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Günstige Klamotten im Edelhotel

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Von: Julian Loevenich

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Edles für den Kopf: Der Hilton-Basar ist stark in Hüten.
Edles für den Kopf: Der Hilton-Basar ist stark in Hüten. © Michael Schick

Der Hilton-Basar des Kinderschutzbundes in Frankfurt bringt 38.000 Euro für gewalttraumatisierte Kinder und Jugendliche ein.

Die wirkliche Problematik erwartet Frau Bestgen erst zu Hause. Ihr Kleiderschrank sei eigentlich schon randvoll, sagt sie, der Hilton-Basar im gleichnamigen Hotel aber einfach Tradition. Sie treffe sich dort immer mit ihren Freundinnen. Ihr Mann habe ihr deswegen die Bedingung gestellt: Für jedes Teil, das nach Hause kommt, muss eines raus aus dem Kleiderschrank. Frau Bestgen aber wird sich, einmal die vollen Tüten nach Hause gebracht, kämpferisch geben, sagt sie und lacht. 

Zum 18.-mal findet am Wochenende der Hilton-Basar des Frankfurter Kinderschutzbundes statt. Längst schon ist der Tag zur Institution für all jene geworden, die das Nützliche mit dem Guten verbinden wollen. Verkauft wird gut erhaltene Kleidung für kleines Geld. Die Einnahmen kommen dem Frankfurter Kinderschutzbund zu. 

Das Geld fließe an die Beratungsstelle für gewalttraumatisierte Kinder und Jugendliche, sagt Stefan Schäfer, Geschäftsführer des Kinderschutzbundes. 38 000 Euro sind das am Ende des Tages. Für Schäfer wichtige Einnahmen. Schließlich werde man nur zu 40 Prozent aus öffentlichen Mitteln finanziert, „den Rest müssen wir über Spenden decken“.

Bereitwillige, die das übernehmen, gibt es auf dem Hilton-Basar augenscheinlich zur Genüge. 400 Umzugskartons gefüllt mit Kleidung wurden im Vorfeld gespendet. Von teurer Designerkleidung bis zur gewöhnlichen Tasche. Bikinis gibt es schon für einen Euro. Einen reich verzierten Hut für 50 Euro. 

Normalerweise, sagt Karin, würde so einer 200 bis 300 Euro kosten. Karin ist eine von 120 ehrenamtlichen Helfern beim Hilton-Basar, die hinter den mit Kleidung überladenen Tischen stehen und verkaufen – in diesem Fall Hüte. „Mit einem Hut fühlt man sich irgendwie komplett angezogen – man schmückt sich“, sagt sie; sie helfe, weil das jeder irgendwie müsse, das sei die Verantwortung. 

Rund 300 Familien nutzen derzeit mit ihren Kindern die Betreuungsangebote des Kinderschutzbundes. Die Zahl der Kinder, die Gewalt erlebt hätten, sei dabei gleichbleibend über die Jahre, sagt Schäfer. „Es wird aber öfters wahrgenommen und durch die Medien dafür sensibilisiert.“ Marc Snijders, Manager des Hilton, sieht auch deswegen sein Hotel in der Verantwortung. Man müsse die Gesellschaft unterstützen, ein Teil Frankfurts sein, sagt er. Deswegen stelle man die Räumlichkeiten dem Kinderschutzbund zur Verfügung, und das Jahr für Jahr. 

Den Besuchern kommt man dabei ebenso entgegen. Die Jacken können gleich an der Garderobe abgegeben werden für ein entspanntes Einkaufen. Ein Angebot, das jeder nutzt. Auch Frau Bestgen, die Dame, die später noch mit ihrem Mann wird aushandeln müssen, was aus dem Kleiderschrank fliegt. Pech und Glück für sie zugleich: Von den Filzhüten passt ihr keiner. „Die sind alle zu klein für meinen Kopf“, sagt sie. Und die, die passen, seien nicht ihr Stil. Immerhin muss sie so von einer Sache weniger Abschied nehmen. 

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