Gemeinsam gegen die Verödung in Hausen

Bei einem Rundgang durch den Ortskern wird klar, wo die Probleme, aber auch die Chancen im Stadtteil liegen. Eine Gruppe von Bürgern und Bürgerinnen will sich engagieren.
Fast hoch bis zur Regenrinne ist der Efeu an der Hauswand hochgewachsen: Die grüne Fassade an dem schmucken Haus, in dem ein Friseursalon seine Kundschaft willkommen heißt, ist ein Hingucker in der Straße Alt-Hausen. Und er steht im völligen Kontrast zum seit Jahren leerstehenden Nachbarhaus, das zusehends verfällt. Einst befand sich im eingeschossigen Anbau ein Obst- und Gemüseladen. Der bunte Schriftzug auf der Schaufensterscheibe erinnert noch an die frühere Nutzung. Georg Weigel wirft einen kritischen Blick auf das heruntergekommene Gebäude: „Im ersten Stock sind wieder neue Fenster mit Holzplatten verrammelt“, stellt er fest und meint bedauernd: „Wir wissen nicht, was hier passiert, wie es hier weitergeht.“
Dreht sich der engagierte Bürger an dieser Stelle einmal um die eigene Achse, fällt sein Blick auf einige Beispiele, die die zunehmende Verödung des Ortskerns von Hausen belegen, ihn aber zugleich antreiben, dagegen aktiv zu werden. 2019 ist der pensionierte Sozialwissenschaftler Weigel aus familiären Gründen vom Taunus nach Hausen gezogen. Viele Jahre hatte er in Bockenheim gearbeitet und auch für einige Jahre gelebt. Der benachbarte Stadtteil Hausen mit seinem dorfähnlichen Charakter, den hübschen Gassen und der alten evangelischen Kirche war ihm nicht unbekannt.
Nach seinem Umzug begann Weigel dann, sich intensiver mit seinem Umfeld zu befassen, wollte Hausen und die Menschen dort kennenlernen, machte sich zu Fuß und mit dem Rad immer wieder auf Erkundungstouren. Dabei fielen ihm zunehmend einige Punkte auf, die ihn nachdenklich stimmten. Und mit dieser Einschätzung war er nicht allein.
Trotz der durch die Pandemie beschränkten Möglichkeiten lernte Weigel Gleichgesinnte kennen, mit denen er sich zur Interessensgruppe (IG) „Workshop zuHausen“ zusammenschloss. Ihr Anliegen: Gemeinsam gegen die zunehmende Verödung von Hausen vorzugehen, den Stadtteil städteplanerisch weiterzuentwickeln und für ihre Aktionen weitere Mitstreitende zu gewinnen.
Weigel schätzt das kontrastreiche Umfeld. Hausen ist für ihn ein dörflicher wie auch urbaner Stadtteil, der nah zur Innenstadt liegt, während die Wege ins Grün nicht weit sind. Zum einen ist Hausen von Ein- und kleinen Mehrfamilienhäusern geprägt, zum anderen von Wohnhochhäusern und Siedlungsbauten. Zudem hat Hausen eine große japanische Community. All diese Menschen sollen sich aber auch in ihrem Stadtteil wiederfinden. Das ist die zentrale Intention von „Workshop zuHausen“, dessen Kernteam aktuell acht Personen ausmacht. Mit ihrem Ansatz stoßen sie auf großen Zuspruch: Rund 100 Interessierte nahmen im Sommer 2022 an einem von der IG organisierten Rundgang zu „überarbeitungswürdigen Stellen“ in Hausen teil.
Die IG möchte auf Missstände hinweisen und zugleich konstruktive Vorschläge machen. Ein erster Erfolg betraf das kleine Café in Alt-Hausen, wo sich die Gruppe während der Pandemie regelmäßig traf. Um auch draußen bewirten zu können, hatte der Betreiber die Stellplätze vor seinem Café zunächst befristet umwidmen dürfen. Die Gruppe unterstützte ihn, damit das auch nach der Pandemie möglich war.
Der zuständige Ortsbeirat 7 (Hausen, Industriehof, Praunheim, Rödelheim, Westhausen) wurde eingeschaltet, ein entsprechender Antrag im Gremium verabschiedet. Jetzt darf das „The daily Coffee Kitchen“ ganzjährig Tische und Stühle draußen aufstellen und kann so zur Belebung der Gegend beitragen.
Mitmachen erwünscht
Die Gruppe hat viele Ideen. Doch sie möchte die Menschen vor Ort hierfür auch gewinnen, sie einbinden und beteiligen. Daher ist weiteres Engagement gerne gesehern. Wer Lust hat, mitzumachen, kann sich per E-Mail an die Interessensgruppe „Workshop zuHausen“ wenden, an workshop@zuhausen.net, und weitere Infos unter zuhausen.net finden.
Derweil sieht es auf der gegenüberliegenden Straßenseite mau aus. Während der Pandemie stellte die traditionsreiche Gaststätte „Hausener Dorfkrug“ seinen Betrieb ein. Ein herber Verlust für das Miteinander im Stadtteil, so Weigel.
Nur ein Haus weiter befindet sich das nächste Ärgernis. Die brache Fläche neben der Kirche und dem neuen Gemeindezentrum ist der Gruppe ebenso ein Dorn im Auge. Vor sieben Jahren wurde das alte Gemeindezentrum abgerissen. Auf dem frei gewordenen Areal sollen an sich Wohnungen entstehen.
Auch die Frankfurter Sparkasse, die an der Straßenecke Alt-Hausen / Hausener Brückweg lange Zeit eine Filiale hatte, ist seit Ende 2022 geschlossen. „Es gibt noch nicht mal mehr einen Geldautomaten“, beklagt Weigel. Was in das Ladengeschäft kommt, ist noch offen. „Hoffentlich nicht das x-te Nagelstudio.“ Ebenso beschäftigt die Gruppe, wie es mit der Hausener Brotfabrik nach dem Verkauf weitergeht, auch wenn das Ensemble unter Denkmalschutz steht und die kulturelle Nutzung festgeschrieben ist.
An der Ecke mit dem Hausener Brückweg, wo sich zudem die Einfahrt zum Rewe befindet, weist Weigel auf eine Besonderheit von Hausen hin: „Hier gab es früher im Zentrum viele Gärtnereien. Daher ist der Ortskern nicht so kompakt.“ Zugleich sind zwei Sportvereine mit ihren Sportanlagen mitten im Viertel beheimatet: der FV Hausen 1920 an der Hausener Obergasse und der TuS Hausen an der Mühlwiesenstraße.
Direkt gegenüber vom TuS-Vereinshaus liegt der alte, mittlerweile aufgelassene Hausener Friedhof. Absperrgitter umgeben die teilweise eingestürzte Stützmauer, die schon seit Langem ein Ärgernis in Hausen und im Ortsbeirat ist. „Das ist die eigentliche Dorfmitte“, sagt Weigel. Und für diesen grünen Raum hat die IG ein paar Ideen, um die bislang unzureichende Aufenthaltsqualität im Stadtteil zu verbessern. Hier könnten etwa eine Boulebahn für Erwachsene und ein Kinder-Spielplatz entstehen. Denn imganzen alten Dorfkern gebe es keine einzige öffentliche Spielfläche. Auch an Sitzbänken fehlt es. Geeignete Standorte wären unter anderem am alten Friedhof oder an der Kirche. Darüber würden sich nicht nur die Bewohnenden vom Altenwohnheim Santa Teresa freuen, meint Weigel.
Gedanken hat sich die Gruppe zudem über den Zugang zur Nidda gemacht. Ein Tiefkai neben der momentan in Bau befindlichen neuen Niddabrücke und des frisch restaurierten Schweizerhäuschens an der Hausener Obergasse könnte die Menschen ans Wasser locken.
Die Gruppe hat viele Ideen. Doch sie möchte die Menschen vor Ort hierfür auch gewinnen, sie einbinden und beteiligen. Daher ist weiteres Engagement gerne gesehern. Wer Lust hat, mitzumachen, kann sich per E-Mail an die Interessensgruppe „Workshop zuHausen“ wenden, an workshop@zuhausen.net, und weitere Infos unter zuhausen.net finden.



