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Frankfurter Museen: Schöne Stücke mit heikler Herkunft

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Von: Andreas Hartmann

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Das Gemälde „Frühling“ (Der Pflügende), 1874, von Hans Thoma gehört zu einer Serie von Jahreszeiten, die der jüdischen Besitzerin in der NS-Zeit geraubt wurden. Bild: HMF/Horst Ziegenfusz
Das Gemälde „Frühling“ (Der Pflügende), 1874, von Hans Thoma gehört zu einer Serie von Jahreszeiten, die der jüdischen Besitzerin in der NS-Zeit geraubt wurden. Bild: HMF/Horst Ziegenfusz © HMF/Horst ZIegenfusz

Ein neuer Band des Instituts für Stadtgeschichte beleuchtet die oft verworrene Geschichte wertvoller historischer Sammlungsstücke

Den Diplomaten Friedrich-Werner Graf Schulenburg, in den 1920er-Jahren Gesandter in Teheran, und den Archäologen Ernst Herzfeld verband eine gemeinsame Begeisterung für die Kulturen des alten Persiens. Vor rund hundert Jahren sammelten die beiden, die sich offenbar gut kannten und zahlreiche Briefe miteinander wechselten, altiranische Kunstwerke, vor allem antike Bronzen.

Natascha Bagherpour Kashani, Kuratorin am Archäologischen Museum Frankfurt, und Stephan von der Schulenburg, Kurator am hiesigen Museum Angewandte Kunst und Neffe des Diplomaten, haben sich intensiv mit den Archäologiebegeisterten auseinandergesetzt, die beide NS-Opfer waren – Herzfeld musste als Jude emigrieren, Graf Schulenburg wurde nach dem gescheiterten Hitler-Attentat 1944 hingerichtet.

Erhalten ist ein umfangreicher Briefwechsel, den Bagherpour ausgewertet hat. Er führte auch zu hochinteressanten Entdeckungen in der eigenen Sammlung des Archäologischen Museums, wie sie am Donnerstag bei der Vorstellung des neuen Sammelbands „Kulturgüter, Provenienzen und Restitution. Objektgeschichten aus Frankfurter Museen, Sammlungen und Bibliotheken“ berichten konnte. Das Buch ist eine Fortsetzung des 2019 erschienenen Vorgängerbands „Gesammelt, gehandelt, geraubt“, der sich ausschließlich mit jüdischen Frankfurter Sammlungen und ihrer kaltschnäuzigen, verfolgungsbedingten Auflösung in der NS-Zeit beschäftigte.

Der neue Band beruht auf einer Vortragsreihe des Instituts für Stadtgeschichte und der Gesellschaft für Frankfurter Geschichte, die während der Corona-Zeit weitgehend online übertragen wurde, nichtsdestotrotz aber auf großes Publikumsinteresse stieß, wie Franziska Kiermeier vom Institut für Stadtgeschichte berichtete.

Zwei der Aufsätze, von Bagherpour und von von der Schulenburg, beschäftigen sich mit dem Sammler Graf Schulenburg und dessen umfangreicher altiranischer Bronzesammlung, die das Archäologische Museum 1948 von der Familie Schulenburg erwerben konnte. Die Bronzen bilden heute einen Grundstock des Museums. Zwar stammen sie wohl alle aus Raubgrabungen, wurden aber in den 1920er-Jahren im Iran gekauft und legal nach Deutschland exportiert. Im Iran wurde erst danach ein Gesetz zum Schutz archäologischer Kulturgüter erlassen, wie die Wissenschaftlerin berichtet.

Ihr Erwerb ist also weniger kritisch wie der anderer Exponate, die im Sammelband vorgestellt werden. Das sind erschütternde Geschichten, die sich oft gar nicht in allen Details rekonstruieren lassen. Über welche Wege gelangte etwa ein bedeutender siebenteiliger Gemäldezyklus, den der Maler Hans Thoma für eine Frankfurter Villa geschaffen hatte, und den die jüdische Sammlerin Hedwig Ullmann 1938 verkaufen musste, um ihre Flucht zu finanzieren, 1954 auf den Kunstmarkt? Sechs der sieben Bilder sind wieder aufgetaucht, das Historische Museum Frankfurt konnte sich mit Hilfe der Frankfurter Kunsthandlung J. P. Schneider mit den Erben einigen und sie erwerben. Sie werden ab 12. Juli im Historischen Museum ausgestellt.

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