Frankfurter Tiktokerin „Unterwegs mit Julia“: Foodblogs reichen nicht fürs Überleben

„Unterwegs mit Julia“ ist einer der erfolgreichsten Tiktok-Accounts, wenn es um Frankfurt-Tipps geht. Die 28-Jährige postet Videos über hippe Cafés, Bars und Freizeit-Aktivitäten.
Frankfurt – Sie gehört aktuell zu den erfolgreichsten Content Creators, die mit ihren Videos auf Tiktok und Instagram lokale Frankfurt-Tipps geben – von coolen Cafés über hippe Bars, neue Restaurants bis hin zu Freizeitaktivitäten wie Keramikbemalen: „Unterwegs mit Julia“ folgen auf Instagram knapp 59 000, auf Tiktok sogar 68 000 Menschen. Die 28-jährige Frankfurterin möchte nur als „Unterwegs mit Julia“, nicht mit ihrem bürgerlichen Namen in der Öffentlichkeit stehen.
Bereits Ihr allererstes Tiktok-Video über ein Frankfurter Café vor knapp zwei Jahren ging viral, obwohl Sie anfangs gar keine Follower hatten. Wie erklären Sie sich das?
Zu dem Zeitpunkt gab es nichts auf Tiktok aus Frankfurt, also nichts Regionales, was in Richtung Tipps ging. Ich glaube, ich war da tatsächlich die Erste. Mein erstes Frankfurt-Video habe ich während des Lockdowns im Frühjahr 2021, als alle Cafés nur Sachen zum Mitnehmen anbieten konnten, zum Spaß gemacht. Nicht weil ich dachte, ich könnte damit Geld verdienen, sondern weil ich immer schon gerne Fotos und Videos gemacht habe und die Frühstücksboxen bei „Plants und Cakes“ einfach so hübsch aussahen. Ich habe dazu ein paar Frankfurt-Sequenzen gefilmt. Aus heutiger Sicht habe ich ein qualitativ schlechtes Video hochgeladen, aber das ging direkt viral. Bereits mein zweites Frankfurt-Video hatte 200 000 Aufrufe. Denn Tiktok spielt regional aus. Wenn man also was aus Frankfurt postet, wird es auch den Frankfurtern angezeigt. Der Algorithmus ist sehr schlau. So kam ich dann zu meinen ersten Followern. Heute hat mein Tiktok-Account die größte Reichweite zum Thema Frankfurt-Tipps.
Wer folgt Ihnen?
Die größte Gruppe ist zwischen 20 und 35 Jahre alt, gefolgt von den 35- bis Ü-60-Jährigen. Jugendliche, was man ja denken würde bei Tiktok, folgen mir kaum. Ich höre auch öfter von Gastronomen, dass Leute kommen, die sie ansprechen und sagen: „Hey, wir haben euch bei ,Unterwegs mit Julia‘ gesehen“. Das sind Menschen, die neu in der Stadt sind, aber auch gebürtige Frankfurter folgen mir. Es ist wirklich sehr unterschiedlich. Es gibt sogar Leute, die aus weiter entfernten Städten nur nach Frankfurt reisen, um meine Tipps auszuprobieren. Sie schreiben mir: „In welchem Frankfurt lebst du eigentlich? Denn das, was du zeigst, ist so wunderschön. Ich kenne nur die Bilder aus dem Bahnhofsviertel“. (lacht)
Wie viel Arbeit steckt hinter einem solchen Video?
Das ist ja nicht nur das Filmen und Schneiden, was ich mir selbst beigebracht habe. Es beginnt schon damit, dass ich im Café alles schön drapiere, damit es ästhetisch aussieht. Das Filmen allein dauert eine halbe Stunde. Ich habe mich daran gewöhnt, mein Essen kalt zu essen, weil ich die perfekten Aufnahmen hinkriegen will. (lacht)
Zur Person
Julia (28) ist in Dubno in der Ukraine geboren. Als sie vier Jahre alt ist, kommt die Familie nach Deutschland. 2014 zieht Julia wegen des Studiums von Oldenburg nach Frankfurt. An der Goethe-Uni macht sie ihren Bachelorabschluss in Germanistik und ihren Master inVergleichende Literaturwissenschaften.
Anschließend absolviert sie ein Traineeship in einer PR-Agentur. Sie arbeitet hauptberuflich als Social-Media-Marketing-Managerin für ein Unternehmen. Auf Tiktok und Instagram ist sie als „Unterwegs mit Julia“ erfolgreich. rose
Frankfurter Influencerin: Foodblog alleine reicht nicht zum Überleben
Mittlerweile sind Sie in Frankfurt so bekannt, dass Sie von Gastronomen angeschrieben und auch bezahlt werden, damit Sie ein Video über deren Location machen. Können Sie davon leben?
Es ist ein guter Job. Aber nur von den Einnahmen als Foodbloggerin könnte ich nicht leben. Es ist immer noch Gastro, du kannst nicht die gleichen Preise verlangen wie Fashion-Influencer. Das sind für Gastronomen utopische Preise. Für ein Video bekomme ich Einnahmen in dreistelliger Höhe. Aber da ich nicht nur Videos über Gastro mache, sondern meine Kanäle auch persönlicher sind, kann man von größeren Kooperationen wie beispielsweise mit der Buchungsplattform „Get your Guide“, mit der ich schon zusammengearbeitet habe, sehr gut leben. Dann müsste ich aber die ganze Woche Zeit dafür haben. Momentan habe ich noch einen Hauptjob als festangestellte Social-Media-Redakteurin. Vielleicht wage ich den Absprung in die Selbstständigkeit, wenn es weiter so gut läuft.
Würden Sie auch ein Video posten, wenn beispielsweise das Essen schrecklich schmeckt?
Das ist mir zum Glück noch nicht passiert, weil ich vorab schon sehr selektiv bin. Auf 80 Prozent der Leute, die mich anschreiben, gehe ich gar nicht ein, sondern ich kooperiere nur mit Läden, die ich schon ausprobiert habe oder bei denen ich von anderen weiß, dass sie gut sind. Wenn ich ein Video poste und 200 000 Leute schauen sich das an und vielleicht 5000 davon gehen hin und sagen: „Okay, was war das denn jetzt? Das hat die jetzt so angepriesen“, ist das Vertrauen weg und sie würden mir dann auch nicht mehr folgen. Ich poste nur Dinge, von denen ich auch meinen Freunden sagen würde: „Geh da mal hin. Das war echt lecker“. Oder „das war eine coole Erfahrung“. Und ich mache auch weiterhin Videos, wenn mir spontan was gefällt. Es wäre auch nicht authentisch, wenn ich nur Kooperationen posten würde.
Gibt Frankfurt denn genug Tiktok-Content her?
Ja, denn es wandelt sich so viel: Es gibt immer neue Cafés, Ausstellungen, Events. In Frankfurt wird es nicht langweilig. Es gibt immer irgendwas, über das man Videos machen kann.
Interview: Kathrin Rosendorff
Durch Tiktok und Foodblogs kam auch ein Dönerladen in Frankfurt zu überregionaler Bekanntheit.