Hilfe für den Feldhamster

Die AG Feldhamsterschutz erhält den Frankfurter Umweltpreis der Scherrer-Stiftung. Die Gruppe sucht Tausende Hektar Stoppelacker nach den Tieren ab.
Schöner Erfolg für den Feldhamster und seine Freunde: Der Frankfurter Umweltpreis 2017 der Carl & Irene Scherrer-Stiftung geht an die Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz (AGF). Die Leute ziehen regelmäßig über die Felder, suchen Hamster und helfen ihnen beim Überleben. „Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten bemüht sich die AGF mit sichtbarem Erfolg um den Erhalt des Bestands“, lobt die Stiftung. Die Auszeichnung wird am heutigen Donnerstag verliehen.
Das trifft sich gut. Hatten doch unlängst Besucher des FR-Stadtgesprächs über Artenschutz in Frankfurt bemängelt: Vom Feldhamster höre man immer nur, wenn irgendwo ein neues Baugebiet verhindert werden solle – dann grabe plötzlich jemand einen Feldhamster aus. Aber sonst sei das ganze Jahr keine Rede vom streng geschützten Wühler unter den Mäuseartigen.
Feine Gelegenheit also für die AGF, darauf aufmerksam zu machen, was der Feldhamster das ganze Jahr treibt, nämlich: schlafen. Na gut, leicht übertrieben. Aber: „Jetzt hat er schon zugemacht, also sich in seinen Bau zurückgezogen“, sagt Tobias Reiners. Dort richte sich der Hamster seit Ende August auf den Winterschlaf ein, Mitte November werde er dann auch die Äuglein schließen und erst im April oder Mai wieder herauskommen. Wir wünschen angenehme Ruhe.
Senckenberg-Forscher Reiners schrieb seine Diplomarbeit über Feldhamsterschutz, später auch die Doktorarbeit. „Dabei habe ich gesehen, dass die Tierart mehr Schutz braucht“, sagt er. Also schloss er sich der AGF an, die seit den 1990er Jahren aktiv ist – unter dem Dach der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz, zu deren Vorstand Reiners auch gehört.
Und wie schützt man nun die scheuen Wühler, die praktisch niemand je zu Gesicht bekommt? „Das Hauptstandbein des guten Feldhamsterschutzes ist das Monitoring“, betont der Sprecher. Bedeutet: Eine feste Gruppe von etwa zehn AGF-Mitgliedern, verstärkt durch Studierende und Sympathisanten, geht systematisch über die Stoppelfelder und sucht unterirdische Baue, sobald nach der Ernte die Mähdrescher weg sind. Ist ein Bau entdeckt, per GPS verortet und in die Zeitreihe eingefügt, nimmt die AGF Kontakt mit dem Landwirt auf und bittet ihn, dort Getreide stehen zu lassen, damit der Hamster seine Ruhe und genug Nahrung hat. Das Land Hessen unterstützt die Partner dabei.
Lässt der Bauer beispielsweise eine Fläche von 40 Mal 40 Metern Korn stehen, erhält er 500 Euro für den Ernteausfall. „Wir sind die Schnittstelle, die das öffentliche Geld zum Hamster bringt“, beschreibt Reiners. Mehr als 2000 Hektar hat die Gruppe in diesem Jahr nach eigenen Angaben abgesucht. Die Schwerpunktorte liegen bei Gießen, im Main-Taunus-Kreis und „seit 2010 ganz intensiv im Frankfurter Stadtgebiet“, zählt Reiners auf, besonders in Zeilsheim und Sindlingen. „Zurzeit versuchen wir zusätzlich, die Luzerne zu fördern“, eine Nutzpflanze, auch als Schneckenklee oder Alfalfa bekannt. „Die ist für Feldhamster super und reichert auch den Boden an.“
Und wenn man den scheuen Feldhamster mal sehen will? „Auf dem freien Feld ist das sehr unwahrscheinlich“, sagt Tobias Reiners. Aber in der Wiesbadener Fasanerie gebe es eine Schauanlage. Dort soll auch eine Auffangstation entstehen: Ein halbes Dutzend kranke oder heimatlos gewordene Feldhamster findet die AGF jedes Jahr. Die müssen ja irgendwo zu Kräften kommen.
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