfjährige Nova druckt eine Frühlings-Blüten-Postkarte.
Die elfjährige Nova druckt eine Frühlings-Blüten-Postkarte. © Rainer Rüffer

Drucker und Druckerinnen öffnen ihre Werkstatt in der Leunastraße und zeigen ihre Kunst. Großes Interesse am bundesweiten „Tags der Druckkunst“ in Höchst.

Es braucht Kraft, um den Hebel des „Boston-Tiegels“ herunterzudrücken. Aber Nova (11 Jahre) schafft es auch ohne, dass Papa ihr helfen muss: Die Höchster Schülerin druckt an der handbetriebenen Tiegelpresse in der Druckwerkstatt an der Leunastraße ihre eigene bunte Frühlingsblüten-Postkarte.

Zum „Blüten drucken“ hatten die Betreiber Tanja Huckenbeck und Marcus Bonszkowski am Samstag anlässlich des bundesweiten „Tags der Druckkunst“ eingeladen, und das Interesse war enorm: Rund 50 Gäste, die Hälfte davon Kinder, lernten die „Schwarze Kunst“ Gutenbergs kennen. Tanja Huckenbeck freut sich: „Das Spektrum reichte vom kleinen Kind, vielleicht vier Jahre alt, das noch gar nicht lesen kann, was es da druckt, bis zu einem alten Drucker-Kollegen, der noch bei Brönners gelernt hat.“ Die 1727 gegründete Frankfurter Druckerei, die noch im Jahr 2000 in den Industriepark Höchst übersiedelte, ist vor 20 Jahren in Insolvenz gegangen. Auch eine andere frühere Kollegin, die im Druckgewerbe gearbeitet hatte, kam. „Ich glaube, sie hat nicht mal gedruckt; sie wollte wohl nur mal wieder die Farbe riechen“, sagt Tanja Huckenbeck, selbst gelernte Schriftsetzerin.

Gedruckt werden konnten an zwei Boston-Tiegeln in der Werkstatt sowohl Blütenmotive als auch schwarze Schrift. Diese Art der Druckpresse, bei der ein Tiegel mit Kraftaufwand um eine Welle schwingt und gegen den Druckpunkt klappt, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Boston entwickelt. Die Funktion ist schnell ersichtlich. Aber wie wird aus einzelnen Lettern eine Druckzeile geformt? Wie funktioniert ein Winkelhaken, eine Lehre, die die Zeile trägt? Welche Schriftgrößen gibt es, woher kommen die typographischen Maßeinheiten Cicero und Punkt? Was haben Fische und Frösche damit zu tun?

Kaum ein Handwerker-Jargon ist so bildreich wie die Sprache der Drucker. Der Frosch ist das verschiebbare Mittelstück auf dem Winkelhaken, mit dem die Zeile fixiert wird. Ein Fisch ist eine im falschen Fach des Setzkastens liegende Drucktype; daher kommt auch der „Zwiebelfisch“ – ein zu einer anderen Schrift gehörender Buchstabe innerhalb eines Textes. Ein „Schnellhase“ ist eine Setzerin oder ein Setzer, die oder der mit besonders hohem Tempo arbeitet, und „Augenpulver“ heißt bei den Menschen, die in einer Druckerei arbeiten, ein Text, der in einem sehr kleinen Schriftgrad gesetzt wurde. „Wir hatten einen Riesenspaß“, grinst Tanja Huckenbeck.

Nur ein Besucher sei etwas enttäuscht gewesen: Er habe nach der Einladung zum „Blüten drucken“ tatsächlich gedacht, es werde Falschgeld hergestellt, berichtet die kreative Schriftsetzerin.

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