Ginnheim: Ein Therapeut auf vier Pfoten

Der Mischling Ari motiviert Patienten und Patientinnen im Markus-Krankenhaus und schenkt ihnen Hoffnung.
Ruhig sitzt Ari auf einem kleinen grauen Teppich im Gruppenraum des Markus-Krankenhauses. Konzentriert blickt der achtjährige Mischling auf vier gelb-rote Boxen. Bis Gabriele Ermentraut ihm zeigt, dass er loslegen darf. Gekonnt öffnet Ari mit seiner Schnauze die kleine gelbe Klappe, geschickt fischt er mit der Zunge das Leckerli heraus. Binnen weniger Minuten hat er auch die anderen drei Boxen geöffnet.
Obwohl Ari diese Aufgabe schon unzählige Male mit Bravour gemeistert hat, so ist es doch jedes Mal eine neue Herausforderung. Ebenso für die Patienten und Patientinnen im Krankenhaus, mit denen er arbeitet. Seit mittlerweile sechs Jahren agiert Ari dort als Therapiebegleithund: in der Geriatrie, auf der Palliativstation und in der Psychiatrie.
Je eine Stunde an fünf Tagen in der Woche ist Ari im Einsatz. Wenn Physiotherapeutin Ermentraut weiterarbeitet, wartet der einzige vierbeinige Angestellte der Klinik im Büro. Dort hat er Ruhe, kann entspannen. Denn die Arbeit ist anstrengend. Sowohl das Gehorchen als auch die vielen Gerüche, die der Hund wahrnimmt.
Therapiehunde
Therapiehunde können in vielen Bereichen eingesetzt werden. Zum Beispiel in Krankenhäusern, Tageskliniken, heilpädagogischen Praxen, Seniorenheimen oder Schulen.
Sie sollen einerseits das Gefühl von Sicherheit, Wärme und Geborgenheit vermitteln. Andererseits sollen sie Menschen aus der Reserve locken, sie motivieren und aktivieren.
Auch werden sie in der Arbeit mit Schlaganfall-Patient:innen eingesetzt, die sich auf dem Weg befinden, körperliche und kognitive Fähigkeiten wiederzuerlangen. jdi
Es sind feinmotorische Fähigkeiten, die ältere Patient:innen mit Aris Hilfe verbessern können. So ist es gar nicht so leicht, ein Leckerli in eine der kleinen Boxen zu legen, sagt Ermentraut. Ebenso wie in die kleine runde Öffnung des Kabelkanals, der zu einem Leckerchenrohr umfunktioniert wurde. Auf einer Seite kommt eine Belohnung für Ari hinein, dann muss das Rohr gedreht werden, bis das Leckerchen am anderen Ende wieder herausfällt, erklärt die Physiotherapeutin. „Ari kann sicher keine Wunder bewirken, aber er hilft mir dabei, die Patienten zu motivieren und zu aktivieren. Wenn ich mit ihm auf eine Station komme, sind die Augen groß. Viele wollen ihn streicheln, die Stimmung ist eine andere, motivierter“, erklärt sie.
Ari kommt aus Griechenland, dort wurde Gabriele Ermentraut fündig, nachdem die Suche nach einem geeigneten Hund in den Frankfurter Tierheimen erfolglos blieb. Über Kontakte fand sie den jungen Mischling und holte ihn nach Deutschland. Dort musste das Team zunächst eine Prüfung ablegen, nachdem die Geschäftsführung des Markus-Krankenhauses ihren Plan unterstützte. Wofür Ermentraut bis heute „unglaublich dankbar“ ist.
„Seine Patienten“ suche Ari sich oft selber aus. Zwar gebe es auch Vorschläge von den Ärzten, oft zeige aber der Besuch auf Station, wer Lust hat, mit ihm zu arbeiten. Einzeln oder in Gruppen, rund 30 Minuten dauere solch eine Sitzung. In denen trage Ari stets sein Geschirr, weil er dann wisse, dass gearbeitet und nicht gespielt werde. Dazu habe er in den Pausen und nach Feierabend ausreichend Zeit, meist geht es dann auf das Buga-Gelände. „Dort kann Ari sich ordentlich austoben, er rennt allem nach, was hoppelt und läuft, denn ein wenig Jagdhund steckt auch in ihm“, sagt Ermentraut.
Seine ruhige Seite zeige er dann bei Besuchen auf der Palliativstation, wo Ari sogar auf den Betten liegen darf. Bei einem 30-jährigen Mann, der sich kaum noch bewegen konnte, habe er sehr viel Zeit verbracht. „Er hat die Nähe des Patienten Tag für Tag gesucht, ich konnte ihn dort lassen. Das war unglaublich schön zu sehen und eines der Erlebnisse, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind“, sagt die Physiotherapeutin.
Momente, die sie nicht missen möchte. Wie lange Ari noch im Krankenhaus eingesetzt werden kann, könne man schwer sagen. Für die Zeit, wenn er in Rente ist, hat Ermentraut aber bereits einen anderen tierischen Plan. „Ich träume von zwei Alpakas, die auch für therapeutische Zwecke eingesetzt werden können. Da muss ich bei der Geschäftsführung aber wohl mehr Überzeugungsarbeit leisten als bei Ari“, sagt sie.