Frankfurter Stadtverordnete verurteilen das N-Wort

Die Stadt Frankfurt soll bei der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte helfen. Mit dem Beschluss endet ein langer Streit, der teils innerhalb der Römer-Koalition ausgetragen wurde.
Frankfurt – Nach monatelangem zum Teil koalitionsintern ausgetragenem Streit hat die Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt am Donnerstag einen Antrag gegen Rassismus verabschiedet. In dem Papier werden die rassistischen Begriffe N- und M-Wort verurteilt. Zudem will die Stadt die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte fördern.
Gestellt hatte den Antrag die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt. Er bekam eine breite Mehrheit. Ebenfalls angenommen wurde eine Vorlage der Fraktion „Die Fraktion“, M-Wort und N-Wort zu ächten. Diesen Antrag hatten ursprünglich die Grünen eingebracht. In der Koalitionsrunde war er aber am Veto der FDP gescheitert. Daraufhin hatte die „Fraktion“ ihn wortgleich gestellt.
Frankfurter Stadtparlament verurteilt rassistische Begriffe
Der Stadtverordnete Emre Telyakar (Grüne) sagte, rassistische Begriffe wie das N- und das M-Wort seien eine Hinterlassenschaft der deutschen Kolonialgeschichte. Mit Hinweisschildern und QR-Codes will die Stadt künftig auf rassistische Begriffe im Stadtbild hinweisen. In „drastischen Fällen“ komme auch eine Umbenennung von Straßen und Plätzen in Betracht, sagte Telyakar. In einem FR-Interview hatte er angeregt, die Miquelallee wegen Johannes von Miquels Rolle im Deutschen Kolonialverein umzubenennen. „Das ist aber nur ein Beispiel“, sagte Telyakar.
Jutta Ditfurth (Ökolinx) führte aus, dass Rassismus „nicht aus der Unterschicht, aus dem Proletariat, kommt“. Nie habe es eine Zeit im Deutschen Reich oder in Deutschland ohne Rassismus gegeben. „Rassismus kommt aus dem Bildungsbürgertum, aus der Oberschicht.“ So sei etwa der Adel nicht nur die Quelle der vermeintlich feinen Manieren für die Bourgeoisie, sondern auch Tankstelle für rassistische Ideologien.
Rassismus-Debatte im Frankfurter Stadtparlament: Ditfurth berichtet von Rassismus in der eigenen Familie
Sie zitiert aus der Satzung ihres eigenen Familienverbands, der von Ditfurths. Von 1939 und 1959 – die dann „mäßig entnazifiziert“ war. „Der Verband sieht eine wesentliche Aufgabe in der Reinerhaltung der Familie, indem er seine Söhne und Töchter zur richtigen Gattenwahl anhält.“ Ihre Tanten hätten es ihr übersetzt, sagte Ditfurth. „Heirate auf keinen Fall einen Juden, einen Moslem oder einen...“ Das N-Wort folgte.
Auch Ökorassismus brachte Ditfurth zur Sprache. „Wenn Natur gegen zu viele Menschen gerettet werden soll.“ Bei dem Begriffe wie „Bevölkerungsexplosion“ oder „Menschenfluten“ die Sache begleiten würden. „Aber zu viele sind immer nur die anderen, die nicht als Weiße gelesenen.“
Stadtparlament diskutiert über Rassismus: „Zeit für ein echtes Umdenken und Veränderung“
Diversitätsdezernentin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) betonte, dass es wichtig sei, Bewusstsein für strukturellen Rassismus zu schaffen. Und sie arbeite daran, dass es etwa in Ämtern Schulungen gebe. „Wir müssen in das Thema investieren“, sagte sie. Aber man könne das nicht mit einer halben Stelle bekämpfen, die sie dafür zur Verfügung hätte.
Mirrianne Mahn (Grüne) begann sarkastisch: „Ich lebe hier den Traum schwarzer Politiker:innen: Ich darf in einem Raum voller Weißer über Rassismus sprechen.“ Wir würden alle gerne glauben wollen, dass Rassismus nur aus rechtem Abschaum spreche. Doch stattdessen gehe es ums Überleben der Macht. „Es geht um ein Konstrukt, das sich in unseren Strukturen – auch im Parlament – breitmacht.“ Denn gerade struktureller Rassismus „gleitet aus den Händen, ist nicht so leicht zu fassen“. Doch im Parlament habe man die Verantwortung „zu sehen, wie tief er ist“, sagte Mahn.
So sei es etwa auch struktureller Rassismus, eine Frau of Color zur Diversitätsdezernentin zu ernennen, „aber ihr ein so lächerlich niedriges Budget zu geben, dass sie zum Scheitern verurteilt ist“. Es sei nun Zeit für ein echtes Umdenken und für Veränderung. (Sandra Busch, Georg Leppert)