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Hessische Braukunst: Bier von hier

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Von: George Grodensky

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Das Craft-Bier-Festival mit dem treffenden Namen „Craft“ zieht in diesem Jahr wieder ins Casino auf dem Campus Westend der Goethe Uni. Wegen der Pandemie war man im Vorjahr auf eine Wiese am Waldstadion ausgewichen. Es geht bei Craft natürlich nicht allein um Biere. Das Festival soll eine Spielwiese für alle „Brauer, Winzer und andere Hersteller kulinarischer, handwerklich hergestellter Produkte sein“, wie die Organisatoren auf ihrer Website schreiben. Sie wollten eine Veranstaltung auf die Beine stellen „für Leute, die genau solche Bier-Nerds sind wie wir selbst“, haben Sascha Euler und Christian Daam einmal der FR gesagt. Die Bier-Nerds betreiben sonst das Innenstadtlokal „Naïv“ an der Fahrgasse mit Shop und Bierproben.
Das Craft-Bier-Festival mit dem treffenden Namen „Craft“ zieht in diesem Jahr wieder ins Casino auf dem Campus Westend der Goethe Uni. Wegen der Pandemie war man im Vorjahr auf eine Wiese am Waldstadion ausgewichen. Es geht bei Craft natürlich nicht allein um Biere. Das Festival soll eine Spielwiese für alle „Brauer, Winzer und andere Hersteller kulinarischer, handwerklich hergestellter Produkte sein“, wie die Organisatoren auf ihrer Website schreiben. Sie wollten eine Veranstaltung auf die Beine stellen „für Leute, die genau solche Bier-Nerds sind wie wir selbst“, haben Sascha Euler und Christian Daam einmal der FR gesagt. Die Bier-Nerds betreiben sonst das Innenstadtlokal „Naïv“ an der Fahrgasse mit Shop und Bierproben. © Rolf Oeser

Trotz sinkendem Absatz auf dem hessischen Biermarkt können die kleinen Brauereien in Nischen gut arbeiten.

Craft-Beer belegt eine Nische, in der sich durchaus wirtschaftlich arbeiten lässt“, sagt der Frankfurter Hotel- und Gastroberater Andreas Eggenwirth. Das Produkt Bier sei ja nicht total out, „nur weil andere glauben, damit zu wenig Profit machen zu können“. Siehe Binding. Gerade Bier mit Lokalkolorit komme gut an. „Das ist unser Bier“, sagt Eggenwirth und lacht.

So ähnlich sieht das auch Sven Weisbrich, Geschäftsführer der Frankfurter Brauunion. Wobei er sein Produkt jetzt nicht als Craft-Beer bezeichnen würde. „Wir machen nicht so etwas Kompliziertes“, sagt er. Die Brauunion setzt auf ein Helles, das mit relativ viel Hopfen gebraut ist, also geschmacklich dem Pils nahe kommt. „Es ist nicht so süß wie die aus Südbayern.“ Der Name mutet kurios an: Frankfurter Helles, heißt es nämlich. Allerdings sind die meisten Buchstaben dabei durch ein X ersetzt. Es ist zwar ein lokales Bier, wird aber noch nicht in Frankfurt gebraut.

Das soll sich ändern, sagt Weisbrich, mittelfristig. Aktuell eine Brauerei zu eröffnen, sei schwer. Erst einmal eine zentral gelegene Fläche dafür zu finden. Vorerst setze die Brauunion darauf, Biergärten und Ausschank zu erobern. Da stört Weisbrich auch nicht, dass mit dem neuen Hellen von Hassan Annouri ein Mitbewerber auf den Markt drängt. „Wir begrüßen alles, was die Bier- und die Ausgehkultur voran- bringt“, sagt Weisbrich.

Das schließt dann auch den Apfelwein mit ein. Wobei der ohnehin keine so starke Konkurrenz zum Bier sei, findet Gastrofachmann Eggenwirth. Der Apfelweinkonsum beschränke sich auf die „paar lauten Gaststätten“ in Sachsenhausen und womöglich noch Bornheim. Bier gebe es dagegen überall, in der Innenstadt, beim Italiener, beim Thailänder. Eher habe die Pandemie ein Loch in den Markt gerissen, sagt Eggenwirth. Sie hat zumindest den Absatz in der Gastronomie wegbrechen lassen, auch auf Festen, war ja alles zu oder ist ausgefallen.

„Da sind einige in Schieflage geraten.“ Etwa die Flügge-Brauerei aus Goldstein. 2018 gegründet, sei eigentlich alles nach Plan gelaufen, schreiben die Geschäftsführer Dominik Pesch und Joachim Amrhein auf ihrer Facebookseite. Als Nische haben sie sich Produkte außerhalb des ewigen Deutschen Reinheitsgebots erschaffen, haben auf interessante Zutaten und neue Geschmacksrichtungen gesetzt. Was gut angekommen sei.

Die Pandemie 2020 sei auch gerade noch zu verkraften gewesen. Die aktuellen Preissteigerungen bei Rohstoffen, Logistik, Energie und Verpackungen dann nicht mehr, zumal „zeitgleich der Absatz zurückgeht“. Tatsächlich steigt die Zahl der Brauerein in Hessen, 1995 waren noch 54 Betriebe aktiv, 2022 waren es laut Deutschem Brauereiverband ganze 75. Ein deutschlandweit zu beobachtender Trend, was allerdings auch für den Absatz gilt. Der sank von 94,6 Millionen Hektokliter 2013 auf 85,3 Millionen Hektoliter 2021.

Fachmann Eggenwirth sieht dennoch gerade die kleinen Brauereien im Vorteil. Zumindest was Geschmack und Kundenbindung angehe. Bei den großen Brauereien gehe es nur darum, günstig einzukaufen, Gerste, Hopfen, Malz und die Produktion zu verschlanken. Also Geld zu sparen. Geschmacklich hätten sie sich zum Großteil angeglichen. Da gebe es das besonders herbe und ein recht süßes Pils. Und ein dicht gedrängtes Mittelfeld dazwischen. Nicht einmal die Produzenten selbst könnten da noch Unterschiede schmecken, stichelt Eggenwirth. Er sei bei entsprechenden Blindverkostungen dabei gewesen. „Da haben die kleinen Brauereien die Möglichkeit, sich abzuheben.“

In der Gastronomie hätten es die kleinen Biere aus einem anderen Grund schwer. „Die großen Brauereien agieren oft als heimliche Banken.“ Was heißt: Sie stellen durchaus mal eine neue Theke oder Einrichtung oder Schirme für die Außenfläche. Als Darlehen, das über den Bierabsatz zurück- gezahlt werden könne.

Dennoch sieht er einen Vorteil in der Regionalität der kleinen Brauereien. Vor Ort zu sein, mit Herzblut zu arbeiten. Das Ambiente. Die gewisse Transparenz, die entsteht, wenn die Gäste das Sudhaus besuchen können und dem Brauer bei der Arbeit zuschauen. Glaabsbräu aus Seligenstadt, führt Eggenwirth noch als Beispiel an. Nicht nur habe sich die Brauerei runderneuert. Sie habe auch die Landwirte in der Umgebung überzeugt, die Gerste fürs Bier anzubauen. „Die müssen gar nicht mehr importieren.“

Der Kronenhof liegt am Rande der Stadt, nahe Landratsamt und Kreiskrankenhaus. Mit seinen glänzenden Sudkesseln ist das Brauhaus die gute Stube. Hier werden die Biere gebraut und die Gäste bewirtet. Wenn sich der Braumeister an die Arbeit macht, erfüllt der Duft von Malz und Hopfen den Gastraum. Benannt ist das Brauhaus nach dem Luftschiff „Graf Zeppelin“. Denn just dort, wo seit 2000 der heutige Kronenhof steht, ließ Kaiser Wilhelm II am 22. April 1910 die erste deutsche Luftschiffparade abhalten. Mit dabei die Graf Zeppelin. Komplett rückwärtsgewandt ist der Betrieb aber nicht, im Gegenteil, eher der Nachhaltigkeit verschrieben. Man baut die Braugerste schließlich selbst an, nutzt eigene Regenwasserzisternen, produziert eigenen Ökostrom auf 1645 Quadratmetern Photovoltaikflächen. Fürs Solar-Bier. sky
Der Kronenhof liegt am Rande der Stadt, nahe Landratsamt und Kreiskrankenhaus. Mit seinen glänzenden Sudkesseln ist das Brauhaus die gute Stube. Hier werden die Biere gebraut und die Gäste bewirtet. Wenn sich der Braumeister an die Arbeit macht, erfüllt der Duft von Malz und Hopfen den Gastraum. Benannt ist das Brauhaus nach dem Luftschiff „Graf Zeppelin“. Denn just dort, wo seit 2000 der heutige Kronenhof steht, ließ Kaiser Wilhelm II am 22. April 1910 die erste deutsche Luftschiffparade abhalten. Mit dabei die Graf Zeppelin. Komplett rückwärtsgewandt ist der Betrieb aber nicht, im Gegenteil, eher der Nachhaltigkeit verschrieben. Man baut die Braugerste schließlich selbst an, nutzt eigene Regenwasserzisternen, produziert eigenen Ökostrom auf 1645 Quadratmetern Photovoltaikflächen. Fürs Solar-Bier. sky © Michael Schick
Im Alt-Oberurseler Brauhaus gibt es nicht nur ausgezeichnetes Bier – von der DEHOGA zu den 50 besten Dorfgasthäusern in Hessen, vom Journal Falstaff zu einer der beliebtesten Mikrobrauereien in Hessen gekürt. Es ist auch die einzige Gasthausbrauerei in Hessen mit eigenem Standesamt. Was gefährlich ist, denn das Bier ist wirklich süffig. Da ist es nicht auszuschließen, dass im Laufe eines Besuches nicht nur gute Entscheidungen getroffen werden. „Das hiesige weiche Wasser, ein Garant für Qualität“, erklärt Braumeister Dietmar Schmitt sein Wirken. Damit kann das ständig verfügbare Bier-Duo in Hell und Dunkel ebenso gelingen wie die große Palette traditioneller Saisonprodukte. Zu genießen sind sie im Hochzeitssaal, Braukeller, Biergarten und der Brennbar mit eigener Destillationsanlage. Oder in der rustikalen Gastwirtschaft mit dem kupfernen Sudkessel. Der Ertrag liegt bei 1800 Hektolitern jährlich. Einiges davon geht ans Ausflugslokal „Waldtraut“ an der Hohemark, es gibt auch Verkauf für den Hausgebrauch. sky
Im Alt-Oberurseler Brauhaus gibt es nicht nur ausgezeichnetes Bier – von der DEHOGA zu den 50 besten Dorfgasthäusern in Hessen, vom Journal Falstaff zu einer der beliebtesten Mikrobrauereien in Hessen gekürt. Es ist auch die einzige Gasthausbrauerei in Hessen mit eigenem Standesamt. Was gefährlich ist, denn das Bier ist wirklich süffig. Da ist es nicht auszuschließen, dass im Laufe eines Besuches nicht nur gute Entscheidungen getroffen werden. „Das hiesige weiche Wasser, ein Garant für Qualität“, erklärt Braumeister Dietmar Schmitt sein Wirken. Damit kann das ständig verfügbare Bier-Duo in Hell und Dunkel ebenso gelingen wie die große Palette traditioneller Saisonprodukte. Zu genießen sind sie im Hochzeitssaal, Braukeller, Biergarten und der Brennbar mit eigener Destillationsanlage. Oder in der rustikalen Gastwirtschaft mit dem kupfernen Sudkessel. Der Ertrag liegt bei 1800 Hektolitern jährlich. Einiges davon geht ans Ausflugslokal „Waldtraut“ an der Hohemark, es gibt auch Verkauf für den Hausgebrauch. sky © Michael Schick
Johnney Zimmermann und Peter Kaminsky haben die private Kleinbrauerei 1989 im Frankfurter Stadtteil Fechenheim gegründet. Eigentlich waren sie Getränkehändler. Der Gasthof war eine günstige Gelegenheit, wenn sie auch manches Mal über die unpraktische weit-am-Stradtrand-Lage geflucht haben. Das Brauwasser kommt aus dem Vogelsberg, Malz aus Franken und Hopfen aus der Hallertau. Apropos: „Unser Bier ist sehr hopfig, es ist kräftig im Geschmack und mit hoher Stammwürze“, so hat Jonney Zimmermann einmal im Interview mit der FR die Fechenheimer Brauart beschrieben. Der Geschmack habe sich bundesweit angepasst, gerade bei den großen Brauern. Ein Bier muss in Hessen, aber auch in Hamburg und Bayern schmecken. „Das ist der Vorteil von uns kleinen Brauern. Bei uns schmeckt das Bier nach Bier-Hannes Bier.“ sky
Johnney Zimmermann und Peter Kaminsky haben die private Kleinbrauerei 1989 im Frankfurter Stadtteil Fechenheim gegründet. Eigentlich waren sie Getränkehändler. Der Gasthof war eine günstige Gelegenheit, wenn sie auch manches Mal über die unpraktische weit-am-Stradtrand-Lage geflucht haben. Das Brauwasser kommt aus dem Vogelsberg, Malz aus Franken und Hopfen aus der Hallertau. Apropos: „Unser Bier ist sehr hopfig, es ist kräftig im Geschmack und mit hoher Stammwürze“, so hat Jonney Zimmermann einmal im Interview mit der FR die Fechenheimer Brauart beschrieben. Der Geschmack habe sich bundesweit angepasst, gerade bei den großen Brauern. Ein Bier muss in Hessen, aber auch in Hamburg und Bayern schmecken. „Das ist der Vorteil von uns kleinen Brauern. Bei uns schmeckt das Bier nach Bier-Hannes Bier.“ sky © Rolf Oeser
Im Kaffeehaus in Darmstadt-Eberstadt gab es lange Zeit den besten Kirschstreuselkuchen der Welt. Das ist zugegebenermaßen eine etwas subjektive Einschätzung, aber durchaus vertretbar. Dazu reichte der Gastgeber ein sehr leckeres Bier, ein Helles aus dem Hause Grohe. Leider ist das Kaffeehaus inzwischen in andere Hände übergegangen, damit ist der Streusel Geschichte. Die Brauerei Grohe ist noch aktiv. Wenn sie auch seit 1989 zur großen Schwester gehört, der Darmstädter Privatbrauerei. Wobei der neue Eigentümer Wolfgang Koehler senior laut Website des Unternehmens bereits zu Schulzeiten Stammgast im Grohe gewesen sei. Als er die kleine Brauerei übernahm, habe er Alteigentümerin Maria Grohe versprochen, Standort und das Personal zu halten. Das hat er gemacht. Seit 2017 führen die Söhne Wolfgang und Christoph Koehler nun die Familientradition der Brauerei Grohe fort, unterstützt von Braumeister Stefan Goschier. Warum hat es eigentlich nicht ein ähnliches Versprechen beim Kirschstreusel des Kaffeehauses gegeben? sky
Im Kaffeehaus in Darmstadt-Eberstadt gab es lange Zeit den besten Kirschstreuselkuchen der Welt. Das ist zugegebenermaßen eine etwas subjektive Einschätzung, aber durchaus vertretbar. Dazu reichte der Gastgeber ein sehr leckeres Bier, ein Helles aus dem Hause Grohe. Leider ist das Kaffeehaus inzwischen in andere Hände übergegangen, damit ist der Streusel Geschichte. Die Brauerei Grohe ist noch aktiv. Wenn sie auch seit 1989 zur großen Schwester gehört, der Darmstädter Privatbrauerei. Wobei der neue Eigentümer Wolfgang Koehler senior laut Website des Unternehmens bereits zu Schulzeiten Stammgast im Grohe gewesen sei. Als er die kleine Brauerei übernahm, habe er Alteigentümerin Maria Grohe versprochen, Standort und das Personal zu halten. Das hat er gemacht. Seit 2017 führen die Söhne Wolfgang und Christoph Koehler nun die Familientradition der Brauerei Grohe fort, unterstützt von Braumeister Stefan Goschier. Warum hat es eigentlich nicht ein ähnliches Versprechen beim Kirschstreusel des Kaffeehauses gegeben? sky © Michael Schick

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