Friedensaktivistin trifft Oberstufe

Die somalische Friedenspreis-Trägerin Ilwad Elman besucht die Ziehenschule Frankfurt. Die Jugendlichen stellen Fragen zu sexualisierter Gewalt, Bürgerkrieg, und Kindersoldaten.
Normalerweise kämpft sie in Somalia für Frieden. Am Dienstagmittag beantwortet Ilwad Elman die Fragen neugieriger Schülerinnen und Schüler der Europaschule. „Wir leben hier sehr privilegiert“, beginnt eine Schülerin ihre Frage sinngemäß auf Englisch. „Was ist das Wichtigste, das Sie aus Ihrer Zeit in Somalia gelernt haben?“, fährt sie fort. „Das Mindset zu ändern“, antwortet Elman. Erst wenn man die Zustände dort gesehen hat, wisse man, was Menschen wirklich brauchten.
Damit die knapp 40 Jugendlichen vorbereitet in das Gespräch gehen, haben sie sich in den vergangenen Wochen mit den Themen Kindersoldaten und sexualisierte Gewalt auseinandergesetzt. Elman berichtet ihnen von ihrem Engagement und den Herausforderungen in einem der ärmsten Länder der Welt. Für ihren Einsatz erhält sie am heutigen Weltfrauentag den hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung für das Jahr 2022. Landtagspräsidentin Astrid Wallmann begleitet den Vortrag am Tag vor der Preisverleihung.
Ilwad Elman wurde 1989 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu geboren. Sieben Jahre später wurde ihr Vater, ein Friedensaktivist, der dafür kämpfte, Kindersoldaten zu rehabilitieren, ermordet. Ihre Mutter Fartuun Adan floh mit den Töchtern 1999 vor dem Bürgerkrieg nach Kanada. Als 19-Jährige kehrte Ilwad Elman mit ihrer Mutter zurück in ihr Heimatland, seitdem engagieren sie sich unter dem Motto des Vaters: „Drop the gun, pick up the pen“ – „lass die Waffe fallen, nimm den Stift in die Hand“.
Fartuun Adan gründete das „Elman Peace and Human Rights Center“, das somalischen Kindern den Zugang zu Bildung erleichtern will, „damit sie nicht auf Jobs mit Waffen angewiesen sind“, wie Elman den interessierten Frankfurter Schülerinnen und Schülern erklärt.
Eine von ihnen beschäftigt besonders das Thema sexualisierte Gewalt. Sie fragt, wie „Sister Somalia“, die Tochterorganisation, den Opfern hilft. Elman führt aus, dass sie Krisenzentren in verschiedenen Regionen Somalias eingerichtet haben. Dort erhalten die Opfer psychische und medizinische Hilfe. Weil es sich häufig nicht um einzelne Vorfälle handelt, begleitet und berät „Sister Somalia“ traumatisierte Frauen, damit diese ihr Leben wieder eigenständig aufbauen können.
Zu Beginn ihrer Tätigkeit sei ihrer Mutter und ihr vorgeworfen worden, sie leugneten die somalische Kultur, berichtet sie. Vergewaltigungen seien nicht mal als Straftat angesehen worden. Sprich, das Problem sitze tiefer, es sei nicht damit getan, einzelnen Opfern zu helfen, betont Ilwad Elman. Inzwischen betreibt „Sister Somalia“ großflächige Aufklärungsarbeit vor Ort, beispielsweise über Menschenrechte. „Nur so können wir den Kreislauf durchbrechen“, erklärt die Friedensaktivistin.
Für Philippa ist es das erste Mal, dass die mit solchen Themen konfrontiert wurde. „Ich würde wieder zu einem solchen Vortrag gehen“, resümiert die 16-Jährige. Die ein Jahr ältere Marie, ebenfalls Elftklässlerin, ergänzt: „Elman ist eine inspirierende Persönlichkeit.“ Meron stellt fest: „Beeindruckend, dass sie den Leitfaden ihres Vater so kämpferisch wieder aufgenommen hat.“
Die Schülerinnen und Schüler sagen übereinstimmend, die Veranstaltung habe sie motiviert, sich selbst für Dinge einzusetzen. Und sie wünschen sich weitere Angebote der Schule.