Frankfurter Zoo: Stressfrei für Bestäubung sorgen

30.000 wilde Honigbienen leben ab sofort in der Anlage. Die kleinen Tiere sollen die Pflanzen bestäuben und den Besuchern ihre Lebensweise näher bringen.
Manchmal sitzen sie auf dem Landeplatz und chillen“, sagt Antonio Gurliaccio und grinst zufrieden. Rund um ihn herum schwirren gemütlich seine kleinen Schützlinge. Der gelernte Imker steht vor der „Immobilie“ seiner wilden Honigbienen im Zoo – in Alltagskleidung, ganz ohne Schutzanzug.
Vor zwei Wochen ist der rund 30 000 Tiere umfassende Naturschwarm auf der Streuobstwiese gegenüber den Mantelpavianen eingezogen. „In konventionellen Imkereien wird den Bienen alles vorgeschrieben“, erzählt Gurliaccio. Ihm geht es dagegen nicht um den Honig, sondern um die Bestäubung und das Wohl der Tiere: „Hier bauen sie alles selbst, so wie sie es wollen.“
Zoodirektor Miguel Casares zeigt sich erfreut über die Kooperation mit der von Gurliaccio und Moses Mohrs gegründeten Bienenbotschaft aus Karben in der Wetterau. „Für uns sind alle Tiere Botschafter für ihre natürlichen Lebensräume“, so Casares. Allein in Deutschland habe der Bienenbestand in den letzten 30 Jahren um 75 Prozent abgenommen. Umso wichtiger sei es deswegen, den Menschen die Insekten näherzubringen.
„Die Honigbiene war und ist ein wildes Tier, ihr natürliches Habitat ist der Wald“, erläutert Mohrs. Auch in der Innenstadt würden sich Bienenvölker in hohlen Bäumen ansiedeln, die müssten aber aus Sicherheitsgründen meist gefällt werden. Der „Natural Habeetat Tree“, also die Baumhöhlensimulation, soll den Bienen eine Alternative bieten. Das Besondere: Einerseits ist die Behausung dem Original möglichst ähnlich. Andererseits befindet sich auf der Rückseite eine Möglichkeit für den Imker, komfortabel ins Innere des Stamms zu schauen und sich so um die Gesundheit der Bewohner zu kümmern.
Gastfreundliche Bewohner
Für die Zoobesucher hat der Bau außerdem den Vorteil, dass sie bei Führungen einen Blick ins Innere werfen können. Mit weniger Innenleben geht das auch ohne Führungen, denn zusätzlich steht ein unbewohnter Bau bereit. Weil der immer offen ist, ist er den Bienen zu hell. „Es ist schon vorgekommen, dass dann Vögel oder Wespen eingezogen sind“, erzählt Gurliaccio. Ansonsten bleibe die Behausung aber unbewohnt.
Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) sieht in dem Projekt ein wichtiges Lehrmittel. „Bienen zeigen, dass alles miteinander zusammenhängt“, findet sie. Gerade für Stadtkinder sei es wichtig, mit Bienen in Kontakt zu kommen. In ihrem ausgehöhlten Kirschholzstamm zeigen die sich gastfreundlich. Sie haben auch nichts zu befürchten, denn anders als bei Zuchtbienen dürfen sie ihren gesamten Honig behalten. Deswegen müssen sie weniger produzieren, um ihre Überwinterung zu sichern und haben Zeit für gegenseitige Körperpflege oder entspanntes Herumsitzen.
Wenn es den Bienen zu eng wird, dann zieht im Frühjahr die Königin mit einem Teil des Schwarms aus. Der Stress, der Bienen sonst aggressiv auf Menschen reagieren lässt, falle dadurch weg, so Gurliaccio. Ein Schutzanzug sei deswegen nicht notwendig, gestochen hätten seine Bienen bisher niemanden. Mohrs geht sogar einen Schritt weiter: „Bienen kann man streicheln“, sagt er, und deutet auf seiner Hand die Bewegung an.
Noch muss sich das Zoopublikum aber gedulden. Wegen der Nähe zu den Menschenaffen ist der Bereich abgesperrt, solange die Corona-Sicherheitsmaßnahmen gelten. Zoodirektor Casares hofft aber darauf, die Streuobstwiese noch im Sommer mit den Besuchern eröffnen zu können.